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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Tosen des Ozeans hinweg zu hören war. Ein kehliges, vibrierendes Knurren. Ein bestialisches Geräusch.
    Sand wirbelte auf. Audrey sah etwas aufflackern. »Eric! Eric, was ist los?«
    Das Flackern hatte aufgehört. Audrey machte unsicher einen Schritt nach vorn. »Eric?«
    Da kam etwas auf sie zu. Aber nicht Eric.

    Etwas Schimmerndes. Blau und glänzend. Es war da und plötzlich wieder fort, wie eine optische Täuschung. Audrey versuchte, es klarer sehen zu können, aber das gelang ihr erst, als das Ding sie fast erreicht hatte.
    Oh Gott – es war unglaublich! In der Schattenwelt hatte der Wolf wie ein Wolf ausgesehen. Riesig, massig, aber es war einfach ein Wolf gewesen. Dieses Ding … war ein Phantom.
    Wie mit Leuchtfarbe in die Luft gemalt. Ein Nichts zwischen Pinselstrichen. Nicht direkt ein Skelett – sondern schlimmer. Eine Spukgestalt. Ein Geisterwolf.
    Doch das Knurren war real.
    Audrey drehte sich um und rannte los.
    Es war direkt hinter ihr. Sie konnte das Knurren trotz des tosenden Ozeans hören, trotz ihres eigenen Schluchzens. Ihre Beine begannen bereits zu schmerzen. Der dichte, schwere Sand saugte an ihnen, zog sie nach unten. Es war, als liefe sie in Zeitlupe.
    Die Lichter kamen näher. Sie musste es bis dorthin schaffen – aber sie waren zu weit weg. Sie würde es niemals schaffen.
    Da tat sich der Boden vor ihr auf.
    So sah es jedenfalls aus. Ein Loch, schwarz im grauen Sand. Schwarz mit elektrisch flackernden blauen Rändern.
    Der Sand, der eben noch ihr Feind gewesen war, half ihr jetzt, gerade noch rechtzeitig zu stoppen und sich auf
die Knie fallen zu lassen. Sie landete direkt am Rand des Lochs und starrte ungläubig hinunter.
    Oh Gott. Endlose, ewige Schwärze. Noch nie zuvor hatte sie in einen solchen Abgrund geblickt. Ganz unten ließ sich der Schimmer einer blauen Flamme erahnen.
    Audrey hatte genug gesehen. Taumelnd rappelte sie sich auf und rannte auf den Sandhügel zu ihrer Linken zu. Vielleicht konnte sie sich dort verbergen.
    Aber es war schnell. Es kam von links näher, schnitt ihr den Weg ab und zwang sie umzudrehen. Doch es drehte sich mit ihr um und zwang sie, erneut kehrtzumachen. In Richtung des Lochs.
    Audrey stolperte. Ein Knurren direkt hinter ihr. Heißer Atem an ihrem Hals.
    Sie hatte nicht genug Luft, um zu schreien. Irgendwie kam sie wieder auf die Beine und rannte weiter.
    Genau dahin, wo es sie haben wollte. Doch als sie das begriff, war es bereits zu spät. Das Loch war direkt vor ihr, zu ihren Füßen. Sie konnte nicht mehr rechtzeitig abbremsen.

Mitten in der Luft wurde sie brutal zur Seite gerissen. Mit atemberaubender Wucht landete sie kopfüber im Sand. Nicht im Loch, sondern am Strand.
    Überall um sie herum herrschte Chaos. Über ihr. Auf ihr. Als würde dort ein ganzes Footballteam trainieren. Knurren, Keuchen, dann ein plötzliches Aufjaulen. Sand spritzte in die Höhe.
    Und dann war alles vorbei.
    Für einen Moment lag Audrey einfach nur reglos da. Dann rollte sie sich herum.
    Und sie erblickte – Tom, halb sitzend, halb hockend, das dunkle Haar wild zerzaust, das Gesicht zerkratzt. Sein Atem ging stoßweise. In der Hand hielt er ein Schweizer Armeemesser; die Klinge glänzte nicht, sondern war dunkel. Der Wolf war fort. Das Loch ebenfalls.
    »Ist er tot?«, keuchte Audrey und konnte selbst hören, wie hysterisch sie klang.
    »Nein. Er ist in diesem Krater verschwunden und dann ist der Krater selbst verschwunden.«
    »Oh«, sagte Audrey. Sie sah ihn an und blinzelte. »Wir müssen aufhören, uns so zu treffen.« Dann brach sie im Sand zusammen.
    »Audrey! Audrey, wo bist du? Audrey! «

    Selten hatte Audrey eine Stimme gehört, die so voller Panik gewesen war. Aber sie war so benebelt, dass sie sich kaum aufrappeln konnte, um zu winken.
    »Wir sind hier!«, rief Tom. »Hier!«
    Im nächsten Moment kniete Jenny neben ihnen. »Oh Gott, was ist passiert? Geht es euch gut?«
    »Der Wolf ist passiert«, antwortete Tom trocken. »Sie ist okay, es ist nur der Schock.«
    »Und wie geht es dir? Oh Tom, du blutest ja!«
    Normalerweise störte Audrey ungern, wenn zwei sich umarmten, aber jetzt sagte sie: »Eric ist dahinten. Ich weiß nicht, was mit ihm ist.«
    »Ich werde nachsehen.« Tom löste sich aus Jennys Armen und ging davon. Jenny drehte sich zu Audrey um und ihr goldenes Kleid schimmerte in der Dunkelheit.
    »Was genau ist geschehen?«
    »Er hat versucht, mich in ein Loch zu jagen. Ein Loch«, wiederholte Audrey, bevor Jenny nachfragen konnte, und

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