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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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bevor
sie die nächste Anhöhe erklommen hatten und nach unten schauten.
    Ein ungewöhnlicher Anblick für Süd-Kalifornien, wo ein Flussbett meist rissig und staubig war. Dieses jedoch war voll mit dunklem, schnell fließendem Wasser – viel zu voll für das bisschen Regen. Dafür gab es keine natürliche Erklärung. Es war ein verrücktes Ereignis, eine Blitzflut, wie sie eigentlich nicht möglich war.
    Aber es war da. Ein angeschwollener Fluss neben einem von Salbei bedeckten Hang, der zu drei großen Zypressen führte.
    In einem kleinen Wirbel direkt unter Jenny kreiselte etwas zwischen den Felsen: ein säuberlich gefaltetes Papierboot mit einer dunkelhaarigen Papierpuppe darin.
     
    Sie kapierte erst, dass das Boot den nächsten Hinweis darstellte, als sie wieder in der Wohnung waren.
    Auf der Fahrt hatte sie die ganze Zeit damit herumgespielt. Dann hatte sie Toms Puppe auf den Couchtisch zu den anderen gestellt. Mit geradezu irrer Präzision arrangierte sie die Puppen neben den Autoschlüsseln, die Michael auf den Tisch geworfen hatte. Eine Reihe von Papierpuppen, die dasaßen und sie auf dem Sofa anstarrten. Immer und immer wieder hatte sie das Boot in ihren Händen gedreht, während Michael unter einer Decke auf dem Zweiersofa kauerte.
    Da erst sah sie die Schrift auf dem wächsernen Papier.

    Ganz simpel, ein Kinderrätsel. Das einfachste von allen.
    Was wird größer, je mehr man davon wegnimmt?
    Sie hatte dieses Rätsel schon im Kindergarten gehört und sie und Mike kannten die Antwort.
    Ein Loch.
    »Da steht nicht, wer der Nächste ist – aber ich schätze, das ist auch nicht nötig«, meinte Michael und zog die Decke fester um sich. »Dich wird er sich für den Schluss aufheben – das Beste am Schluss, du weißt schon. Also bin ich es. Da steht auch nicht, wie es geschehen wird, aber das spielt auch keine Rolle, oder? Solange du weißt, dass es geschehen wird, und das wird es. Das wissen wir, hm, Jenny? Es wird geschehen, und es gibt nichts, was wir tun können, um es zu verhindern. Dieser Julian, er ist besser als jeder Polizist, er erwischt sie alle …« Er begann zu kichern.
    »Michael, beruhige dich …«
    »Also ist irgendwo ein Loch und ich werde hineinfallen. Das ist alles, was wir wissen müssen. Das ist alles, Leute.«
    »Vielleicht nicht. Du hast gesagt, Tom wäre losgezogen, um die Schlange oder den Wolf zu töten – vielleicht hat er es geschafft. Der Stützpunkt war nicht dort, aber vielleicht können wir ihn immer noch finden.«
    »Mag sein, mag sein.« Er betrachtete das hinter einem Vorhang verborgene Fenster. Draußen war es vollkommen dunkel. Er drehte sich wieder zu Jenny um.
»Du weißt, dass wir den Stützpunkt niemals finden werden.«
    »Das weiß ich nicht .« Jennys Hände waren eiskalt, aber ihre Stimme war unerschütterlich. »Ich habe eine Idee – Julian hat noch etwas anderes gesagt. Nämlich dass der Hinweis so klar sei wie schwarz und weiß. Und vorher, in meinem ersten Traum, sagte er etwas über Vorstellung und Realität.«
    »Wie ist das überhaupt mit dieser Realität?«, fragte Michael. »Ich meine, woher wissen wir, dass wir jemals aus dem Papierhaus rausgekommen sind? Vielleicht ist das alles eine Illusion – wie wenn man denkt, man sei aufgewacht, aber in Wirklichkeit träumt man immer noch. Vielleicht sind wir immer noch in dem alten Spiel. Vielleicht können wir uns auf nichts verlassen.« Er beugte sich vor, schlug auf den Couchtisch und kicherte erneut.
    »Michael, warum legst du dich nicht ein wenig hin? Hör mal, ich hole dir etwas Wasser …«
    »Nein! Lass mich nicht allein!« Verzweifelt klammerte er sich an sie, als sie vorbeiging. »Wenn du mich allein lässt, wird er mich holen! Der Schattenmann wird mich holen!«
    »Okay, Michael. Okay.« Jenny blickte in die verängstigten dunklen Augen und strich Michael übers Haar, als wäre er noch jünger als Joey. »Ist schon okay.«
    »Es ist nicht okay. Ich muss mal ins Badezimmer – er kann mich auch dort erwischen.«

    »Nein, hör mal, ich werde mit dir gehen. Ich werde direkt vor der Tür stehen.«
    »Er wird mich erwischen. Hast du schon mal was über Schlangen gehört, die aus der Toilette kommen? Er wird mich erwischen. Aber ich muss … Was für ein Dilemma, hm? Soll er mich doch erwischen oder zum Teufel gehen.« Michael weinte beinahe, während er weiterhin kicherte.
    »Michael, hör auf damit. Schluss jetzt!« Zum zweiten Mal an diesem Tag schüttelte Jenny ihn. »Beruhig dich

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