Die Bleiche Hand Des Schicksals
einen Stapel Law Enforcement Quarterlies umgestoßen.«
»Geschieht Ihnen recht, wenn Sie nie aufräumen.« Harlene drehte sich wieder zu ihrer Schalttafel.
»Wieso zum Teufel braucht er so lange?«
Sie wirbelte wieder zu ihm herum. »Deborah Clow hat kleine Kinder, wissen Sie noch? Vielleicht muss sie jemanden organisieren, der auf sie aufpasst.«
»Oh.« Er wusste, dass er klang, als würde er selbst einen Aufpasser brauchen. »Ich dachte, ihre Mutter …«
Harlene hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Sie zog das Mikrofon wieder an den Mund. »Fahren Sie fort, fünfzehn sechsundvierzig.«
Russ klemmte sich eine Krücke unter den Arm und beugte sich vor, um den Schalter für die Lautsprecher zu betätigen. Harlene schlug seine Hand weg und legte den Schalter selbst um. »… ungefähre Ankunftszeit in zwanzig Minuten«, sagte Noble gerade. »Ms. Clow hat eingewilligt, mich zu einer Befragung zu begleiten. Anwalt kontaktiert, also stellt euch auf einen Anzugträger ein. Fünfzehn sechsundvierzig, over.«
Die Verdächtige hatte vor der Abfahrt einen Anwalt angerufen, der hier erscheinen würde. Verdammt. Das war nicht das, was er hören wollte.
»Was meinen Sie, wen sie angerufen hat?«, fragte Harlene.
»Das werden wir noch früh genug erfahren«, sagte Russ.
Wie sich herausstellte, traf Debba Clows Sprachrohr noch vor ihr ein; keine große Überraschung, wenn man bedachte, dass sein Büro nur fünf Minuten Fußweg entfernt an der Main Street lag. Russ konnte ihn hören, ehe er ihn sah; er setzte Ed am Empfang zu. »Ich will meine Mandantin sehen, ehe sie bearbeitet wird, und ich will eine Kopie sämtlicher richterlicher Anordnungen, angefangen vom Haft-bis zum Durchsuchungsbefehl für ihren Besitz.«
Russ holperte den Flur entlang zum Empfang. »Ihre Mandantin wurde nicht verhaftet, Mr. Burns. Sie kommt aus freien Stücken, um uns bei der Suche nach einem Vermissten zu helfen.«
Geoffrey Burns maß Russ von oben bis unten. Hauptsächlich von unten. Er war ein kleiner Mann, vielleicht eins achtundsechzig, und Russ befand, dass klein ihn in mehr als einer Hinsicht beschrieb. Seine Einstellung der Welt gegenüber zu erklären, die eines Zwergkampfhahns, würde lange dauern. Man nannte es kompensatorisches Irgendwas.
»Wie ich höre, haben Sie sich das Bein gebrochen. Reverend Fergusson hat Sie gestern in die Fürbitte eingeschlossen.«
»Hat sie? Ach.« Er würde gutes Geld darauf wetten, dass Geoff Burns nicht für seine rasche Genesung gebetet hatte.
»Wo ist Ms. Clow?«
Offenbar hatten sie das erforderliche Minimum an Smalltalk erfüllt. »Sie ist noch nicht da. Officer Entwhistle bringt sie her.«
»Wie lautet die Begründung für ihre Verhaftung?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, sie wurde nicht verhaftet. Sie war die letzte Person, die Dr. Rouse lebend gesehen hat.« Oder tot, dachte er.
»Sie hat mir gesagt, man hätte letzte Woche ihren Wagen beschlagnahmt und durchsucht. Was wurde gefunden?«
Russ lächelte freundlich. »Warten wir doch, bis alle hier sind, ehe wir darüber reden, ja?«
»Haben Sie vor, ihr Haus zu durchsuchen?«
Das musste er Burns lassen, er konnte einen mit seinen Fragen aufspießen wie einen Schmetterling auf eine Nadel. »Falls nötig.« Der Klang von Schritten auf der Marmortreppe vor ihnen bewahrte ihn vor weiteren Enthüllungen. Noble Entwhistle und Debba Clow erschienen, Letztere mit zorngeröteten Wangen und zerzaustem Haar, das in alle Richtungen flog. Es zeichnete sich ab, dass es keine besonders ergiebige Befragung werden würde.
»Debba, danke, dass Sie gekommen sind«, begrüßte Russ sie. »Lassen Sie uns nach hinten in den Befragungsraum gehen.«
Alias das Verhörzimmer, aber das klang nicht so nett. Er wies mit dem Kopf den Flur hinab. In dem kleinen Einsatzraum des Reviers befragten sie normalerweise Zeugen oder Opfer. Dort gab es Fenster, Schachteln mit Papiertaschentüchern und eine Kaffeemaschine. Das Verhörzimmer war mit Audio-und Videorekorder ausgestattet. Er wusste, in welchem er mit Debba Clow reden wollte. »Noble«, sagte er, als sie das Verhörzimmer erreichten, »kümmern Sie sich darum, ob Ms. Clow oder ihr Anwalt etwas brauchen. Kaffee, Wasser?«
»Kommen wir zum Geschäft«, sagte Burns. »Als Erstes bestehe ich darauf, mich mit meiner Mandantin ein paar Minuten unter vier Augen zu unterhalten.« Er warf einen Blick auf die schallgedämmte Tür des Verhörzimmers. »Dort nicht.«
Russ lächelte etwas weniger freundlich.
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