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Die Bibliothek des Zaren

Die Bibliothek des Zaren

Titel: Die Bibliothek des Zaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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hundertprozentige Sicherheit. Ja, das Serpuchow-und das Kaluga-Tor waren aus Stein, aber ich habe keinerlei Angaben darüber gefunden, dass hinter ihnen schwarze Vorstädte waren. Und was, wenn es noch andere Tore teils aus Stein, teils aus Holz gab, und Ihr Ahn eins von diesen Toren meinte? Und dann, was soll dieser merkwürdige Exkurs in die Ahnengalerie . . . Was ist das für ein Unsinn ›mit Fenstern so viel unser Ahn Hugo der Starke Töchter hat‹? Das ist doch Humbug! Egal wie viele Töchter Ihr verdammter Hugo hatte, das kann doch nicht als Erkennungszeichen für ein Haus dienen.«
    »Doch, kann es wohl«, protestierte Fandorin. »Hugo von Dorn hatte dreizehn Töchter.«
    Bolotnikow lehnte sich mit einem Ruck im Sessel zurück.
    »Dreizehn?«, wiederholte er mit krächzender Stimme. »Aber . . . aber das ist ungeheuer wichtig!« Er sprang auf, lief zum Fenster und kam wieder zurück. »Das ist unglaublich! So etwas habe ich noch nie erlebt! Dreizehn. Das sieht nach Häresie aus. Da ist es sehr wohl möglich, dass dieses seltsame Haus irgendwo explizit erwähnt wird. Kommen Sie, Fandorin, lassen Sie uns die Arbeitsgebiete aufteilen. Ich konzentriere mich im Archiv auf die Suche nach einem Haus in einer schwarzen Vorstadt, das auf einem Steinfundament steht und dreizehn Fenster hat. Sie dagegen kümmern sich um das Tor. Außer den beiden schon genannten Stadttoren kommen noch zwei in Frage: das Pokrowski – und das Sretenski-Tor. Ob sie ein steinernes Fundament hatten, weiß man nicht, aber alle anderen Merkmale treffen auf sie zu. Hinter dem Pokrowski-Tor der Altstadt Semljanoi Gorod lag die Basmannaja Sloboda, die auch eine schwarze Vorstadt gewesen sein könnte, denn ein Teil der Bewohner gehörte zum abgabepflichtigen Stand. Das zum Ersten. Zum Zweiten: In unmittelbarer Nähe von diesem Tor lag die Deutsche Vorstadt, wo der Hauptmann der Musketiere mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewohnt haben muss. Drittens: Von dort führt eine Straße nach Preobrashenskoje, dem Fürsten – bzw. Großfürstenhof.«
    Der Magister wollte widersprechen, doch Maxim Eduardowitsch winkte ungeduldig ab und bedeutete ihm, er möge ihm nicht ins Wort fallen.
    »Was das Sretenski-Tor angeht, so begann dahinter die schwarze Vorstadt Pankratjewskaja Sloboda, durch die der Weg zum Dorf Knjas-Jakowlewskoje führte, dem Landsitz der Fürsten Tscherkasski. Sehen Sie«, fragte Bolotnikow und zeigte auf die Karte.
    »Nein, das Sretenski – und das Pokrowski-Tor kommen nicht in Frage«, erklärte Nicholas, der dem Finger des Archivars folgte, kategorisch. »Mit dem Fürstenhof meinte der Hauptmann sicher das Landgut Fürstenhof, das nicht weit vom Stammsitz der von Dorns entfernt ist.«
    Bolotnikow zitterte am ganzen Körper, so erschütterte ihn diese Nachricht.
    »Vielleicht. . .«, sagte er und stockte vor Aufregung. »Vielleicht verstehen Sie dann gleich den Sinn der ganzen Stelle: ›wie vom Felsen Theo unseres Ahnen zum Fürstenhof‹. Was ist das für eine Richtung?«
    »Südöstlich«, wollte Fandorin gerade antworten, entschied sich aber anders. Wenn er dieses letzte Geheimnis lüftete, so bräuchte der clevere Maxim Eduardowitsch keinen Partner mehr. Angesichts des maßlosen Ehrgeizes und einer gewissen ethischen Biegsamkeit des Moskauer Spezialisten, die sich in der Geschichte mit dem Päckchen gezeigt hatte, sollte er sich besser zurückhalten. Die beiden nördlichen Tore – das Pokrowski – und das Sretenski-Tor – schieden mit Sicherheit aus, da von ihnen ja keine Landstraßen nach Südosten abgingen.
    »Das weiß ich nicht genau«, sagte er laut.
    »Sie trauen mir nicht«, beschwerte sich Bolotnikow. »Sie wissen etwas, sagen es aber nicht. Das ist unfair und erschwert unsere Suche.«
    »Ich vermute, Sie sagen mir ebenfalls nicht alles«, antwortete Nicholas etwas barsch. »Nehmen Sie sich Ihre Archive vor, und ich konzentriere mich auf die Tore.«
    Maxim Eduardowitsch musterte ihn mit eindringlichem Blick und seufzte.
    »Wie Sie wollen. Aber sind Sie sich ganz sicher, dass wir das Pokrowski – und das Sretenski-Tor nicht brauchen?«
    »Ja.«
    »Das ist ja hervorragend! Das heißt, es bleiben nur noch zwei Tore: das Serpuchow – und das Kaluga-Tor! Schauen Sie sich hier auf der Karte Straßen und Wege an, die zu Cornelius von Dorns Zeiten von den Vorplätzen der Tore ausgingen: vom Kaluga-Tor waren es drei, vom Serpuchow-Tor zwei. Übrigens sind die heutigen Verkehrsadern – der Lenin-Prospekt, die

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