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Die Bibliothek der verlorenen Bücher

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Titel: Die Bibliothek der verlorenen Bücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Pechmann
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Autor 1937 vor ein Literaturtribunal. Zu einem Urteil kam es jedoch nicht. Paps zweiter Roman, von dem bereits eine Manuskriptfassung vorlag, ging in der Zeit der Judenverfolgung und den Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren. Angeblich sollte das Buch vom Leben Jesu handeln und dabei dessen Leidensgeschichte auf die Gegenwart des Autors übertragen.
       Károly Pap hatte das Alte und Neue Testament, jüdische und christliche Geschichte gründlich studiert. Er wurde wegen seiner Sympathie mit den ungari schen Kommunisten aus dem Elternhaus verstoßen und schlug sich als Sargtischler, Autowäscher und Schauspieler eines Wandertheaters durch. Er war häufig in den Literatencafes von Budapest zu finden, schrieb Gedichte und Erzählungen. Doch nach Ausbruch des Krieges konnte und wollte er nichts mehr schreiben. 1944 deportierte man ihn in das Konzentrationslager Bergen-Belsen, wo er 1945 von den Nazis ermordet wurde.
       Nahezu unbekannt ist auch der österreichische Autor Oswald Levett, über den man nicht viel mehr weiß, als dass er zum Freundeskreis des Prager Phantasten Leo Perutz gehörte, mit dem er zwei Bücher Victor Hugos übersetzte. Levetts wundervoller Roman »Verirrt in den Zeiten« erschien 1933 und wurde von Lesern und Kritikern gleichermaßen ignoriert. Das Buch schildert die spannenden Abenteuer eines Zeitreisenden, den es in die Welt des Dreißigjährigen Krieges verschlägt. Dort gilt er wegen seiner exakten Vorhersagen und seiner kuriosen Erfindungen bald als Wundertäter. »Das Geheimnis ist der Liebling der Geschichte«, schrieb Levett und wurde wie sein Held zu einer jener geheimnisvollen Personen, die nur rätselhafte und fragmentarische Spuren in alten Chroniken und Registern hinterlassen.
       Weitaus weniger geheimnisvoll ist das Schicksal des englischen Gelegenheitsautors Philip George Chadwick, der im Alter von 21 Jahren die Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs miterleben musste. Nach dem Krieg wurde er Mitglied der »Fabian Society«, einer sozialistischen Organisation, die Gewalt und Revolution zur Erreichung politischer Ziele ausdrücklich ablehnte und der namhafte Autoren wie H. G. Wells und George Bernard Shaw angehörten. Mehr ist allerdings auch über Chadwick nicht bekannt. Er schrieb einen umfangreichen Roman, in dem er seine Kriegserfahrung in eine beängstigende Zukunftsvision verwandelte – eine grausige Darstellung des Krieges, die selbst dem Krieg zum Opfer fiel. Das Buch war ein besonders originelles und gefragtes Exponat unserer Bibliothek, das ich vor einigen Jahren hätte aussortieren sollen, da es wiedergefunden worden war. Ich gestehe, ich habe die Anordnung meines Vorgesetzten, des Bibliothekars, missachtet.
       Chadwicks Roman »The Death Guard« (»Die Todesgarde«) entstand 1939, seine Veröffentlichung wurde 1940 vom Londoner Verlag Hutchinson angekündigt. In diesem Jahr begann der deutsche Luftangriff auf London, die Stadt stand Tag und Nacht unter Beschuss. Trotz der widrigen Umstände ging das Buch in Druck, doch kurz vor der Auslieferung an die Buchhändler wurde das Lager des Verlags in der Paternoster Row bei einem Bombenangriff getroffen, und die gesamte Auflage verbrannte. Da auch das Manuskript nicht mehr existierte, galt das Buch fünfzig Jahre lang als verschollen, bis 1991 doch noch überraschend ein einziges gerettetes Exemplar auftauchte.
       »The Death Guard« schildert die Vernichtung Englands durch eine Armee künstlich fabrizierter Soldaten, die »Fleischgarde«, die von der totalitären Regie rung in geheimen Labors produziert wurde, aber bald außer Kontrolle gerät. »Ich habe nicht darum gebeten, dass mein Verstand verbogen und verdorben wurde«, erzählt ein ehemaliger Soldat in Chadwicks Roman. In seiner Vision wird die Armee zu einem wuchernden Organismus, »einem mächtigen, allerdings rudimentären Geschöpf, bestehend aus dummen kleinen Blasen, die unaufhörlich platzen und sterben«. In grauenhaften Bildern wird der Krieg als monströse und unkontrollierbare Maschinerie entlarvt, dessen einziges Ziel Zerstörung ist. Obwohl ich »Die Todesgarde« nun zu den wiedergefundenen Büchern rechnen darf, frage ich mich ernsthaft, ob sich die Entdekkung wirklich gelohnt hat. Ich habe mich erkundigt und herausgefunden, dass keiner von denen, die den Krieg als rechtmäßiges Mittel der Politik verteidigen und Geld mit der Herstellung und dem Verkauf von Mordmaschinen verdienen, dieses Buch gelesen hat. Solange nur Pazifisten

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