Die blaue Liste
die Kraft aus.
Sie verloren sogar ihre Heimspiele.
Sie werden nur ein Jahr in der Zweiten spielen, dachte Dengler, im nächsten Jahr sind die Jungs von Trainer Finke wieder da.
Werde ihnen die Daumen drücken.
Den Rest des Vormittags verbrachte er in der Landesbibliothek. Die freundliche rothaarige Bedienung hatte ihm den Weg erklärt.
Er brauchte nur die Brennerstraße hinunterzugehen, am Parkhaus rechts abzubiegen, die Charlottenstraße zu überqueren, an der
Städtischen Bibliothek vorbei und am Staatsarchiv. Im Lesesaal fand er, was er suchte.
In einem riesigen Regal standen, fein geordnet, die wichtigsten Zeitungen auf Mikrofiches abgespeichert, der Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche und sogar die FAZ, seit ihrer Gründung bis heute. Er suchte ab dem 26. Mai 1991 und las alle Artikel über den Absturz der Lauda Air, aber obwohl
die Blätter voll mit Berichten über die Flugzeugkatastrohe waren, fand sich die Information nicht, die er suchte – in keinem
der Zeitungsartikel auch nur ein Satz darüber, ob die Maschine pünktlich in Bangkok startete.
Schlecht gelaunt zurück ins Büro. Anrufbeantworter abhören. Weder eine Nachricht von Lauda Air noch vom Flughafen Bangkok.
Telefonate mit österreichischen Zeitungen. Die meisten Archivare waren freundlich und versprachen ihm, ihre Artikel zu faxen.
Und tatsächlich: Ab vier Uhr nachmittags trudelten die ersten Presseabschnitte ein, und um sechs Uhr hielt er den Ausschnitt
in der Hand, auf den er gewartet hatte.Ein Artikel des Standard vom 28. Mai 1991 hatte gemeldet, was er wissen wollte. Das Blatt brachte eine groß aufgemachte Abhandlung über das Unglück:
In Bangkok war es Sonntagabend. Die Lauda Air »Mozart« war mit 125 Passagieren aus Hongkong gekommen, hatte vier Stunden zwischengestoppt
und 88 weitere Fluggäste aufgeladen, war dann planmäßig gestartet, planmäßig in die Luft gestiegen, hatte planmäßig die richtige
Flughöhe erreicht. 25 Minuten nach dem Start und 9500 Meter über dem Boden passierte es.
Kurz vor Mitternacht (19 Uhr MESZ) war die »Mozart« plötzlich von den Radarschirmen verschwunden. Augenzeugenberichte widersprechen
einander.
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. Wenn diese Information stimmte, wurde die Lage immer verworrener. Wie sollten die
Koffer von Paul Stein pünktlich in die Maschine gekommen sein – aber er selbst nicht?
Das Fax spie immer neue Artikel aus, aber kein weiterer ging auf diese Frage ein.
Hatte sich seine Klientin den Anruf ihres Vaters nur eingebildet? Er wusste es nicht.
Endlich ein Fax aus Bangkok. Drei Zeilen. Officer Blumperobolh bestätigte den Artikel des Standard: Die Boeing der Lauda Air verließ den Flughafen pünktlich zur festgelegten Zeit.
Best Regards.
Und jetzt?
Vielleicht ging Paul Steins Uhr falsch. Er dachte, er wäre zu spät, aber in Wirklichkeit kam er pünktlich am Flughafen an.
Dengler stand auf und ging einen Stock höher. Er klopfte. Aber niemand öffnete. Er legte einen Zettel vor Olgas Tür: Würden
Sie mir Ihre Software »Look That« ausleihen? Georg.
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27
Olga schlüpfte sofort in seine Wohnung, als er »Herein« rief. »Geht es Ihnen besser, Georg?«
Er lächelte; sie nannte ihn beim Vornamen.
»Würden Sie mir helfen?«, fragte er sie.
»Mit dem Look That?«
»Ja.«
»Ich habe alle verfänglichen Sachen aus meiner Wohnung geräumt, als Frau Lehnard mir sagte, dass ein Polizist einzieht. Aber
an das Look That habe ich nicht gedacht.«
»Ich kenne eine frühere Version der Software«, sagte er.
»Polizeiausbildung?«
»So ist es.«
»Welche Version?«
»Fünf.«
»Seither änderte sich einiges. Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen. Was wollen Sie tun?«
»Ich muss die Datenbestände von American Express durchforsten. Sehr alte sogar. Von 1991. Ich weiß nicht, ob sie die überhaupt
noch haben, aber ich möchte es versuchen.«
»Kommen Sie heute Abend zu mir. Ich werde einige Sachen wieder in meine Wohnung zurückbringen. Kann ich doch, oder?«
»Ja, das können Sie.«
»Um acht?«
»Um acht.«
»Und was sagt Ihre Madonna dazu?« – Sie deutete auf die Muttergottes.
»Sie sagt, wenn Sie dabei sind, kann es nichts Unrechtes sein.« Sie lachte und ging.
»Danke«, sagte er zur Gottesmutter.
Er stellte sich vor, wie Olga und er nebeneinander vor dem Rechner sitzen würden, vielleicht könnte er sogar ...Telefon. Schrill und ärgerlich.
»Dengler.«
»Ja, hallo, guten Tag, hier ist Anton
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