Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
Verstrickungen kennen, in denen wir uns befinden.“
    „Wir werden diese ganze Gesellschaft nur verstehen, wenn wir wissen, woher sie kommt!“ behauptete Tondo.
    „Sicher“, erwiderte Hellen gelassen, „nur vor uns stehen mehr, praktische Probleme als erkenntnistheoretische. Zum Beispiel das ganz praktische Problem, das Raja morgen erwartet, wenn sie die Steine abgeliefert hat. Und außerdem – wir sollten uns nicht für die Menschheit halten. Die Raumschiffe, die nach uns kommen, werden für eine umfassende Forschung besser gerüstet sein. Na, macht mal weiter!“
    „Immer klein-klein“, murrte Tondo, als Hellen gegangen war. „Diese ganze Verstrickungstheorie ist doch die reine Bequemlichkeit.“
    Tondo erweckte den Eindruck eines trotzigen kleinen Jungen, so daß Raja lachen mußte. „Komm, wir befolgen Hellens letzten Rat und machen wirklich weiter“, sagte sie, „wir waren gerade so schön am Zuge. Wollen wir nicht mal versuchen, ob wir eine Hypothese zusammenbringen, der wir beide zustimmen können?“
    „Und womit fangen wir an?“ fragte Tondo gespannt, da ihm noch nicht ganz klar war, wie weit sich Raja von ihrer früheren Meinung getrennt und der seinigen angeschlossen hatte.
    „Mit dem, was unbestreitbar ist – daß es sich um eine eigenständige Gesellschaft handelt.“
    „Trotzdem müssen wir festhalten, warum das unbestreitbar ist:
    Es existiert eine gesellschaftliche Produktion, ihr Ziel ist die Reproduktion der Paksi und ihrer Gesellschaft. Es wurde kein noch so geringfügiger Prozeß entdeckt, der sich nicht darin einordnen ließe.“
    „Wenn ich ergänzen darf: Stadium – Klassengesellschaft, Formation – dem Feudalismus ähnlich. Es existieren entsprechende Produktionsverhältnisse und ein institutioneller und ideologischer Überbau. Du siehst, ein bißchen habe ich inzwischen auch meine historischen Kenntnisse aufgefrischt.“
    „Und deine Einwände gegen die unbiologische, die technische Seite der Reproduktion?“ fragte Tondo gespannt.
    „Darüber habe ich am meisten nachgedacht“, antwortete Raja. „Vor allem, nachdem ich diese Muskelproduktion inspiziert hatte. Mir ist da etwas eingefallen. Ich war nämlich, bevor ich in den Kosmos flog, mal als Fachgutachter in einer lokalen Sicherheitskommission tätig und hatte nichtindustriell gefertigte technische Gebrauchsgegenstände einzuschätzen.“
    „Was ist denn das?“ fragte Tondo verblüfft.
    „Kurz ausgedrückt: Basteleien. Du wirst gleich verstehen, was ich meine. Also: Technische Basteleien von einer gewissen Leistung an mußten genehmigt werden, damit sie keinen Schaden anrichteten. Unsere Hauptkunden waren die Leute von einem örtlichen Bastelbezirk. Die hatten einen verrückten Stolz: Sie wollten vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt alles selbst machen, mit primitivstem Werkzeug, ohne Industrie.“
    „Aber warum?“ fragte Tondo, ein wenig verwirrt.
    „Nun – aus Spaß an der Freude.“
    „Und was haben die gemacht?“
    „Zuerst einfache Werkzeuge und Anlagen, um die Rohstoffe zu verarbeiten, dann komplizierte Werkzeuge und immer so weiter, und schließlich das Hauptprodukt, Ziel und Zweck des Ganzen: ein Fahrzeug, in dem der ganze Verein in der Stadt herumkutschte. Es war eine Sensation. Aber wir mußten es zulassen und haben es sogar gern getan, es genügte allen Sicherheitsvorschriften.“
    „Ich fange an zu verstehen“, sagte Tondo. „Du meinst, auf einer gewissen Höhe der Technologie ist es möglich, auch komplizierte Maschinen sozusagen handwerklich herzustellen.“
    „Ja, wenn die Technik so hoch entwickelt ist, daß man für jedes Teilproblem nicht ein oder zwei, sondern hundert Lösungen zur Auswahl hat.“
    „Und was die Präzision betrifft“, fügte Tondo lebhaft hinzu, „kann ich auch mit einigen Kuriositäten aus der menschlichen Geschichte aufwarten. Es gab da Leute, die haben Porträts in ein Menschenhaar geschnitzt und die Texte ganzer Bücher in einen Kirschkern – hm. Dann wäre also wenigstens theoretisch die Möglichkeit der Roboterproduktion auf Bastlerbasis begründet.“
    „Ja“, sagte Raja, „bis auf die Produktion der Gehirne. Die kann ich mir beim besten Willen nicht so vorstellen, weil man sich dabei mit Molekularstrukturen befassen müßte. Obwohl, wenn man eine große Menge davon herstellt, dann sind vielleicht doch ein paar Milliprozente geeignetes Material darunter…“
    „Siehst du!“ triumphierte Tondo. „Mir genügt schon deine Bestätigung, daß es nicht

Weitere Kostenlose Bücher