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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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winzigen Zipfel des Schleiers zu lüften, den sie über die wirklichen technischen Möglichkeiten der Menschen vorsorglich gebreitet hatten.
    Die Produktionsabschnitte, die bei der Herstellung der datenverarbeitenden Teile der Roboter, ihrer „Seelen“, durchlaufen werden mußten, waren für Raja und Utta schon vorher klar – sie ergaben sich aus dem Produkt. Ein Glasfaden entsprechender Dünne und Reinheit mußte hergestellt und mit Fremdatomen dotiert werden; dann mußten der Faden gebündelt, die Bündel in tausendstel Millimeter starken Scheiben quergeschnitten und die Scheiben zu unterschiedlichen Blöcken, die Blöcke schließlich zum Ganzen zusammengesetzt werden. Aber wie das alles ohne Präzisionsgeräte, ohne Hochvakuum, hochbeschleunigten Ionenstrahl, also kurz ohne alle Raffinessen eines hochentwickelten wissenschaftlichen Gerätebaus vor sich gehen sollte – das eben erfüllte sie mit großer Spannung.
    Düstere Gänge im Felsen. Die Seelen der Paksi wurden nicht im Himmel geboren, sondern in der Hölle – das war der erste Eindruck, den Utta und Raja hatten. Sie konnten sich in der großen Höhle, die sie zunächst betraten, nur mit geschlossenem Helmvisier aufhalten, so groß war die Hitze, so beißend der Dampf, so erstickend der feine Glasstaub – alles freilich Faktoren, die den Paksi nichts oder kaum etwas ausmachten. Was da allerdings geschah, war nicht einfach erstaunlich – es war im Grunde genommen unglaublich.
    Durch Sammellinsen gebündeltes Sonnenlicht schmolz das Glas, verdampfte Metall; ein scharf gebündelter Strahl drückte Metallionen an der Stelle in den Glasfaden, wo er entstand – viel zu dick, viel zu grob, viel zu ungenau alles. Dann wurde der Faden durch Edelsteindüsen gezogen und auf die erforderliche Stärke gebracht, nun gut, aber die Dotierung? Übrigens war hier einer der Engpässe, hier wurden die Saphire gebraucht. Hätte man das vorher gewußt, wäre der Umweg über den Iskatoksi mit seinen gefährlichen Folgen nicht notwendig gewesen, aber das war wohl für die Götter wie für den Iskatoksi jetzt schon keine ökonomische Frage mehr, sondern eine politische.
    Und dann löste sich das Geheimnis, wie taugliches, das heißt genau dotiertes Material entstehen konnte, auf die denkbar einfachste Weise: Rund neunzig Prozent des Fadens wanderten als Ausschuß zurück in den Stoffkreislauf, höchstens zehn Prozent, manchmal auch weniger, wurden für brauchbar befunden.
    Aber genau das, die Qualitätskontrolle, war nicht mehr mit der Technologie lösbar, die den Paksi zur Verfügung stand. An diesem Punkt hatten die unbekannten Schöpfer der Paksi zu einer fragwürdigen Notlösung greifen müssen. Raja und Utta, die beide das geniale Werk grenzenlos bewunderten, empfanden das fast wie eine persönliche Kränkung. Die Schöpfer hatten den Paksi für diesen Zweck ein spezielles Meßgerät in großer Stückzahl hinterlassen. Wahrscheinlich hatten sie die Zahl so berechnet, daß sie ausreichte, bis die Paksi sich selbst so weit entwickelt hätten, daß sie es nachbauen konnten oder aber nicht mehr benötigten. Doch sie hatten sich verrechnet; es existierte jetzt nur noch eine kleine Anzahl, ausreichend vielleicht für ein paar hundert Jahre, wie der Götterbote, der sie führte, erklärte.
    Oder hatten sich nicht die Schöpfer, sondern die Paksi verrechnet? War das vielleicht eine Bremse, die verhindern sollte, daß sie sich unkontrolliert und sprunghaft vermehrten, bevor sie das gesellschaftlich vertragen konnten?
    Raja wies stumm nach draußen, der Götterbote verstand ihre Geste und führte sie aus dem Saal. In den angrenzenden Räumen, wo gebündelt, geschnitten, gepreßt und weiterverarbeitet wurde, ließ es sich zur Not atmen.
    Hier jedoch wurde Raja und Utta das noch viel Erstaunlichere bewußt: Von all den vielen Paksi, die hier mit Hilfe von Lupen und sogar primitiven Mikroskopen verblüffende Präzisionsarbeit leisteten, wußte nicht einer, was er tat. Jeder hatte die Handgriffe wie einen Ritus von seinem Vorgänger erlernt, und hinter den jetzt Arbeitenden standen andere, die nur zusahen und sich jede Bewegung so lange einprägten, bis sie ihnen…, beinahe hätte Raja gedacht: in Fleisch und Blut übergegangen waren. Aber Wesen aus Fleisch und Blut hätten diese absolut exakte Wiederholung über viele Generationen hinweg wohl gar nicht zustande gebracht.
    „Nun“, fragte der Götterbote, „können Sie uns helfen?“
    „Haben Sie von den bereits verbrauchten

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