Die Bibel - Wissen auf einen Blick
zum seinerzeit rechtmäßigen Machthaber, dem römischen Statthalter Pontius Pilatus.
Vor Pilatus
Die Begegnung zwischen Jesus und Pilatus wird in den vier Evangelien unterschiedlich beschrieben. Immer aber versucht Pilatus, ein Todesurteil zu umgehen. Bei Johannes fordert er die Priester auf, Jesus selbst zu richten. Lukas schreibt, Pilatus habe Jesus zu Herodes Antipas, dem Regenten von Jesu Heimatregion Galiläa, bringen lassen. Herodes aber habe ihn zurückgeschickt. Matthäus berichtet, Pilatus habe gewusst, dass die Priester ihm Jesus nur aus Neid ausgeliefert hätten. So findet sich der Vorschlag des Pilatus, Jesus anlässlich des Pessachfests zu begnadigen, auch in allen Evangelien. Von Pilatus vor die Wahl gestellt, fordert die Menge statt Jesus einen als Mörder bezeichneten Mann namens Barabbas freizulassen. Ob der Mann tatsächlich ein Mörder war oder ein im Allgemeinen von den Römern als Mörder bezeichneter jüdischer Aufständischer, ist nicht sicher. Jedenfalls scheint Pilatus davon ausgegangen zu sein, dass die Wahl der Begnadigung auf Jesus fällt und ist über die Entscheidung der Juden entsprechend überrascht. Im Johannesevangelium lässt Pilatus Jesus von seinen Soldaten geißeln und mit Dornenkrone und Purpurmantel verspotten, obwohl er ihn für unschuldig hält. Er hofft, die Ankläger damit zufriedenzustellen, doch fordern diese weiterhin die Kreuzigung – wenngleich in der jüdischen Tradition auf Gotteslästerung die Steinigung stand. Nur im Matthäusevangelium findet sich die Szene, in der sich Pilatus schlussendlich eine Schüssel mit Wasser reichen lässt, sich als Zeichen der moralischen Reinheit die Hände wäscht und erklärt, er sei unschuldig am Blutvergießen dieses Gerechten. Immer aber spricht er am Ende das Todesurteil und übergibt Jesus den Soldaten zur Kreuzigung.
Pilatus
Pontius Pilatus, der in den Jahren 26 bis 36 n. Chr. Statthalter von Judäa war, wurde in der Kirchengeschichte oft erstaunlich positiv behandelt. In der orthodoxen Kirche gilt er sogar als Heiliger, weil er Jesus als Messias erkannt haben soll. Die jüdischen Historiker Flavius Josephus (etwa 36/37–100 n. Chr.) und Philo von Alexandria (um 15/10 v. Chr.–40 n. Chr.) beschreiben Pilatus dagegen als einen überaus harten Regenten. Im Jahre 36 n. Chr. sei er von seinem Posten abberufen worden, nachdem er eine Wallfahrt der Samariter blutig unterbunden habe. Daneben seien ihm Korruption und Bereicherung vorgeworfen worden.
Von Albrecht Altdorfers Sebastianaltar mit der „Handwaschung des Pilatus“ (Öl auf Holz) sind nur noch wenige Tafeln erhalten. Sie befinden sich teils in der Kirche St. Florian in Linz, teils im Kunsthistorischen Museum in Wien.
(c) Interfoto München
Der Weg nach Golgotha
(Giovanni Battista Tiepolo, Aufstieg zum Kalvarienberg, 1738–1740)
Giovanni Battista (auch Giambattista) Tiepolo war der große Maler des venezianischen Barock. Niemand verstand es, seine Auftraggeber so zu verherrlichen wie er. Er stellte sie als antike Götter dar und gruppierte ganze Deckengemälde mit Putten und allegorischen Darstellungen um fürstliche Wappen. Ganz anders nimmt sich dagegen das Passionstriptychon aus, das er für die Kirche San Alvise in Venedig malte. Der gefallene Christus unter seinem schweren Kreuz ist jedoch nur ein Ausschnitt des zentralen Gemäldes. Über ihm ragen die Zeichen der römischen Macht – Adler, Standarten und Hellebarden – wie die Äste toter Bäume in den Himmel. Abgeschnitten vom Treiben, das wie eine Umkehrung sonstiger Triumphaufmärsche Tiepolos wirkt, schleppt sich Jesus seinem Tod entgegen.
Das Kreuz
Nach der Geißelung (S.152) führen die Soldaten Jesus zur Richtstätte. Die Auspeitschung und der öffentliche Gang zur Hinrichtung waren im Römischen Reich bei Kreuzigungen üblich. Diese Strafe war vor allem für entlaufene Sklaven und Rebellen vorgesehen und sollte der Abschreckung dienen. Auf dem Gang zur Hinrichtung begegnet der Gruppe ein Mann namens Simon von Kyrene, der gerade vom Feld kommt. Die Soldaten zwingen ihn, das Kreuz für den völlig entkräfteten Verurteilten zu tragen. Auf den meisten der Kreuzwegdarstellungen hilft Simon Jesus lediglich dabei, das Kreuz zu tragen, bei den Evangelisten jedoch trägt Simon das Kreuz allein, einzig Johannes schreibt, dass Jesus sein Kreuz selbst nach Golgotha („Schädelstätte“) tragen musste. Historiker gehen heute davon aus, dass die Verurteilten nicht das ganze, viel zu schwere Kreuz, sondern
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