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Die Bibliothek der Schatten Roman

Die Bibliothek der Schatten Roman

Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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unwillkürlich lächeln musste.
    Anstelle von Tischen und Stühlen stand ein Kreis von Kerzen in der Mitte des Stockwerks. Im Zentrum dieses Kreises befand sich ein Rednerpult aus dunklem Holz. Jon glaubte zu wissen, für wen dieser Platz reserviert war.
    Langsam und lautlos traten die Menschen in den Saal und verteilten sich um das Pult herum. Remer zog Jon hinter sich her ins Zentrum des Kerzenkreises. Sie stellten sich neben das Rednerpult und betrachteten schweigend die hereinströmenden Menschenmassen. Ihre Gesichter unter den Kapuzen waren nicht zu erkennen, und Jon fühlte sich mit seinem schwarzen Umhang, als wäre er nackt. Er war der Einzige, der sich nicht verstecken konnte.
    Die Anwesenden drängten sich immer dichter um sie. Mehrmals glaubte Jon, die Frau aus der Vorhalle zu sehen, die er mit Katherina verwechselt hatte, doch dann überzeugte ihn ihr Gang oder ihre Haltung, dass sie es nicht sein konnte und er sich geirrt hatte.
    Trotz der vielen Menschen sagte niemand etwas. In der Stille war deutlich zu hören, wie eine der Wachen die Türen schloss. Anschließend stellte er sich mit auf dem Rücken verschränkten Händen neben den Eingang.
    Wie auf ein Stichwort betrat Remer das Rednerpult. Es ragte einen Meter über den Boden, und alle Blicke richteten sich umgehend auf ihn.

    Er räusperte sich ein paar Mal, ehe er zu sprechen begann. Auf Latein. Jon erkannte einen Abschnitt aus der Ordenschronik, den Poul Holt ihm vorgelesen hatte. Poul Holt hatte ihm erklärt, es handle sich um einen der ursprünglichen Paragraphen des Ordens, in dem alle Mitglieder angewiesen wurden, ihre Fähigkeiten beständig zu verbessern und vor Nicht-Eingeweihten verborgen zu halten. Des Weiteren folgte eine Lobpreisung der Fähigkeiten und der Rolle der Mitglieder in der Welt als Hirten, die die unwissenden Schafe - womit alle Menschen ohne diese Fähigkeiten gemeint waren - hüteten.
    Jon verstand die Worte nicht, die Remer las, und nutzte die Zeit stattdessen, die Umstehenden zu studieren. Der Text schien ihnen vertraut zu sein. Sie hatten ihre Gesichter Remer zugewandt, und Jon sah, wie ihre Münder lautlos den Text mitsprachen. Nur einer von ihnen blickte nicht zu Remer, sondern starrte Jon an. Die Person stand ein paar Reihen entfernt, und Jon konnte ihr Gesicht wegen der Kapuze nicht erkennen. Trotzdem zweifelte er keine Sekunde, dass dieser Blick ihm galt.
    Jons Herz schlug schneller. Sie konnte es nicht sein. Da hob die Person ihren Kopf und richtete den Blick wie alle anderen auf Remer, wobei die Kinnpartie aus dem Schatten der Kapuze trat. Schmale Lippen formten sich zu einem Lächeln.
    Jon konnte eine kleine Narbe am Kinn erkennen. Katherinas Narbe.

NEUNUNDDREISSIG
    K atherina war überzeugt, dass Jon sie gesehen hatte. Das erste Mal im Foyer. Dort hatte er ihr zugenickt. Was hatte das zu bedeuten? War er bereit, oder wartete er gar auf sie? Oder war es nur ein Gruß an einen vermeintlichen Ordensbruder gewesen? Sie war den anderen mit pochendem Herzen in den Lesesaal gefolgt. Wenn er sie im Foyer erkannt hatte, konnte sie jeden Augenblick auffliegen. Ihre Nervosität war jedoch in den Hintergrund getreten, als sie den Lesesaal betrat. Die Energie, die auf sie einströmte, war intensiver als bei ihrem letzten Besuch. Vielleicht trugen die Beleuchtung und die vielen Menschen in den weißen Umhängen dazu bei, alle Aufmerksamkeit auf die beinahe physische Gegenwart der Spannung zu richten, die in der Luft lag.
    Zum zweiten Mal hatte Jon sie angesehen, nachdem Remer das Rednerpult bestiegen und begonnen hatte, den lateinischen Text zu lesen. Katherina verstand die Worte nicht und beschränkte sich darauf, Jon zu beobachten. Er stand neben dem Rednerpult und ließ seinen Blick über die Menge der Zuhörer schweifen, als suche er jemand. Die Kapuze war nicht ganz ins Gesicht gezogen, so dass sein Gesicht größtenteils sichtbar war. Darum sah sie auch, wie sein Blick auf sie fiel und an ihr hängen blieb. Ihr Pulsschlag wurde schneller. Es waren die gleichen Augen, die sie vor gar nicht allzu langer Zeit liebevoll angesehen hatten, doch jetzt strahlten sie Skepsis und Verwirrung aus.
    Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung. Skepsis war um Längen besser als der Hass, der ihr auf dem Markt entgegengeschlagen
war. Vielleicht stimmte ja Hennings Vermutung, dass Jon allein durch ihren Anblick einen Rückfall erlitten hatte. Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als sie ihre Aufmerksamkeit auf Remer lenkte, der

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