Die Bibel - Wissen auf einen Blick
vor Jesus. Sie erklären ihm, dass die Schuld der Frau zweifelsfrei bewiesen sei und sie nach dem Gesetz des Moses gesteinigt werden müsse. „Was sagst du dazu?“, fragen sie Jesus. Johannes, der im Gegensatz zu den drei anderen Evangelisten dazu neigt, die Motive der verschiedenen Parteien zu erläutern, damit seine Leser diese auch wirklich verstehen, fügt hinzu, dass die Gelehrten die Frage nur deshalb vor Jesus bringen, um ihn auf die Probe zu stellen. Denn schließlich müsse Jesus entweder gegen das Gesetz des Moses sprechen, dann hätten sie Grund für eine Anklage gegen ihn oder er müsse seinen eigenen Lehren widersprechen, in denen er fordert, Sündern zu vergeben, anstatt über sie zu urteilen.
Die Frage nach der Authentizität
Es ist nicht unumstritten, ob die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin wirklich authentisch ist. Zum einen ist sie nur bei Johannes zu finden und fehlt in frühen Abschriften des Evangeliums selbst dort. Zum anderen hatten die Juden zur Zeit Jesu Christi gar nicht das Recht, die Frau zu steinigen, denn Todesstrafen durften ausschließlich die Römer aussprechen. Genau genommen aber berichtet das Evangelium nicht, dass die Schriftgelehrten wirklich vorhatten, die Frau zu steinigen. Möglicherweise wollten sie Jesus nur dazu bringen zuzugeben, dass die Steinigung in diesem Falle als Strafe angebracht wäre – auch wenn sie gemäß römischem Recht nicht hätte vollzogen werden können.
Eine entwaffnende Antwort
Johannes berichtet weiter, Jesus hätte sich zunächst einmal gebückt und mit dem Finger auf die Erde geschrieben. Da die Gelehrten weiterhin unablässig auf ein Antwort drängen, richtet er sich endlich wieder auf und erwidert: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Dann kümmert er sich nicht weiter um sie, bückt sich erneut und fährt fort, in den Sand zu schreiben. Johannes weiß weiter zu berichten, dass sich seine Zuschauer zerstreut hätten, einer nach dem anderen, die Gelehrten zuerst, dann das Volk. Offensichtlich fühlten sich auch diejenigen unter ihnen, die eigentlich nichts mit dem Vorfall zu tun hatten, ob dieser Antwort beschämt.
Später dann ist Jesus mit der Frau allein. Er schaut auf und fragt sie, wo die anderen hingegangen seien. „Hat dich niemand verurteilt?“ Sie antwortet: „Keiner, Herr!“ Darauf entgegnet Jesus, auch er werde sie nicht verurteilen, trage ihr aber auf, künftig nicht mehr zu sündigen.
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669) fertigte nicht nur ein Gemälde, sondern auch mehrere Zeichnungen mit dem Sujet der „Ehebrecherin“ an. Auf eine schrieb er: „Sie waren so eifrig, Jesus in einen Widerspruch zu verstricken, dass sie seine Antwort kaum abwarten konnten“. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Bild (Öl auf Holz) nach England geschmuggelt und befindet sich heute in der National Gallery in London.
(c) Interfoto München
Totenerweckung in Bethanien
(Albert van Ouwater, Die Auferweckung des Lazarus, um 1450)
Über den Maler Albert von Ouwater ist wenig bekannt. Er lebte ungefähr 1415 bis 1475 in den Niederlanden und galt als bedeutender Landschaftsmaler. Ironischerweise jedoch gibt es nur ein einziges Bild, das nach Ansicht der Kunstexperten zweifelsfrei ihm zugeschrieben werden kann, und auf diesem ist kein bisschen Landschaft zu sehen. Im Gegenteil: Ouwater verlegt die Auferstehung des Lazarus, die sich laut Bibel in einem Höhlengrab vor den Toren Bethaniens abgespielt haben soll, in das Innere einer christlichen Kirche.
Die Nachricht vom Freund
Es fällt auf, dass der Evangelist Johannes mehr von den Ereignissen in Judäa, der Gegend rund um Jerusalem, berichtet als die anderen drei Evangelisten, die auf sein Wirken im nördlichen Galiläa konzentriert sind. So erzählt auch nur Johannes Genaueres über die Geschwister Lazarus, Maria und Martha, die in Bethanien nahe Jerusalem lebten.
Eines Tages (Joh 11,1 f.) sei Lazarus krank geworden, woraufhin seine Schwestern nach Jesus schicken und ihm ausrichten lassen: „Herr, siehe, den du liebst, er ist krank.“ Als Jesus aufbrechen will, warnen ihn seine Jünger, denn sie befürchten, dass er in Judäa angegriffen und sogar gesteinigt werden könnte. Jesus jedoch beharrt auf seiner Absicht und begibt sich nach Bethanien. Dort angekommen, berichtet ihm Martha, dass Lazarus seit vier Tagen tot sei und schon in seinem Grab liege. Indirekt drängt sie Jesus dazu, dem toten Bruder zu helfen, doch wirklich kann sie nicht an dessen
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