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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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weiter!“ Tondo war erregt; die gefundene Hypothese hatte seine Gedanken beflügelt.
    „In welchem Kreis?“ fragte Hellen freundlich.
    „Wie? Ach so – im Kreis der Fakten, die wir bis jetzt zusammengetragen haben. Man sieht nicht, welche wichtig sind und welche unbedeutend. Ich habe auch noch kein Gefühl dafür – weißt du, was ich meine?“
    „Ja, das weiß ich sehr gut“, sagte Hellen nachdenklich. „Vielleicht sind es…“ Sie verstummte, denn sie war sich nicht klar darüber, ob Tondo ihrem Gedanken folgen würde. Doch dann fuhr sie fort: „Vielleicht sind es nicht zuwenig Fakten, sondern zuviel!“ Tondo wollte protestieren – aber dann schwieg er. Hellen hatte wohl recht. Was sie bisher über die Paksi gesammelt hatten, konnte eine ganze Akademie beschäftigen.
    Raja hatte den Wortwechsel der beiden aufmerksam verfolgt und freute sich, daß keine Schroffheit zwischen sie getreten war. Sie bewunderte wieder einmal, was ihr schon so oft an Hellen aufgefallen war, mitunter bei unbedeutenden Gelegenheiten, die den Jüngeren sicherlich entgangen waren: Hellen besaß die Gabe zu leiten, ohne ihre Autorität oder ihre geistige Überlegenheit in die Waagschale zu werfen, sondern indem sie jedem im Sinne und Interesse des gemeinsamen Auftrages zur Entfaltung verhalf. Jetzt sah Raja eine Gelegenheit, sie darin zu unterstützen. „Wie wäre es mit einer heuristischen Hypnose?“ fragte sie, mit einem Blick auf Tondo.
    Hellen schwieg eine Weile. Dann sagte sie: „Kommt mit.“
    Tondo war ein bißchen geschmeichelt, aber mehr noch verwundert. Er kannte diese Methode zwar nur vom Hörensagen, meinte aber zu wissen, daß sie fast ausschließlich auf naturwissenschaftlichem Gebiet angewandt wurde, und auch da nur in der Erkundungsforschung, bei bedeutenden Leuten, falls diese das wünschten. Aber statt eines Hochgefühls war ihm nur ein wenig bange. Was, wenn nichts herauskäme? Wäre er da nicht blamiert? Und wäre nicht, was schlimmer war, künftiges Drängen seinerseits von vornherein abgewertet?
    „Kann schon sein, daß nichts dabei herauskommt“, sagte Hellen. Sie wußte ungefähr, was in jemandem vorging, der sich zum erstenmal dieser Methode unterzog. Sie setzte leidenschaftliches Interesse am Gegenstand ebenso voraus wie gerade jenes Umherirren im Kreis der Fakten, von dem Tondo gesprochen hatte, drängenden Willen und Unsicherheit in der Wahl der Richtung, also auch Hoffnungen und Befürchtungen in gleicher Heftigkeit, den Ausgang des Experiments betreffend. „Rajas Stimme ist dir wohl am angenehmsten“, fügte sie hinzu, als sie das Raumschiff betraten, es war mehr eine Feststellung als eine Frage, und Tondo brauchte nicht zu antworten, so sicher war sie sich.
    Es begann damit, daß sie eine Liste knappster Formulierungen von allen in Frage kommenden Fakten zusammenstellten: die Buchstaben der Paksisprache, alte Götter, neue Götter, Seele, Körper, Sonnensymbol, Familie, Fürstenhof, Götterbote, Räuber, verlorenes Wort und so weiter. Es wurde eine ziemlich lange Liste. Dann sprach Raja diese Bezeichnungen langsam und monoton in ein Mikrofon.
    Erst als alle sachlichen Vorbereitungen getroffen waren, erläuterte Hellen, was geschehen würde. „Du wirst in einer abgeschirmten Kammer in hypnotischen Schlaf versetzt. Dann senken wir die Schwerkraft auf etwa vier Fünftel der irdischen Gravitation, das ist der Zustand, bei dem die maximale Entspannung eintritt. Dann wird Rajas Stimme dir die Fakten vorsagen, und zwar stets in veränderter Reihenfolge, die ich je nach den Zwischenergebnissen variieren werde. Über Elektroden werden deine Hirnströme genommen, ähnlich wie beim EEG. Sie zeigen uns zunächst, auf welche Fakten du emotional oder, richtiger, mit Reizung oder Hemmung reagierst. Dann gehen wir zu Verbindungen zwischen diesen Fakten über, mischen auch mal welche von den sozusagen neutralen bei und erproben eventuell verschiedene Formulierungen ein und desselben Fakts. Ziel ist, herauszufinden, ob es Denkergebnisse gibt, die dir noch nicht bewußt geworden sind. Meistens gibt es welche. Ob sie allerdings objektive Sachverhalte widerspiegeln oder über rein subjektive Assoziationsbrücken entstanden sind, läßt sich an den Geräten nicht ablesen. Das ist dann Gegenstand der bewußten Analyse. Hast du noch Fragen?“
    Tondo hatte keine Fragen mehr. Er ging in die Kammer und ließ sich die Elektroden an den Kopf kleben. Da Hellen ihn genau kannte, gelang es ihr leicht, ihn in Hypnose zu

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