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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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Widerspruch zu allem, was Jesus, Petrus oder Paulus wollten! Und sofern sie, wie leider geschehen, außerdem die Unverfrorenheit besitzen, Frauen als von Natur aus minderwertig, unvollkommen und sündig zu verleumden, dann verstoßen sie auf eklatante Art gegen den Geist der Nächstenliebe, ohne den es kein Christentum geben kann! Jene Hetzer, die um ihres eigenen Vorteils und ihres Machthungers willen das Wort Jesu, wonach vor dem Göttlichen alle Menschen gleich sind, in sein Gegenteil verkehren wollen, sind Erzfeinde des Glaubens und damit der Kirche! Und falls wir ihnen nicht Einhalt gebieten … falls wir das nicht schaffen … werden die Folgen …«
    Gerade noch hatte die Presbyterin von Sancta Maria flüssig und kraftvoll gesprochen, nun plötzlich schien sie den Faden verloren zu haben. Betroffen wurden die Umstehenden Zeugen, wie sie verwirrt ins Leere starrte; als sie im nächsten Moment taumelte und Marcellus rasch Zugriff, um sie zu stützen, kam überall auf dem Forum Unruhe auf. Ein paar Herzschläge später aber straffte sich Branwyns Körper wieder, in ihren weit geöffneten Augen lag ein seltsames Leuchten – dann scholl ihre Stimme in völlig verändertem, zutiefst eindringlichem Tonfall, der etwas Prophetisches an sich hatte, über den weiten Platz hin.
    »Falls das Patriarchat, das einzig Männerherrschaft und despotische Macht will, triumphiert, sehe ich die Kirche in einen entsetzlichen Abgrund stürzen!« erklang es aus ihrem Mund. »Jahrhunderte und Jahrtausende der Finsternis werden über Rom, Italien, das Abendland und die ganze Erde hereinbrechen; Greueltaten werden begangen werden, wie die Menschheit sie nie zuvor in ihrer Geschichte erlebte! Ich sehe den Lateranpalast und bald die ganze Stadt zum Sitz des Widergöttlichen werden und erkenne eine lange, lange Reihe von Päpsten, welche sich ungeheuerlicher Verbrechen schuldig machen! Unter dem Zeichen des Kreuzes werden sie rauben, vergewaltigen und morden; ganze Völkerschaften werden ausgerottet, weil sie sich nicht unter das Joch einer Kirche beugen wollen, welche zur schlimmsten Feindin der Lehre des Gekreuzigten geworden ist! Ich sehe eine Vielzahl von Ländern vom Blut überschwemmt und erschaue blasphemische Heere, die, das Kreuzzeichen auf ihren Waffen, in alle Weltgegenden ausschwärmen, um dort gleich rasenden Bestien zu wüten! Im Westen und Osten, im Norden und Süden schlachten sie die Völker hin; selbst Jerusalem, wo Jesus predigte und zur Hinrichtung geführt wurde, verschonen sie nicht! Ich sehe die Bekreuzten über die Mauern stürmen und erblicke Gassen, die zu blutroten Bächen geworden sind; Säuglinge erschaue ich, welche im Angesicht ihrer sterbenden Mütter gegen die Steine geschmettert werden! In der Grabeskirche bahnen sich die Rösser der Papstkrieger ihren Weg durch Leichenberge, und nachdem dies kurz nach dem Ende des ersten Jahrtausends geschehen ist, folgt ein weiteres Millennium des tiefsten Grauens und der furchtbarsten Intoleranz, bis die gesamte Menschheit zu Beginn des dritten Jahrtausends, da die letzten drei Päpste auf dem angemaßten Thron sitzen, ihrer eigenen Vernichtung ins Auge blickt!«
    Nachdem Branwyn geendet hatte, lastete betroffene Stille über dem Forum Romanum. Die meisten Gläubigen starrten erschrocken, manche waren unwillkürlich auf die Knie gesunken, andere bewegten die Lippen wie in lautlosem Gebet. Dann, eben als die Spannung unerträglich zu werden drohte, rief ein weißhaariger Mann, der etwa zwanzig Meter von der Tribüne entfernt stand: »Gott selbst machte Theodora zu seinem Werkzeug, um uns durch ihre prophetischen Worte vor dem Bösen, das seinen Sitz im Lateranpalast hat, zu warnen!«
    Der Satz wurde weitergegeben; überall auf dem weiten Platz wiederholten ihn die Versammelten – plötzlich schien Branwyn, die noch immer wie in Trance dagestanden hatte, wieder zu sich zu kommen. Sie hob den Arm und gebot dadurch Schweigen; gleich darauf war ihre Stimme abermals zu vernehmen:
    »Ich weiß nicht, ob göttliche Kraft mich in die Zukunft schauen ließ, oder ob mir das, was ich sagte, von eigener tiefer Sorge um den Fortbestand des wahren Christentums eingegeben wurde, und meine Befürchtungen sich von daher in visionären Bildern äußerten. Eines jedoch ist mir klar: Wenn der Weg der Kirche in die Finsternis führt, dann wird es geschehen, weil sie – wie heute schon das Patriarchat – eine unverbrüchliche und unveräußerliche Wahrheit leugnet! Denn ebenso wie

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