Die Bibel - Wissen auf einen Blick
Er gibt seinen Soldaten den grausamen Befehl, alle in Frage kommenden Knaben im Alter von bis zu zwei Jahren in Bethlehem und Umgebung zu töten. Matthäus verweist dabei auf ein Prophetenwort aus dem Alten Testament, das auf das blutige Ereignis vorausweist. Dieses findet sich im 3. Kapitel des Buches Jeremias und besagt, dass viel Weinen und Wehklagen gehört werde, wenn Rachel ihre verlorenen Kinder beweinen werde. Die jüdische Stammmutter Rachel aber, die Frau des Jakob, soll in der Nähe von Bethlehem begraben worden sein.
Herodes der Große
Der Kindermord von Bethlehem bestimmt das Bild Herodes’ des Großen in der Bibel. Mit den Augen des Historikers gesehen, ist er eine äußerst zwiespältige Figur. Er stammte aus einer Familie, die engen Kontakt mit den römischen Besatzern pflegte, und wurde im Jahr 40 v. Chr. von den Römern zum König von Judäa gemacht. Der Großteil seiner Untertanen betrachtete ihn weder als legitimen Herrscher, noch als echten Juden. Zwar leistete Herodes für die Wirtschaft und Verwaltung des Landes Großes, doch kam es während seiner Regierungszeit auch immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen mit dem Volk. Selbst in der eigenen Familie herrschte Herodes gnadenlos und ließ seine Frau Mariamne, drei seiner Söhne sowie weitere Verwandte hinrichten.
Keine Spuren der Bluttat
Die Kirche feiert das „Fest der unschuldigen Kinder“, das an den Kindermord erinnert, drei Tage nach Weihnachten. Die meisten Historiker sind jedoch davon überzeugt, dass es das grausame Massaker nie gegeben hat. Wichtigster Zeuge dafür ist der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der etwa von 37 bis 100 n. Chr. lebte. In seinem Werk hat er sich mit König Herodes auseinandergesetzt und dabei auch die Untaten des höchst umstrittenen Herrschers aufgelistet. Ein Massaker an Kleinkindern weist er aber weder ihm noch seinem Nachfolger Herodes Archelaus nach. Auch sonst gibt es außerhalb des Matthäusevangeliums kein Indiz dafür, dass eine solche Bluttat je stattgefunden hat. Das Motiv des Kindermordes findet sich dagegen ebenfalls in der Überlieferung anderer Kulturen, beispielsweise in der hinduistischen Mythologie. Dort will ein König mit einem ähnlichen Massaker das Heranwachsen des göttlichen Kindes Krishna verhindern.
Das Gemälde „Der bethlehemitische Kindermord “ (Öl auf Holz) von Peter Paul Rubens (1577–1640) ist nahezu zwei Meter hoch und über drei Meter breit. Zu sehen ist das eindrucksvolle Kunstwerk in der Alten Pinakothek in München.
(c) Interfoto München
Diskussion im Tempel
(Psalter der Königin Mary, Der zwölfjährige Jesus im Tempel, 1310–1320)
Der Psalter der Königin Mary gehört nicht zu den kostbarsten Psalterien des Mittelalters, er enthält jedoch eine große Anzahl von außergewöhnlichen Darstellungen. Der zwölfjährige Jesus im Tempel ist darin zweimal abgebildet. Auf der ersten Abbildung legt Maria ihrem Sohn die Hände auf die Schultern, als wolle sie ihn wegführen. Auf dem zweiten Bild sitzt Jesus im Zentrum des Geschehens lehrend auf einer Säule; selbst die Statuen der Propheten in ihren Nischen neigen sich ihm zu.
Christuslegenden
Wieder sind es die apokryphen Evangelien, die das Fehlen von Nachrichten aus der Kindheit Jesu auf ihre Art ausgleichen. Es gibt sogar Schriften, die sich vorrangig mit den Kindertagen Jesu befassen wie etwa das Kindheitsevangelium des Thomas, das armenische und das arabische Kindheitsevangelium. Ein Großteil dieser Evangelien besteht aus Wundererzählungen, wie etwa der, dass Jesus Spatzen aus Lehm formt und sie dann zum Leben erweckt. Aber es gibt auch konträre Erzählungen, wie jene, in der Jesus einen Jungen, der ihn anstößt, tot umfallen lässt. Gemeinsam ist allen Episoden, dass sie die Überlegenheit des künftigen Heilands bezeugen sollen. Viele dieser Geschichten wurden von der schwedischen Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf in ihren „Christuslegenden“ nacherzählt.
Auf der Wallfahrt verschwunden
Die Erzählung vom zwölfjährigen Jesus im Tempel ist die einzige Begebenheit aus der Kindheit Jesu, die sich im Kanon der biblischen Erzählungen findet. Lukas (2,41 f.) berichtet, Jesus sei mit seinen Eltern zum Pessachfest nach Jerusalem gezogen. Pessach ist neben Schawuot und Sukkot eines der drei Feste, die zu feiern Gott seinem Volk auf dem Berg Sinai geboten haben soll. Zu diesen drei Festen war es Tradition, dass jeder Jude, der dazu in der Lage war, nach Jerusalem zog und dort im
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