Die Bibel - Wissen auf einen Blick
gebracht, beschließt, seinen heimtückischen Bruder nach dem Tod des Vaters zur Rechenschaft zu ziehen. Rebekka erfährt auch von diesem Plan und schickt Jakob zur Sicherheit zu ihrem Bruder Laban nach Charan. Sie werde ihn heimrufen, verspricht die Mutter, wenn Esaus Groll geschwunden sei.
Erdbeben und Witterungseinflüsse haben den Fresken Giottos (1267–1337) in Assisi sehr zugesetzt. Trotzdem ist noch vage zu erkennen, wie Jakob (mit Heiligenschein) am rechten Rand flieht, während sein Bruder Esau dem Vater das verlangte Mahl bringt.
(c) akg, Berlin
Nächtliches Ringen
(Gustave Doré, Jakob ringt mit dem Engel, 1855)
Der Franzose Gustave Doré war einer der gefragtesten Buchillustratoren des 19. Jahrhunderts. Er bebilderte unter anderem Dantes „Göttliche Komödie“, Cervantes „Don Quijote“, Miltons „Verlorenes Paradies“, Geschichten von Edgar Allan Poe und auch die Bibel. Mit seinem düsteren, teilweise sogar bizarren Stil verleiht er gerade den dramatischen Begebenheiten die ihnen gebührende Schwere – so wie Jakobs nächtlichem Kampf mit einem Engel.
Angst vor dem Bruder
Das 32. Kapitel des Buches Genesis erzählt, wie Jakob auf Weisung Gottes mit seinen beiden Frauen Lea und Rachel, seinen Kindern und seinem Vieh seinen Schwiegervater Laban verlässt, um nach 14 Jahren in der Fremde in die Heimat zurückzukehren. Doch noch immer fürchtet er den Groll seines Bruder Esau, den er einst mit Hilfe seiner Mutter betrog (siehe S. 38). Als er erfährt, dass Esau ihm mit 400 Mann entgegenkommt, schickt er ihm zur Besänftigung mehrere Knechte mit reichlich Vieh entgegen. Sie sollen die Tiere Esau als Geschenk überbringen, sobald sie ihm begegnen. Mit diesen mehrmaligen Gaben hofft Jakob, seinen Bruder milde zu stimmen. Darüber hinaus aber teilt er vorsichtshalber seinen restlichen Besitz in zwei Wanderlager auf, damit Esau und seine Leute – sollte der Versöhnungsversuch misslingen – nur eines von beiden vernichten können. Nachdem alle Vorbereitungen getroffen sind, bringt er seine Familie im Schutz der Nacht über den Jordanzufluss Jabbok (Nahr ez-Zarqa in Jordanien). Er selbst bleibt zurück. Ob das aus Angst geschieht oder Jakob sich nur mental auf die Begegnung mit dem Bruder vorbereiten will, berichtet die Bibel nicht. Stattdessen beschreibt sie knapp und nüchtern, dass ein Mann – keine Engel – erscheint und mit Jakob zu ringen beginnt.
Gott oder der Bruder
Auch wenn alle Maler Jakobs nächtlichen Gegner als Engel darstellen: Die Theologen gehen mehrheitlich davon aus, dass Jakob mit Gott selber gerungen habe. Zwar sagt die Bibel das nicht direkt, aber immerhin spricht Jakob davon, Gott gesehen zu haben. Eine andere Interpretation meint jedoch, Jakobs nächtlicher Gegner sei niemand anderer als sein Bruder Esau gewesen. Denn als Jakob ihm später begegnet, sagt er: „Ich habe dein Angesicht geschaut, wie man Gottes Angesicht schaut; und du bist gnädig zu mir gewesen.“ Demnach hätten die Brüder in ihrem nächtlichen Kampf erkannt, dass Gott die Versöhnung will.
Treffen mit dem Übernatürlichen
Der Kampf der Männer dauert bis zum Hereinbrechen der Morgenröte. Doré lässt Jakob gegen einen übergroßen Engel ringen. Die Bibel jedoch schreibt: als der Mann, der Jakob angegriffen hatte, gemerkt habe, dass er ihn nicht besiegen könne, habe er ihm auf die Gelenkpfanne der Hüfte geschlagen und das Hüftgelenk ausgerenkt. Daraufhin fordert er Jakob auf, ihn loszulassen. Jakob weigert sich. Nun will sein Gegner seinen Namen wissen. Jakob antwortet und der Fremde erklärt ihm, künftig solle er nicht mehr Jakob, sondern Israel (Gottesstreiter) heißen. „Denn mit Gott und mit Menschen hast du gestritten und dabei den Sieg erfochten.“ Als Jakob ihn selbst nach seinem Namen fragt, verweigert dieser die Antwort – und segnet ihn. Daraufhin, berichtet die Bibel, habe Jakob den Ort Penuel (Gottes Angesicht) genannt, da er Gott gesehen habe und dennoch am Leben geblieben sei. Am nächsten Morgen begegnet Jakob seinem Bruder. Die beiden laufen aufeinander zu und fallen sich vor Freude weinend in die Arme. Jakobs Nachkommen aber werden ab diesem Zeitpunkt als Israeliten bezeichnet.
„Jakob ringt mit dem Engel“ ist nur eine von 230 Grafiken, mit denen Gustave Doré (1832–1883) die Bibel illustrierte. Die Doré-Bibel erschien 1865 und erlebte 700 Auflagen.
(c) Interfoto München
Jüngling in Bedrängnis
(Tintoretto, Joseph und die Frau des Potiphar, um 1544)
Die Bilder
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