Die Bismarcks
ein besonderes Vertrauensverhältnis.
Ehefrau Johanna fiel es schwer, sich auf das Diplomatenleben einzustellen. Sie war wie ihr Mann nicht darauf erpicht, permanent zu Empfängen und Diners in aufwendiger Kleidung zu erscheinen, und hatte Mühe, die Diplomatensprache Französisch zu erlernen. Sie verstand nichts von Politik und beschränkte sich auf ihre Rolle als Hausfrau. Otto von Bismarck hätte eine kritische Partnerin auch nicht zu schätzen gewusst. 41 Umso willkommener waren den beiden die drei Monate Jahresurlaub.
Bei Ausbruch des Krimkriegs hatte Bismarck dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Manteuffel geraten, rasch mit Truppen in Österreich einzurücken. Als Berlin aus seiner Sicht die Chance nicht nutzte, schrieb er an Manteuffel: »… und wenn wir uns nicht die Rolle des Hammers vorbereiten, so bleibt leicht nur die des Amboss übrig.« 42 Andere Äußerungen zu dieser Zeit zeigen jedoch, dass Bismarck die Dinge nicht so prinzipiell sah, dass er sie nicht auf diese Alternative zuspitzte. Die Frage, auf welche Weise Österreich aus Deutschland herausgedrängt werden konnte, mit Gewalt oder auf dem Verhandlungswege, beschäftigte ihn jedoch weiter.
1859 wurde dem todkranken König Wilhelm IV. ein Prinzregent zur Seite gestellt und Bismarck von Frankfurt als Gesandter nach St. Petersburg versetzt. Kaiser Wilhelm II. , der für die politische Karriere Bismarcks später Schicksal spielen sollte, kam in diesem Jahr auf die Welt, Alexander von Humboldt, der große Forschungsreisende, verstarb. Bismarck war am Hof in Ungnade gefallen und fühlte sich an der Newa wie strafversetzt. Mit dem Zar und den russischen Politikern verstand er sich jedoch auf Anhieb sehr gut. Er schaute sich bei seinen Partnern auch manchen Kniff für das diplomatische Geschäft ab, vor allem Außenminister Fürst Gortschakow war hier für ihn ein großer Lehrmeister. Zu der Gesandtschaft gehörte auch eine Konsularabteilung, die die 40 000 in Russland lebenden preußischen Staatsbürger betreute. Dadurch gewann Bismarck einen präzisen Eindruck von der russischen Gesellschaft auch jenseits der Hauptstadt.
In St. Petersburg zog sich Bismarck ein rheumatisches Leiden zu, das ärztlich falsch behandelt wurde und ihn fortan gesundheitlich belastete. Von dort schrieb er an den General von Alvensleben, als Italien im Krieg gegen Österreich um seine staatliche Einheit kämpfte: »Die gegenwärtige Lage hat wieder einmal das große Los für uns im Topf, falls wir den Krieg Österreichs gegen Frankreich sich scharf einfressen lassen und dann mit unserer ganzen Armee nach Süden aufbrechen, die Grenzpfähle im Tornister mitnehmen und sie entweder am Bodensee oder da, wo das protestantische Bekenntnis aufhört vorzuwiegen, wieder einschlagen.« Die Folge der Entwicklungen in Italien war, dass in Deutschland die Nationalbewegung wieder auflebte. Bismarck studierte diese Entwicklung sehr genau, sah er doch in Italien einen kommenden Verbündeten.
Als Bismarck im Oktober 1859 seine Familie nach St. Petersburg holen wollte, erkrankte er erneut und schwebte für mehrere Tage auf dem ostpreußischen Gut eines Freundes in Lebensgefahr. Im März 1860 konnte er die Reise fortsetzen, fuhr auf Wunsch des Prinzregenten aber zunächst zurück nach Berlin. Erst nach elfmonatiger Abwesenheit kehrte er im Juni 1860 wieder an die Newa zurück. Das Palais der Gräfin Stenbock, in dem die Bismarcks residierten, steht noch heute am Englischen Kai. Das Leben in der russischen Hauptstadt war teuer. Anders als in Frankfurt am Main reichte das Gesandtengehalt nicht aus. Bismarck musste aus dem privaten Portefeuille zuschießen, was damals üblich war. Nicht ganz ernst gemeint, drohte er einmal damit, seine Familie »zur Grasung« nach Pommern zu schicken.
Bismarcks Stunde kam nach einem kurzen Zwischenspiel als Gesandter in Paris, wohin ihn Preußen im Jahre 1862 für einige Monate entsandt hatte. Er wurde schon seit Längerem in Berlin als Kandidat für das Amt des preußischen Ministerpräsidenten gehandelt. In Paris fühlte er sich »wie eine Ratte in der leeren Scheune«. Das Palais Beauharnais, in dem er residierte und in dem noch heute mancher Raum an seinen kurzen Aufenthalt erinnert, beherbergt jetzt erneut die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland. Daheim in Preußen veröffentlichte Theodor Fontane seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg.
Noch einmal zeigte sich Bismarcks romantische Seite. Bevor er aus Frankreich nach
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