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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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gekommen. Alles, was sie gehört hatte, schien darauf hinzudeuten, daß die Steine eine Schlüsselstellung in der Produktion der datenverarbeitenden Teile der Roboter einnahmen und daß durchaus nicht alle sofort gebraucht würden.
    Raja drehte sich um und zeigte auf den Weg zurück, den sie genommen hatten, so als fiele ihr dort in der Wüste etwas auf, wonach sie fragen wollte. Auch der Götterbote drehte sich um, den Rücken dem Tal zu. „Brauchen Sie die Steine sehr schnell?“ fragte sie.
    Der Götterbote schien rasch zu verstehen, kein Wunder, immerhin war er ein exponierter Pak.
    „Einer würde zunächst genügen“, sagte er, „die anderen vielleicht nach und nach. Solange noch etwas aussteht, wird der Iskatoksi kaum die Beziehungen zu Ihnen aufs Spiel setzen. Ach, und noch etwas, bevor wir uns wieder umdrehen: Vertrauen Sie diesem Ito, der als Gesandter bei Ihnen ist, nicht allzuviel an.“
     
    Tondo hatte sich ernsthaft bemüht herauszufinden, was seine Reaktionen bei der heuristischen Hypnose bedeuteten, aber das Ergebnis war bisher mager. Nur die Reaktion auf das Wort „fünfzehn“ glaubte er geklärt zu haben: Das Symbol der blauen Sonne hatte zwar fünfzehn Strahlen, das war richtig, aber diese Strahlen waren unterschiedlich – sechs waren lang und neun kurz, so daß man eigentlich statt fünfzehn genauer sechs und neun sagen sollte oder, wenn man eine Zahl haben wollte, sechs Komma neun. Aber alles Weitere blieb dunkel. Ohne zusätzliche Bezugspunkte und Hinweise war diese Zahl genauso stumm wie die Fünfzehn.
    Dann aber hatte Rajas Meldung und ihr bald darauf folgender ausführlicher Bericht die Raumfahrer in einen Wirbel von Auseinandersetzungen versetzt.
    Tondo fand sich in seiner Auffassung bestätigt, das ängstliche Vermeiden weiterer Kontakte sei sinn- und nutzlos. Es zeigte sich ja jetzt, daß die Menschen dadurch den reaktionärsten Teilen der Paksigesellschaft halfen, und das erfüllte ihn mit einem gerechten Zorn. „Wir können uns nicht mehr heraushalten“, sagte er erregt, „wir sind doch schon mittendrin! Wir müssen sofort mit dieser Kolonie Verbindung aufnehmen!“
    „Du gehst also davon aus“, fragte Hellen, sanft wie immer, „daß diese Kolonie – wenn das Wort den Sachverhalt richtig wiedergibt – eine fortgeschrittenere Gesellschaftsordnung repräsentiert?“
    „Ja – natürlich“, sagte Tondo, etwas verwirrt, „in Ansätzen wenigstens!“
    „Das ist aber nur eine Vermutung“, meinte Hellen. „Nichts gegen die Allgemeingültigkeit der gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze, aber wer sagt denn, daß das Stadium der Klassengesellschaft hier bei den Paksi in der gleichen Stufenfolge abläuft wie in der irdischen Altgeschichte?“ Sie wandte sich an Ming. „Wann haben wir genügend Treibstoff zusammen?“
    „In vierzehn Tagen etwa“, antwortete Juri statt seiner.
    „Dann werden wir starten“, sagte Hellen. „Die Geschichte der Paksi wird auch ohne uns ihren gesetzmäßigen Verlauf nehmen.“
    Tondo war wie vor den Kopf geschlagen. War das Zynismus? Er lauschte noch einmal den eben verklungenen Worten Hellens nach – nein, davon war nichts zu spüren, damit täte er Hellen unrecht. Aber wie konnte sie dann so etwas vorschlagen? Begriff sie, die Kommandantin, gar nicht, was sie da sagte? Tondo blickte die anderen Gefährten an, er sah nicht, daß Hellens Äußerungen einen davon sonderlich erregt hätte. Freilich, keiner von ihnen hatte sich je im Leben gründlich mit den Problemen der Klassengesellschaft befaßt, auch Hellen wohl nicht. Nein, auch Hellen nicht! Und ihre Überlegenheit, auf allen anderen Gebieten vorhanden und entsprechend zu respektieren, existierte auf diesem Gebiet nicht!
    Nein, sie wußte wirklich nicht, was sie da sagte. Wußte nicht, daß sie eine der dümmsten und abgeschmacktesten Ausreden wiederholte, die in der Periode gang und gäbe waren, als die menschliche Gesellschaft sich aus ihren Fesseln befreite, Ausreden für die Furchtsamen, Bequemen und Denkfaulen. Ganze Theorien und Philosophien hatten sich darum gerankt, ausgearbeitet von intellektuellen Dienern des Alten, um dieses: Wenn alles gesetzmäßig abläuft, dann braucht man sich ja nicht abzurackern, sondern kann in aller Ruhe abwarten, was sich am Ende durchsetzt…
    Nein, es gab keinen Zweifel: Hellen war das nicht bewußt. Sie dachte und handelte nur aus Sorge um das Raumschiff, aus ehrlicher und überzeugter Sorge. Aber das war es ja gerade! Sie hatten mehr zu besorgen

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