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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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prinzipiell unmöglich ist. Aber hast du gemerkt, daß sich daraus noch etwas viel Wichtigeres ergibt? Daß die Paksi sich selbst reproduzieren können, ohne große Industrie, das sehen wir. Aber unsere Überlegung zeigt, daß am Ausgangspunkt ihres Reproduktionsprozesses, zu Beginn ihrer gesellschaftlichen Entwicklung, das technologische Wissen vorhanden gewesen sein muß, das einer großen Industrie entspricht und nur durch sie hervorgebracht werden kann.“
    „Sie können letzten Endes nicht von sich selbst abstammen, das ist richtig.“
    „Oder um es ganz zugespitzt auszudrücken“, setzte Tondo den Gedanken fort, „die Robotergesellschaft kann sich nicht aus der anorganischen Materie entwickeln, sie setzt einen bewußten Schöpfungsakt voraus, und zwar durch eine andere Gesellschaft, die ihrerseits technisch hoch genug entwickelt ist.“
    „Halt, da ist eine Denklücke“, warf Raja ein. „Man könnte ja zunächst einmal annehmen, daß so etwas auch aus der Degenerierung eines hochentwickelten Industriesystems entstehen könnte, allmählich, durch immer weiter fortschreitende Vereinfachung oder Primitivierung.“
    „Moment mal“, widersprach Tondo, „würde in einem solchen Prozeß nicht die umfassende technologische Information verlorengehen, die wir hier vorausgesetzt haben?“
    „Dagegen läßt sich bestimmt auch ein Argument finden“, meinte Raja. „Nein, die Sache ist viel einfacher. Setzen wir eine Gesellschaft voraus, die ihre gesamte materielle Reproduktion einem in sich geschlossenen Industriesystem überträgt, in das sie nicht mehr eingreift, dem sie nur die Aufträge übermittelt. Dann ist dieses System nicht selbstregulierend, sondern letztlich gesteuert, zentralgesteuert. Und es hat mindestens drei Steuerprinzipien, die immer zentral durchgesetzt werden – soweit sind wir schon zu Haus auf der Erde, wenn auch erst mal nur in der Theorie.“
    „Und was sind das für Prinzipien“, fragte Tondo begierig, wie immer, wenn er in ein für ihn neues Gebiet eindrang.
    „Das erste Prinzip sind die Aufträge der Gesellschaft, die unbedingt zu erfüllen sind. Das zweite Prinzip ist der geschlossene Stoffkreislauf mit ständiger Minimierung des Stoffverbrauchs. Das dritte Prinzip ist die Minimierung der Energieabgabe an die Außenwelt.“
    „Ja?“ fragte Tondo, der noch nicht sah, worauf Rajas Argumentation hinauslief.
    „Nehmen wir nun an, dieses Industriesystem wird von der Gesellschaft, aus welchem Grund auch immer, sich selbst überlassen. Was geschieht? Es erhält keine Aufträge mehr, braucht also nur das zweite und dritte Prinzip zu erfüllen. Beides sind Minimierungsprinzipien. Ergebnis: Das Industriesystem legt sich selbst still.“
    „Na ja“, sagte Tondo gedehnt. „Und was passiert, wenn da irgendwas nicht so funktioniert, wie es soll? Meinetwegen, wenn der Teil, der die Minimierung macht, ausfällt?“
    Raja lachte. „Sei nicht böse“, sagte sie dann, „man merkt doch, daß du von materieller Produktion wenig Ahnung hast. Es ist doch nicht irgend ein Computer, der das für alle macht. Was ist denn zum Beispiel ein menschliches Prinzip? Etwas, was alle Menschen befolgen – oder zu befolgen sich bemühen. Und ein Prinzip in einem Industriesystem ist auch etwas, was nicht irgendwo lokalisiert ist, sondern was alle Teilsysteme befolgen.“
    „Weißt du was?“ sagte Tondo. „Ich werde dir das lieber einfach glauben. Außerdem weist ja auch noch anderes auf einen solchen Schöpfungsakt hin: die Begrenzung auf das Wüstengebiet und das Fehlen jeglicher Spur einer großen Industrie. Auch fehlen jegliche Überlieferungen von einem Urzustand.“
    „Letzteres stimmt nicht“, widersprach Raja. „Der Urzustand ist gegeben durch die Zeit, als die Paksi das Wort noch nicht verloren hatten.“
    „Aber das wird als plötzliches, einmaliges Ereignis geschildert – halt, du hast recht, das besagt nichts; in der irdischen Mythologie wimmelt es auch nur so von einmaligen, einschneidenden Ereignissen: Sündenfall, Sintflut… Aber dafür haben wir ja noch die Kuppel, den Wohnsitz der alten Götter.“
    „Eben. Sie muß ein Produkt derjenigen sein, die die Paksigesellschaft in Gang gesetzt haben. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, warum sie das getan haben könnten, denn das ergibt doch eine Riesenverantwortung. Wenn solch eine Gesellschaft einmal da ist, kann man sie ja nicht nach Belieben wieder beseitigen! Sie hat dann das Recht der Existenz und Entwicklung wie jede andere

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