Die blaue Sonne der Paksi
Gesellschaft. Ein Experiment aber muß Anfang und Ende haben! Sie müssen also schwerwiegende Gründe dafür gehabt haben. Und jetzt hilf mir mal: Wie siehst du die Perspektive dieser Paksi?“
Die Frage überraschte Tondo. Sein Denken war in letzter Zeit auf die Vergangenheit der Paksi gerichtet, nicht auf ihre Zukunft. Auf Anhieb fielen ihm nur Binsenwahrheiten ein, die Raja so gut wußte wie er: gesetzmäßige Prozesse wie Entwicklung von Industrie, Ausbreitung über den ganzen Planeten, Überwindung des Klassenstadiums und Errichtung der klassenlosen Gesellschaft…
„Wie lange gibst du ihnen dafür?“ fragte Raja.
Tondo staunte. Eine solche Frage hatte er von Raja nicht erwartet, von jedem anderen vielleicht, aber nicht von Raja, für die sonst die geringste Unbestimmtheit genügte, um einen Gedanken als Spekulation abzulehnen.
„Ich sehe förmlich, was du denkst“, sagte Raja vergnügt. „Aber wenn wir schon Hypothesen ausbrüten, dann auch möglichst kühn und verrückt. Na gut, ich frage behutsamer, beispielsweise so: Werden sie sich schneller entwickeln als die menschliche Gesellschaft im vergleichbaren Stadium?“
„Es gibt mindestens ein Dafür und ein Dagegen“, antwortete Tondo zögernd. „Dagegen steht, daß sie die Hände zum Sprechen brauchen, also nur entweder produzieren oder kommunizieren können. Allerdings setzt die Maschinenbedienung die Notwendigkeit sprachlicher Kommandos herab. Zweitens steht dagegen, daß ihre Zahl für diese Entwicklung sehr klein ist.“
„Das sind schon zwei Dagegen“, warf Raja ein.
„Stimmt, aber auf der anderen Seite steht ein ganz besonders dickes Dafür. Arbeit ist ihr erstes Lebensbedürfnis. Jedenfalls entnehme ich das deinen Erklärungen über ihre Produktionsweise.“
„Ja, und?“ fragte Raja verwundert.
„Du kennst die Geschichte schlecht“, sagte Tondo lachend. „In der menschlichen Klassengesellschaft war die Arbeit erzwungen, zuerst mit nackter Gewalt, später ökonomisch. Der Mensch fühlte sich, wenn überhaupt, erst nach der Arbeit als Mensch. Begreifst du, was das für die Produktivität, für das Tempo der Entwicklung bedeutete?“
„Unvorstellbar!“ erwiderte Raja.
„Ja, ich denke, ihr Entwicklungstempo wird unvorstellbar schneller sein“, sagte Tondo, der Rajas Bemerkung auf die Gesellschaft der Paksi bezogen hatte.
„Mir geht es immer noch um den Zweck, den die Leute verfolgt haben könnten, die diese Robotergesellschaft in Gang gesetzt haben“, sagte Raja nachdenklich. „Ich habe einen Gedanken, doch der ist noch etwas unklar. Und absolut verrückt. Ich weiß nicht, ich möchte am liebsten damit rausplatzen, aber besser ist wohl, ich taste mich heran. Also – die Kuppel ist älter als die Paksi?“
„Ja, das ist wohl erwiesen.“
„Was wird aber länger existieren – die Kuppel oder die Paksi?“
„Du stellst heute Fragen!“ sagte Tondo, aber nicht entrüstet, sondern fast ergriffen. „Auf solche Fragen muß man erst kommen! Ja, wie ist das? Als Historiker sage ich natürlich: Eine Gesellschaft ist millionenmal dauerhafter als jede technische Einrichtung. Tektonische Entwicklungen zum Beispiel könnten die Kuppel zerstören, aber nicht die Gesellschaft. Warte mal – du meinst, die künstlich erzeugte Gesellschaft ist ein Mittel der Erbauer, langfristig präsent zu sein?“
„Die Kuppel steht in einem seismisch ruhigen Gebiet. Wenn man also damit rechnen kann, daß die Paksi in einer unbedeutenden Zeitspanne so weit reifen, daß sie die Geheimnisse der Kuppel verstehen und nutzen können, hat die Kuppel ihren Zweck erfüllt. Ich denke, sie enthält die technischen Mittel, mit den Urhebern in Verbindung zu treten.“
„Und damit sie inzwischen keinen Unfug mit der Kuppel anstellen, gibt es das verlorene Wort, das sie erst wiederfinden, wenn sie soweit sind!“ meinte Tondo lebhaft.
„Wie weit?“ fragte Raja.
„Na, so weit, daß… Hm. Tatsächlich, da ist ein Haken. Wie kann gesichert werden, daß sie das Wort erst finden, wenn sie die Klassengesellschaft hinter sich haben? Ist es nun technisch oder ideell verschlüsselt?“
„Und nun frage ich noch einmal“, sagte Raja mit seltsamer Spannung in der Stimme, „wie lange, grob geschätzt, brauchen die Paksi von ihrer Entstehung bis zur klassenlosen Gesellschaft?“
„Sagen wir mal – zehntausend Jahre?“ bot Tondo unsicher an, halb als Frage.
„Dann würde das Ganze nur Sinn haben, wenn die Urheber der Robotergesellschaft höchstens alle
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