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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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einem anderen Menschen zusammen gelebt, daß er diesem das Recht zugestanden hätte, in seine innersten Regungen einzudringen, hatte dies übrigens noch nie sehr gern gemocht. Und weil das alles zusammenkam, reagierte er so grob, daß er selbst darüber erstaunt war und daß es ihm gleich hinterher leid tat.
    „Ja, ich schäme mich“, sagte er, „und ich denke, das ist mein gutes Recht. Ich mag es nicht, wenn mir jemand in der Seele rumwühlt. Aber damit du nicht denkst, daß ich stur bin – wenn dir soviel daran liegt, nehme ich deinen Vorschlag an und fliege zum Raumschiff. Schluß der Debatte!“
    Utta hätte Grund gehabt, beleidigt zu sein. Aber sie war nur traurig. Eine gute, freudige Stimmung brachte auch sie nicht mehr zuwege, und so verließ sie dann bald den Schweber, mit dem Juri zum Raumschiff zurückflog.
     
    Am folgenden Morgen blieb Raja in der Höhle. Zum erstenmal war sie allein unter so vielen Paksi. Sie mußte sich damit abfinden, und sie wußte auch schon, daß das keine einfache Angelegenheit war.
    Die Abscheu, die sie den Paksi gegenüber empfand, wurde immer mehr zu einem Hemmnis, sie mußte damit fertig werden, mußte dieses Gefühl überwinden. Es bestand kein Zweifel mehr, daß diese Roboter gesellschaftliche Wesen waren, und folglich hatte sie die Pflicht, sie als solche zu respektieren, auch in ihrem Fühlen und Empfinden.
    Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie reagieren würde, wenn sie auf eine urtümliche Horde einer primitiven, aber biologisch entstandenen Gesellschaft gestoßen wäre, und sie war sich ziemlich sicher, daß sie freundlich und hilfsbereit gewesen wäre. Aber wer weiß – wenn diese Horde eine andere überfallen und totschlagen würde… War es vielleicht gar nicht die Maschinenstruktur der Paksi, die sie abstieß, sondern ihr gesellschaftliches Verhalten? Aber nein, sie entsann sich ganz deutlich, aufgekommen war diese Aversion zuerst beim Blick in die unbeweglichen Gesichter, die keine Gesichter, sondern Maschinenfassaden waren. Doch hatte sie nicht inzwischen gelernt, in den Gesten wie in Gesichtern zu lesen?
    Da war dieser Kisa. Er hatte zuerst und am meisten das Gefühl der Abscheu in ihr erregt, wohl deshalb, weil sie am häufigsten mit ihm zu tun hatte. Aber hatte nicht gerade er sich als – nun ja, wirklich –, als Freund erwiesen, hatte er nicht gewarnt, nützliche Ratschläge gegeben… Gut, vielleicht kämpften hier Interessengruppen gegeneinander, das war ja auch an irdischen Fürstenhöfen gang und gäbe gewesen, und vielleicht bezog er sie nur ein in das vorläufig undurchschaubare Spiel seiner speziellen Interessen. Aber wie auch immer – die Abneigung gerade gegen ihn war durch nichts gerechtfertigt…
    Wie von ihren Gedanken herbeigerufen, erschien in diesem Augenblick Kisa und betrat ihre Höhle. Die Gesten, die seine Begrüßungsworte begleiteten, waren knapper als sonst. Raja schloß daraus, daß er etwas Dringliches mitzuteilen hatte – beinahe hätte sie gedacht: auf dem Herzen hatte. Sie fragte ihn direkt, nicht mehr über den Omikron, was er für Neuigkeiten bringe.
    Die Karawane solle von Räubern überfallen werden, berichtete er. Der Iskatoksi habe dem Anführer der Karawane eine Marschroute befohlen, die ein Umweg sei und durch das Gebiet führe, in dem die Räuber operieren, und er habe zugleich über heimliche Querverbindungen die Räuber informiert. Er verfolge damit die Absicht, die Räuber und die Fremden gegeneinander auszuspielen.
    Woher er das wisse, fragte Raja den Fürsten.
    Auch er habe seine Verbindungen, antwortete Kisa.
    Was nun seiner Meinung nach zu tun sei, wollte Raja wissen.
    Ihm sei bekannt, sagte Kisa, daß die Fremden die Möglichkeit hätten, schneller als der Wind von einem Ort zum anderen zu gelangen. Wenn man ihn jetzt gleich zu den Räubern bringen würde, dann könne er den Überfall verhindern und damit auch die Konfrontation zwischen den Räubern und den Fremden.
    Da war es wieder, das Mißtrauen. Raja registrierte es fast unwillig. Aber sie konnte sich dem Verdacht nicht entziehen, daß Kisa und andere, die vielleicht hinter ihm standen, nur die Technik der Raumfahrer auskundschaften wollten. Warum gerade er, ein Fürst, dieses Spiel des Iskatoksi durchkreuzen wolle, fragte sie.
    Ob er den Fremden trauen könne, fragte Kisa zurück. Ob sie sich für alle Fremden verpflichten könne, jedem Pak gegenüber zu schweigen über das, was er ihr zur Beantwortung ihrer Frage mitteilen müßte?
    Raja zögerte.

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