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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Seine
     Hand bahnte sich einen Weg, bis er Draht spürte. Tatsächlich: In dem Busch versteckte sich ein in den Boden eingelassener
     Zaun.
    Paul Stein hatte sich verbarrikadiert wie ein englischer Bankräuber.
    Dengler fingerte das Handy aus der Hosentasche und wählte Christiane Steins Nummer, doch er bekam keinen Anschluss. Paul Stein
     residierte in einem Funkloch.Dann kläffte es auf der anderen Seite des Busches. Er stand still, lauschte dem Gebell und unterschied drei verschiedene Hunde.
    Schnell stand er auf und ging zum Motorrad zurück. Die Tiere bellten noch, als er die Maschine anließ und ohne Licht den Weg
     zurückfuhr. An jeder Kreuzung kerbte er den ersten Baum, der in Richtung seines Weges stand, hüfthoch auf der Rückseite ein.
     Diese Zeichen würden ihn zurückführen.
    * * *
    Die Rückfahrt nach Siena verlief ohne Probleme. An einer Tankstelle hielt er an und kaufte sich eine kräftige Gartenschere.
     Nach anderthalb Stunden Fahrt betrat er das Jolly Hotel. Er wählte Christianes Nummer, aber es nahm niemand ab.
    Er betrat das Lokal, das zu dem Hotel gehörte. Er sah auf die Uhr: elf Uhr – aber die Gäste saßen immer noch an den Tischen,
     viele Familien mit Kindern; Dengler fragte sich, warum Kinder in Italien so lange aufbleiben dürfen. Mario saß allein an einem
     Tisch. Die Reste eines Hühnchens lümmelten sich auf einem Teller. Kein Wein auf dem Tisch. Dengler setzte sich zu ihm und
     unterrichtete ihn. Olga sei in der Stadt unterwegs und wolle sie nicht stören, sagte Mario. Dengler sah seinen Freund nachdenklich
     an. Nachdem sie ihr weiteres Vorgehen besprochen hatten, riefen sie den Kellner.
    »Sprechen Sie Deutsch oder Englisch?«
    »Si si, yes, ja – ein bisschen.«
    »Wir brauchen aus der Küche drei große Stücke Fleisch -roh.«
    »Roh?« Der Kellner zuckte zusammen. Ein 20-Euro-Schein wanderte in seine Hand und verschwand in einer Seitentasche. Ein kurzes
     Signal mit dem Kopf – Dengler und Mariofolgten dem Mann in die Küche. Lautstarke Debatte mit einem schwindsüchtig wirkenden Koch. Der öffnete schimpfend die Tür
     zu einem Kühlraum, ging hinein und kam mit drei blutigen Fleischstücken zurück, nur notdürftig in Zeitungspapier eingewickelt.
     Der Koch stopfte das Paket in eine Plastiktüte, reichte es Mario. Der prüfte das Fleisch und sagte etwas schnell und auf Italienisch,
     das Dengler nicht verstand. Die zweite 20-Euro-Note wechselte den Besitzer.
    Mit dem Motorrad fuhren sie hinunter zur Piazza del Mercato. Fünf gelbe Taxis standen hintereinander am Taxistand. Dengler
     stieg ab und Mario kletterte auf den Fahrersitz.
    Dengler ging langsam an den Taxis vorbei und musterte die Männer, die hinter dem Steuer vor sich hin dösten oder den Corriere dello Sport studierten. Schließlich stieg er bei einem pakistanisch aussehenden Fahrer ein, dessen Wagen als dritter in der Reihe stand.
     Der Mann schüttelte den Kopf und deutete auf den ersten Wagen in der Reihe: Sie müssen das erste Taxi nehmen! Als Dengler
     mit einer 50-Euro-Note winkte, legte er sofort den ersten Gang ein, schoss aus der Reihe der Taxis und fädelte sich in den
     Verkehr ein. Dengler sah durch das Rückfenster und stellte beruhigt fest, Mario folgte dem Taxi.
    Dengler erklärte dem Mann auf Englisch, was er suchte. Der Pakistani drehte sich überrascht um und studierte Denglers Gesicht,
     dann streckte er seine Hand aus. Dengler legte den 50-Euro-Schein hinein. Der Mann drehte sich um, und sie fuhren schweigend
     unterhalb der Altstadt abwärts in den nicht historischen Teil der Stadt.
    An einem unbeleuchteten Park hielt das Taxi an. Dengler sah hinaus, konnte aber nichts erkennen. Der Pakistani machte eine
     Handbewegung: hinaus. Dengler öffnete die Wagentür und stieg aus. Das Taxi fuhr sofort wieder an. Mario hielt mit der Honda
     am Straßenrand. Dengler gab ihm mit der Hand ein Zeichen zu warten und betrat den Park.
    An der Stelle, an der der Pakistani ihn abgesetzt hatte, führteein unbeleuchteter und von großen dunklen Eukalyptusbäumen gesäumter Weg in den Park. Die Zikaden veranstalteten ein unheimliches
     Konzert in permanent gleich bleibender Lautstärke, sodass er den knirschenden Kies unter seinen Sohlen kaum hörte. Eine Fledermaus
     zog für einen Augenblick mit ihrem gezackten Flug seine Aufmerksamkeit auf sich, von Ferne lockte eine Nachtigall.
    Es war dunkel, nur hin und wieder färbte der Mond den Park silbern. Dengler ging aufrecht und wachsam.
    Schon von weitem sah

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