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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Reisezug in einer Abtei schlafen, einem Männerkloster, in dem Gerswind ein Gästezimmer zugewiesen wurde. Als einzige Frau während der Abendmahlzeit fühlte sie sich begutachtet und eingeschätzt. Es wurde ihr so unbehaglich dabei, daß sie sich zum Schlafengehen verabschiedete, noch bevor sie ihren Becher geleert hatte.
    Auch Carolino gab am nächsten Morgen zu, daß die redefreudige Äbtissin Reginfledis erheblich angenehmer gewesen sei als der grimmige einsilbige Abt des Männerklosters. Entsetzt über den Anschlag auf Papst Leo, über den ihn Carolino ins Bild setzte, hatte der Abt seine Mönche aufgefordert, die ganze Nacht auf Knien in der Klosterkirche für das Wohlergehen des Führers der Christenheit zu beten. Und es hätte nicht viel gefehlt, daß er seinen Gästen das gleiche verordnet hätte.
    Gerswind, die nach einem äußerst frugalen Mahl in einem dreckigen Gästebett unruhig geschlafen hatte, zeigte sich erfreut, daß sie die letzten beiden Nächte der Reise auf dem Waldboden zubringen würden.
    In der ersten Nacht unter freiem Himmel schlief sie noch tiefer als im Dormitorium von Denain. Offensichtlich nicht nur sie. Auch die Wachen mußten eingeschlafen sein, denn am Morgen fehlte Gerswinds Pferd. Das war sehr rätselhaft.
    »Räuber hätten uns alle umgebracht«, bemerkte Carolino. »Und wer schon bis an unser Lager vorgestoßen ist, hätte doch sämtliche Pferde wegführen können. Warum nur eins?«
    »Es scheint mein Schicksal zu sein, daß mir die Pferde davonlaufen«, seufzte Gerswind, die nicht im geringsten daran zweifelte, daß sich das Pferd losgerissen hatte, weil es eine solch ungeübte Reiterin auf seinem Rücken nicht mehr ertragen konnte.
    »Mein Hengst hat Kraft für zwei«, erklärte Carolino, als er aufsaß, Gerswind wie eine Feder hochhob und sie vor sich setzte.
    »Jetzt kann ich mich sogar anlehnen!« lachte sie, froh, daß sie des Zügelführens enthoben war.
    »Dein ganzes Leben lang«, flüsterte er ihr ins Ohr und küßte sie in den Nacken.
    Es schien völlig selbstverständlich zu sein, daß er sich in der darauffolgenden Nacht auf dem Waldboden neben sie bettete. Als seine Hände zu wandern begannen, rückte Gerswind ein wenig ab. »Nicht hier und nicht jetzt«, flüsterte sie, als er ihr zuraunte, daß ihm das Warten schwerfalle. Um zu beweisen, wie schwer, führte er ihre Hand zu jener Stelle unter seiner Tunika, die jetzt, von jeglichem Beinkleid befreit, stolz in die Höhe ragte. Gerswind zitterte leicht, als sie einen Körperteil berührte, den sie in diesem Zustand nur als schmerzbringend erlebt hatte. Mit aller Macht kehrte die Erinnerung an den verhängnisvollen Abend der Jagd zurück. Auch damals hatte sie auf dem Waldboden gelegen und zunächst geglaubt, daß es Carolino war, der sie mit solcher Gewalt genommen hatte. Welches Entsetzen hatte sie in jenem Augenblick erfaßt! Daß sie sich so in einem Menschen hatte irren können! Aber ihr Entsetzen war ungleich größer gewesen, als sie begriff, wer ihr dieses antat. Ludwig. Das würde sie nie vergessen und nie verzeihen, und sollten darüber tausend Monde vergehen. Ludwig mochte denken, daß es ihr genügte, den Ursprung seiner Zwillinge verraten zu haben, aber das war nur der Anfang gewesen. Noch wußte sie nicht, wie sie seine schmähliche Tat heimzahlen könnte, doch sie war zuversichtlich, daß ihr ein Weg gewiesen werden würde.
    Carolino stöhnte leise, und da erst wurde ihr bewußt, daß sie heftig an seinem Glied gerieben hatte. Erschrocken nahm sie die Hand weg.
    »Nein!« murmelte er. »Mach weiter! Oder besser noch, laß mich doch zu dir! Gerswind, Gerswind, ich habe solche Sehnsucht nach dir!«
    »Es tut mir so leid«, flüsterte sie und hätte nicht einmal sagen können, was ihr alles leid tat. Da gab es einfach zu vieles. Sie entschloß sich, zumindest eine Wahrheit zu verraten, und flüsterte verlegen: »Es ist die Zeit des Monats.«
    Er schwieg einen Augenblick, fragte dann fast scheu: »Aber deine Hand …«
    Ja, ich gebe dir meine Hand – und dein Vater wird toben. Wie liebevoll hatte sie einmal ein Seidenband gestreichelt, das Carolino von seiner Wade genommen und achtlos zur Seite gelegt hatte! Warum empfand sie jetzt so viel weniger Zärtlichkeit für jene Stelle, die bei Männern als die empfindlichste galt?
    Es schien nicht recht zu sein, bei der gewünschten Betätigung an Bruder und Vater des Mannes, der sie umarmte, zu denken, aber die Macht über ihre Gedanken schien Gerswind

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