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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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er eine Wegkreuzung und einen abgeschalteten Springbrunnen, um den drei Schatten lagerten. Eine Zigarette
     glomm kurz auf. Dengler wechselte in die Mitte des Weges und trat fester auf. Er wollte die drei Männer nicht überraschen;
     sie sollten ihn schon von weitem sehen. Dengler blieb stehen, zündete ein Streichholz an und ließ es zu Boden fallen. Dann
     ging er weiter.
    Die Männer warteten. Es waren drei Schwarzafrikaner, die in dunklen Jeans und schwarzen Pullovern auf dem Sockel des Springbrunnens
     saßen.
    »Haschisch?«, sagte schließlich der Mittlere, als Dengler vor ihnen stand.
    »No, H«, antworte Dengler.
    Der Schwarze pfiff leise durch die Lippen und sah ihn an. Die drei musterten ihn. Nichts schien zu passieren.
    »O.K.« Der Mittlere federte vom Boden auf. Im Mondlicht sah Dengler für einen Augenblick sein Gesicht. Es kam ihm sehr jung
     vor; der Mann war sicher nicht älter als zweiundzwanzig, höchstens fünfundzwanzig.
    Er wandte sich zu dem Weg, der nach rechts führte. Dengler folgte ihm.
    Während er dem jungen Mann hinterhereilte, blickte er sich noch einmal um. Die beiden anderen Männer waren verschwunden. Er
     musste vorsichtig sein.
    Der Junge ging schnell, und Dengler musste ab und an in einen kurzen Trott fallen, um ihm folgen zu können. Nacheinigen Minuten erreichten sie endlich ein kleines Gartenhaus.
    Der Junge bedeutete ihm, stehen zu bleiben, und verschwand.
    Nach zwei Minuten stand er wieder vor ihm und winkte ihn zum Eingang des kleinen Hauses. Dort stand ein Mann, ein Italiener,
     in Jeans, Jeansjacke, mit krausem schwarzen Haar und langen Koteletten. Er stellte eine kurze Frage auf Italienisch.
    »Spricht jemand Englisch?«, fragte Dengler.
    »Ich«, sagte der Schwarze.
    »Ich brauche einen Schuss«, sagte Dengler, »nicht mehr – und gleich hier.«
    Die beiden sprachen auf Italienisch miteinander. Dengler rätselte, worüber sie so lange diskutierten.
    »Zweihundert Euro«, sagte der Italiener schließlich.
    Dengler hatte keine Zeit zum Verhandeln. Er zog seinen Geldbeutel und trat einen Schritt in den Schatten zurück, sodass die
     beiden ihn nicht sehen konnten. Er zog zwei 100-Euro-Noten heraus, steckte die Börse wieder ein und zeigte den beiden die
     Geldscheine. Der Typ in der Jeansjacke griff danach, doch Dengler zog sie sofort zurück. Er machte die Bewegung des Spritze-Aufziehens.
    Der Mann drehte sich um und winkte ihm. Dengler gab dem jungen Afrikaner ein Zeichen, dass er vor ihm hergehen sollte. Der
     lachte und tat, was Dengler verlangte.
    Hinter dem Haus hielten sie. Der Mann öffnete ein Päckchen, hatte plötzlich einen kleinen Brenner zur Hand, einen Löffel,
     dann erhitzte er das Heroin.
    Schließlich zog er es auf eine Spritze auf, deren Nadel völlig verbogen war; sie hatte sicher schon viele Venen von innen
     gesehen.
    Er reichte Dengler ein Gummiband, damit er sich den Arm abbinden könne, doch Dengler schüttelte den Kopf. Er öffnete die Plastiktüte
     und zog die blutigen Klumpen heraus.Die beiden Männer starrten ihn entgeistert an. Dengler legte die Fleischstücke vor sich auf das Zeitungspapier. Dem Italiener
     nahm er die Rotandspritze aus der Hand und senkte die Nadel in den ersten Brocken Fleisch. Er drückte den Kolben ein wenig
     herunter und setze dann die Nadel an einer anderen Stelle an. Dreimal injizierte er das Fleisch. Der junge Schwarze kicherte
     hell und irre. Der Ältere konnte den Blick nicht von ihm lassen, als wohne er einer religiösen Zeremonie bei. Dann wandte
     Dengler sich dem nächsten Fleischfetzen zu, tat das Gleiche, und schließlich bekam auch der dritten Happen drei Einstiche.
     Er legte die Spritze zur Seite, packte das Fleisch wieder ein, legte die beiden Scheine auf den Boden, und dann verschwand
     er schnell im Dunkel des Parks.
    * * *
    Fünfzehn Minuten später saß er auf dem Rücksitz der Honda, die Mario in Richtung Grosseto lenkte. Der Anstieg der Straße wies
     ihnen die richtige Abzweigung, und Dengler fand das Haus von Paul Stein, ohne seine Wegzeichen an den Bäumen zu bemühen. Das
     Motorrad stellten sie weit vor dem Anwesen ab, aber die Hunde bellten sofort. Dengler lief schnell den Weg hinunter, und auf
     der anderen Seite des Zauns folgte ihm die Meute. Er horchte und war sich nun ganz sicher, es waren drei Hunde. Am Ende des
     Weges zielte er sorgfältig und warf das Fleisch über den Zaun.
    Es folgte ein Knurren, mit dem die Tiere sich über das Fressen hermachten, ein Knurren und ein

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