Die blaue Sonne der Paksi
Karawane erheblich nach Süden abwich, von der Luftlinie zwischen dem Hof des Iskatoksi und dem Raumschiff. Zunächst beruhigte sie sich damit, daß nicht immer der gerade Weg die verkehrsmäßig günstigste Verbindung sei und daß die Paksi das Gelände besser kennen müßten als die Menschen, und dachte nicht weiter darüber nach. Denn noch immer grübelte sie, wie es zu der Verstimmung kommen konnte, in der sie sich am Vorabend von Juri getrennt hatte.
Nicht etwa, daß ihre Gefühle für ihn nun abzukühlen begannen – im Gegenteil, Hindernisse aktivierten sie. Aber sie wußte nun bald nicht mehr, was sie mit diesem Dickschädel anstellen sollte. Geduld war nicht ihre stärkste Seite, und schon gar nicht in diesem Fall, in dem ihrer Meinung nach alles eindeutig klar war: Sie liebten sich, davon war sie felsenfest überzeugt, und Juris Zögern bestätigte ihr nur, daß es auch ihm ernst war. Keiner von ihnen brauchte sich von jemand anders zu trennen, keiner verletzte irgend jemandes Gefühle, wenn sie sich verbanden. Warum denn nun bei allen Sternen der Milchstraße nicht den entscheidenden Schritt tun und sich öffentlich erklären?
Zwar hatte das in erster Linie moralische Bedeutung, doch auch gewisse praktische Folgen. Wenn sie offiziell verbunden waren, würde man das bei der Einteilung der Arbeiten berücksichtigen und sie bevorzugt zusammen einsetzen, das war so Brauch…
Plötzlich fiel Utta auf, daß ihr Schatten etwas rechts vor ihr lag. Es war vormittags, sie gingen also fast direkt nach Süden. Das war wohl nicht mehr mit der Wahl eines günstigeren Weges zu erklären. Das einfachste wäre nun gewesen, sie hätte das Raumschiff gerufen, von dort würden sie ihren Sender anpeilen und ihren Standort feststellen können. Aber eine Art Trotz hinderte sie daran, das sofort zu tun – sie wollte selbst daraufkommen, was hier gespielt wurde. Juri würde an ihrer Stelle auch nicht gleich um Hilfe schreien, und er sollte auch auf keinen Fall denken, daß ihr der Austausch jetzt leid tue oder sie nicht mit der Aufgabe fertig werde. Sie zögerte noch, als die Spitze der Karawane deutlich nach Westen einschwenkte – na also, alles in Ordnung!
Zur vollen Stunde meldete sie sich beim Raumschiff, und das Raumschiff registrierte ihre Meldung wie gewöhnlich, also ohne spezielle Messungen und Rückfragen.
Bald darauf wurde das Gelände schwierig. Ein Bergmassiv tauchte auf, das umgangen wurde, schräge Geröllflächen waren zu überwinden. Utta mußte sich körperlich sehr anstrengen, und dabei wurde ihr bewußt, daß die Auswahl einer besseren Wegstrecke wohl nicht der Grund für das Abweichen nach Süden gewesen sein konnte. Was aber dann? Ihr fiel die Ausrede des Iskatoksi ein, jene nicht abgesandte erste Karawane, die angeblich von Räubern überfallen worden war, und sie fragte sich, ob dieser heimtückische Herrscher nicht vielleicht absichtlich einen Zusammenstoß mit den Räubern provozierte, indem er die Karawane weiter südlich marschieren ließ.
Sie holte eine Karte hervor und versuchte die zurückgelegte Wegstrecke abzuschätzen. Ja, wahrscheinlich waren sie jetzt etwa in Höhe der großen Biegung, die der Fluß um das Gebirge machte, also wohl in einem Gebiet, das von den Räubern kontrolliert wurde. Sie hatte nicht etwa Angst vor einer solchen Begegnung, sie würde schon damit fertig werden. Doch sollte sie das Raumschiff nicht besser von ihrer Vermutung informieren? Als sie noch darüber nachdachte, blieb der Anführer an der Spitze der Karawane plötzlich stehen.
Utta eilte nach vorn, an den Trägern und Weißkitteln vorbei, die sich ebenfalls nicht weiterbewegten. Dann sah sie, daß eine breite Spur, von Südwesten kommend, ihren Weg schnitt. Sie führte auf das Massiv zu, das sie eben umgangen hatten.
Es war fast windstill, und die Spur war daher noch nicht verweht. Es mußten viele hier gegangen sein, die Abdrücke überlagerten sich meist, nur an einigen Stellen waren einzelne Fußspuren zu sehen, darunter auch solche, die nicht von normalen Roboterfüßen stammten, sondern anscheinend von irgendwelchen Behelfskonstruktionen. Also waren wohl Räuber hier entlanggezogen. Utta bedauerte jetzt, daß sie die Sprache der Paksi nicht gründlicher gelernt hatte; so verstand sie nicht alles, was der Anführer der Karawane mit zwei, drei anderen Weißkitteln, Unterführern offenbar, besprach. Aber das hätte ihr jetzt auch nichts mehr genützt. Hinter einem Hügel, der zwischen ihnen und dem
Weitere Kostenlose Bücher