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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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geschehen war, so gut es ging, und in allen scheußlichen Einzelheiten. Ich ließ nichts aus: Wie Rosaleen geübt hatte, ihren Namen zu schreiben, wie die drei Männer sie verhöhnt hatten, wie sie ihre Spucke über deren Schuhe gekippt hatte.
    »Ein Polizist brachte uns dann ins Gefängnis«, sagte ich und merkte, wie seltsam die Worte schon in meinen Ohren klangen. Ich konnte nur ahnen, wie sie wohl erst für Augusta klingen mussten.
    »Gefängnis?«, sagte sie. Ihr Körper schien mitsamt allen Knochen darin ein wenig zusammenzusinken. »Sie haben euch ins Gefängnis gesteckt? Was hat man euch denn vorgeworfen?«
    »Der Polizist sagte, Rosaleen hätte die Männer beleidigt, aber ich war doch dabei, und sie hat sich doch nur schützen wollen, sonst nichts.«
    Augusta biss die Kiefer zusammen, und ihr Rücken wurde kerzengerade. »Wie lange wart ihr im Gefängnis?«
    »Ich musste nicht lange drin bleiben. T. Ray ist gekommen und hat mich rausgeholt, aber sie ließen Rosaleen nicht gehen, und dann sind diese Kerle zurückgekommen und haben sie zusammengeschlagen.«
    »Mutter Gottes«, sagte Augusta.
    »Und wie ist sie schließlich frei gekommen?«
    Tief durchatmen und dann einfach raus damit: »Ich bin in das Krankenhaus gegangen, wo man sie hingebracht hatte, um ihre Wunde zu nähen, und dann, dann hab ich sie an dem Polizisten vorbeigeschmuggelt.«
    »Mutter Gottes«, sagte sie zum zweiten Mal. Sie stand auf und machte eine Runde durch das Zimmer.
    »Ich hätte das ja auch sonst nie getan, aber T. Ray hat gesagt, der Mann, der Rosaleen geschlagen hat, der wäre der schlimmste Niggerhasser auf der ganzen Welt, und es wäre ein Wunder, wenn der nicht zurückkäme und sie töten würde. Ich konnte sie doch nicht da drin lassen.«
    Es war beängstigend. Meine Geheimnisse lagen nun überall im Zimmer verstreut herum, so als ob ein Müllauto zurückgesetzt und seine erbärmliche Fracht auf den Boden gekippt hätte, damit Augusta sie ordnen konnte. Aber das war es ja noch nicht einmal, was mir am meisten Angst machte. Am meisten Angst machte mir die Art und Weise, wie sich Augusta in ihrem Stuhl zurücklehnte und zum Fenster sah, wie ihr Blick durch meinen Kopf hindurchging, sie blickte nur in die stickige Luft, und ihre Gedanken waren mir ein nervenzerreißendes Rätsel.
    Um meinen Hals herum brach eine fiebrige Hitze aus.
    »Ich will doch kein schlechter Mensch sein«, sagte ich und sah auf meine Hände, sie waren wie zum Gebet gefaltet. »Aber ich kann scheinbar nicht anders.«
    Man sollte ja meinen, ich hätte mich inzwischen ausgeweint, aber die Tränen quollen schon wieder zwischen meinen Lidern hervor. »Ich mache immer alles falsch. Ich lüge alle an. Nur dich nicht. Doch, auch, aber ich hatte gute Gründe. Und ich hasse so viele Leute. Nicht nur T. Ray. Die Mädchen in der Schule, und die haben mir gar nichts getan, außer dass sie mich nicht beachten. Ich hasse Willifred Marchant, die Schriftstellerin von Tiburon, und ich kenne sie noch nicht einmal. Manchmal hasse ich sogar Rosaleen, weil ich mich für sie schäme. Und als ich hier hergekommen bin, habe ich anfangs auch June gehasst.«
    Stille überschwemmte uns. Sie stieg an, ich hörte ihr Tosen in meinem Kopf, Rauschen in meinen Ohren.
    Sieh mich an. Leg deine Hand wieder auf meine. Sag etwas.
    Inzwischen triefte es aus meiner Nase genauso wie aus meinen Augen. Ich schniefte und wischte die Tränen von meinen Wangen, aber ich war nicht in der Lage, meinen Mund davon abzuhalten, jedes noch so hässliche Ding herauszuposaunen, das es von mir zu sagen gab, und wenn ich damit erst einmal fertig wäre...
    »Aber, das, das ist noch längst nicht alles«, sagte ich. Ich war aufgestanden, weil ich irgendwo hingehen musste, aber es gab keinen Ort, an den ich hätte gehen können. Wir waren auf einer Insel. Wir trieben auf einer blauen Insel inmitten eines rosa Heims, und ich hatte dort all meine Schlechtigkeit ausgespien und hoffte nun darauf, nicht ins Meer geworfen zu werden, um dort meine Strafe zu empfangen.
    »Ich...«
    Augusta sah mich an, sie wartete. Ich wusste nicht, ob ich es sagen konnte.
    »Es war meine Schuld, dass sie gestorben ist. Ich... ich habe sie getötet.« Ich schluchzte und fiel auf dem Teppich auf die Knie. Es war das allererste Mal, dass ich diese Worte zu jemandem gesagt hatte, und ihr Klang brach mein Herz entzwei.
    Ich sank in mich zusammen, auf die Fersen, ich merkte kaum, dass ich laut vor mich hin murmelte. »Ich bin nicht wert, geliebt

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