Die Bibel für Eilige
Ordnung, die dürfen sie nicht
überschreiten.
Lobet den HERRN auf Erden,
ihr großen Fische und alle Tiefen des Meeres,
Feuer, Hagel, Schnee und Nebel,
Sturmwinde, die sein Wort ausrichten,
ihr Berge und alle Hügel,
fruchttragende Bäume und alle Zedern,
ihr Tiere und alles Vieh,
Gewürm und Vögel,
ihr Könige auf Erden und alle Völker,
Fürsten und alle Richter auf Erden,
|139| Jünglinge und Jungfrauen,
Alte mit den Jungen!
Die sollen loben den Namen des HERRN;
denn sein Name allein ist hoch,
seine Herrlichkeit reicht, so weit Himmel und Erde ist.
Er erhöht die Macht seines Volkes.
Alle seine Heiligen sollen loben,
die Kinder Israel, das Volk, das ihm dient.
(Psalm 148)
In einer selbstverständlichen Weise freut sich die belebte und die unbelebte Natur, sodass Jesaja schreibt: »und alle Bäume
auf dem Felde sollen in die Hände klatschen« (Jesaja 55,12). Oder es heißt: »Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich.«
(Psalm 96,11)
Bert Brecht schreibt als ein Nachgeborener – nach Verdun.
Der Nachgeborene
Ich gestehe es: ich
Habe keine Hoffnung.
Die Blinden reden von einem Ausweg. Ich
Sehe.
Wenn die Irrtümer verbraucht sind
Sitzt als letzter Gesellschafter
Uns das Nichts gegenüber.
Kann man nach allem, was im 20. Jahrhundert geschehen ist, noch so unbefangen fröhlich und hoffnungsvoll das Leben preisen?
Entsprechend formuliert er in seinem großen Dankchoral – genüsslich! – eine Negation, abgedruckt in der »Hauspostille«. Brecht
hatte schon sehr früh bekannt, dass er gelernt habe »bei Luther in der Lyrik und Pamphlet«.
Den großen Psalm 148 nimmt Brecht in all seinen Elementen negativ auf, bleibt deutlich an seine Vorlage gebunden.
|140| Großer Dankchoral
Lobet die Nacht und die Finsternis, die euch umfangen!
Kommet zuhauf
Schaut in den Himmel hinauf:
Schon ist der Tag euch vergangen.
Lobet das Gras und die Tiere;
die neben euch leben und
sterben!
Sehet, wie ihr
Lebet das Gras und das Tier
Und es muss auch mit euch sterben.
Lobet den Baum, der aus Aas aufwächst jauchzend zum
Himmel!
Lobet das Aas
Lobet den Baum, der es fraß
Aber auch lobet den Himmel.
Lobet von Herzen das schlechte Gedächtnis des Himmels!
Und dass er nicht
Weiß euren Nam’ noch Gesicht
Niemand weiß, dass ihr noch da seid.
Lobet die Kälte, die Finsternis und das Verderben!
Schauet hinan:
Es kommet nicht auf euch an
Und ihr könnt unbesorgt sterben.
Schließlich sei der Psalm 1 mit zwei literarischen Adaptionen bedacht. Da wird der
rechtschaffene Mensch
, der sich darum sorgt, die Ordnungen der Welt und die Anordnungen Gottes in der Ordnung dieser Welt zu erkennen, ihnen nachzusinnen, |141| Tag und Nacht, also auf der Suche nach dem »richtigen Weg«, zu bleiben, mit einem
Baum
verglichen, der an einer Wasserquelle steht und nicht verdorrt, während die anderen, die Spötter und Frevler, vertrocknen
und verworfen werden.
Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
sondern hat Lust am Gesetz des HERRN
und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!
Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen,
der seine Frucht bringt zu seiner Zeit,
und seine Blätter verwelken nicht.
Und was er macht, das gerät wohl.
Aber so sind die Gottlosen nicht,
sondern wie Spreu, die der Wind verstreut.
Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht
noch die Sünder in der Gemeinde der
Gerechten.
Denn
der HERR kennt den Weg der Gerechten,
aber der Gottlosen Weg vergeht.
Als sich in meiner kleinen Heimatstadt Werben an der Elbe Leute um einen Brunnen stritten und sich an Luther als Schlichter
wandten, schenkte er ihnen eine Bibel, einen wunderschönen alten Folianten, und schrieb eine Widmung hinein (1545): »Ein hart
merklich Wort ist das, dass außer Gottes Wort alle Menschenlehre sogar verdammt sind, dass sie heißen der Gottlosen Rat, der
Sünder Weg, der Spötter Sitz und Gott nichts von ihnen wissen will. Auch wir sind Spreuen, die der Wind verweht. So doch Rat,
Weg, Sitz, schöne herrliche Namen sind und gleißen zur Verführung der Welt. ›Vergeblich dienen sie mir mit Menschengeboten,
ihr Herz ist ferne von mir.‹« Ein hart merklich Wort für Leute, die um einen Wasserbrunnen streiten!
|142| Immer wieder hat man versucht, diesen Psalm zu übertragen, und kehrt doch immer wieder zurück zur ursprünglichen Poesie des
Textes, mit all
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