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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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der Mond aufgeht“, sagte Juri. Seine Stimme war jetzt ganz anders, locker, aufgeräumt, freundlich. Eine Arbeit war getan, ein Auftrag war erfüllt. „Na komm“, fügte er hinzu. „Auch historische Persönlichkeiten müssen schlafen.“
    Keine Minute verging, und Utta hörte an Juris regelmäßigen Atemzügen, daß er schlief. Und sie stellte verwundert fest, daß sie sich völlig sicher fühlte. Sie war gewiß kein Angsthase, aber hier, in unmittelbarer Nähe dieser seltsamen Roboter, die sich gegenseitig bekämpften, hätte sie doch normalerweise wenigstens unruhig sein müssen. Sie war es nicht. Und da ihr so etwas heute schon mehrmals begegnet war, fragte sie sich, ob denn dieser Juri wirklich schon soviel Einfluß auf sie hatte? Mit diesem kleinen Staunen über sich selbst schlief sie ein.
    Sie erwachten fast gleichzeitig. Daran war nichts Besonderes. Sie hatten sich ja auf den Aufgang des Mondes eingestellt. Und trotzdem mußten sie darüber lachen.
    Sogleich meldete sich auch das Raumschiff. Raja war in der Zentrale. „Was habt ihr jetzt vor?“ fragte sie.
    „Erst einmal bis zum Waldrand gehen“, sagte Juri, „und sehen, ob sich im Tal irgend etwas tut.“
    Vom Waldrand konnten sie den gegenüberliegenden Hang, den Nordhang des Kamelrückens, gut erkennen, er wurde schon bis zur Talsohle vom Mond beleuchtet.
    „Kein Roboter zu sehen“, meldete Juri. „Gegenüber, in halber Höhe am Hang, gibt es eine Höhle, in die ist kein Roboter zum Übernachten gegangen, aber ihre Beute haben sie da untergebracht. Die möchte ich mir mal ansehen.“
    „Gut“, sagte Raja. „Aber eine Bitte habe ich noch. Wenn ihr diese Höhle untersucht habt und wenn euch sonst kein Roboter begegnet ist, könnt ihr dann mal ganz vorsichtig einen Blick in eine der Höhlen da unten werfen, wo sie übernachten?“ Rajas Stimme hatte einen merkwürdig gespannten Klang. „Es ist sehr wichtig“, fügte sie hinzu.
    Utta wollte fragen, warum, aber da Juri nichts sagte, unterließ sie es.
    Juri mußte sich den Weg, den die Roboter gegen Abend am Hang genommen hatten, fest eingeprägt haben. Denn obwohl es keinen sichtbaren Pfad dahin gab, stockte er nicht ein einziges Mal. Sehr bald standen sie auf einem kleinen Felsvorsprung.
    „Hier wird es sein“, sagte Juri und schaltete die Helmleuchte ein. Die Zweige eines Rankengewächses, die von oben herabhingen, verdeckten ein Loch, das unten mit einigen größeren Steinen verstellt war. Es machte nicht viel Mühe, den Eingang freizulegen. Bis zu einer Biegung, etwa fünf Meter entfernt, war der Stollen leer. „Na, dann los!“ Juri bückte sich und ging hinein. Utta folgte ihm. Hinter der Krümmung wurde der Gang so niedrig, daß sie kriechen mußten, aber dann öffnete sich vor ihnen eine geräumige Höhle.
    Juri ließ den Strahl seiner Lampe kreisen, dann richtete er sich auf.
    Utta kroch aus dem Gang und wollte gleich loslaufen, quer durch die Höhle.
    „Warte!“ sagte Juri und leuchtete die Decke der Höhle ab.
    „Was suchst du denn da oben?“ fragte Utta.
    „Erinnerst du dich, was die Roboter in der Hubschrauberschleuse gemacht haben? Sieh dir mal die Decke an – alles sauber beräumt. Ist wohl nichts mit Tondos Hypothese von der Defunktionierung.“
    Utta überlegte: Die Roboter hatten die Decke gesäubert, daß kein Gestein herabfiel. Das bedeutete, sie hatten Erfahrung im Höhlenleben…, also mußten sie schon lange… oder… „Oder sie sind darin unterwiesen worden“, sagte Utta.
    Juri war überrascht. An diese Möglichkeit hatte er nicht gedacht. Aber er hatte ja auch gar keine Schlußfolgerungen ziehen wollen, ihm war es um ihre Sicherheit gegangen, und das mit Tondos Hypothese war ihm eigentlich nur herausgerutscht, weil er sich immer noch ein bißchen über die Startverschiebung und damit über Tondo ärgerte. Dabei hatte er gar keinen echten Grund dafür, nichts zog ihn so eilig zur Erde zurück, es war nur seine Schwerfälligkeit, sein Beharrungsvermögen, mit dem er an einer einmal getroffenen Planung festhielt, wenn die anderen innerlich längst umgeschwenkt waren. In welchem Gegensatz dazu stand die Leichtigkeit, mit der diese junge Frau neben ihm seine Gedanken aufnahm und weiterführte! Für diese Leichtigkeit bewunderte er sie jetzt, neidlos, weil er alle bewunderte, die etwas hatten, was ihm fehlte. Und er glaubte nun auch zu verstehen, daß ihr Widerspruchsgeist, der ihn manchmal störte, nur ein Ausdruck eben dieser Beweglichkeit des Denkens

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