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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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zugestoßen ist?«
    »Ja.« Er schluckte. »Ja, das tut es.«
    »Lassen Sie mich Ihnen etwas über ein bequemes und zufriedenes Leben erzählen, junger Mann.« Sie sah ihn mit erhobenem Kopf an, hielt ihn mit ihrem Blick fest. »Mein Mann und ich stammten aus guten Familien, erfolgreichen Familien, und als wir heirateten, hatten wir fest vor, es ohne fremde Hilfe mit unserer eigenen Farm zu etwas zu bringen. Wir kauften fünfzig Morgen Land in der Nähe des Sacandaga Vlaie, die billig waren, weil sie alle paar Jahre überschwemmt wurden. Und wir arbeiteten. Wir schwitzten, wir knauserten, wir lebten für den Tag nach dem Tag, an dem wir alles erreicht hätten, was wir für unsere Bequemlichkeit, alles hätten, was wir für unsere Zufriedenheit brauchten.« Ihr Gesicht mit den scharfen Falten über den Knochen verriet jedes ihrer vierundfünfzig Jahre. Aber ihre Augen leuchteten mit der Intensität einer wesentlich jüngeren Frau. »Und mir war in dieser ganzen Zeit voller Entbehrungen nicht klar, dass das einzige Glück, das ich im Leben kennen würde, dort lag, auf dieser Farm mit den sumpfigen Morgen, wo ich eimerweise Windeln wusch und versuchte, ein Huhn zu strecken, um damit eine ganze Familie eine halbe Woche zu ernähren.« Ohne einen Blick darauf zu werfen, nahm sie das Dokument von der grünen Filzunterlage und reichte es ihm. »Übermitteln Sie dem Rat mein Angebot. Beschaffen Sie mir meine Klinik, Mr. Madsen.«

4 Donnerstag, 9. März
    E ine Demonstrantin blockierte den Bürgersteig vor der Klinik. Clare fuhr langsam an dem zweistöckigen Gebäude im Queen-Anne-Stil vorüber, ein Haus wie eine ehrwürdige alte Dame, unbeholfen modernisiert, mit einer Rollstuhlrampe aus Bauholz und einer wacklig wirkenden Feuertreppe. Ein großes Schild mit der Aufschrift KARITATIVE KLINIK MILLERS KILL und den Öffnungszeiten war neben dem Eingang angeschraubt, einer schönen Doppeltür aus Mahagoni, deren Originalscheiben durch verkratztes Plexiglas ersetzt worden waren.
    Wobei es übertrieben war zu behaupten, dass die Demonstrantin den Bürgersteig blockierte, da sie allein war und mit einem Plakat über der Schulter zwischen der Bürgersteigkante und der Eingangstreppe der Klinik hin und her marschierte.
    Clare fuhr in die Parklücke, die sie bei ihrer ersten Fahrt durch die Barkley Avenue entdeckt hatte, und stellte den Motor ab. Sie würde sich dem Spießrutenlauf aussetzen müssen, daran führte kein Weg vorbei. Dies war die einzige Parklücke in der Nähe der Historischen Gesellschaft, in die sie mühelos einparken konnte. Offensichtlich war sie bis vor kurzem von einem größeren Fahrzeug besetzt gewesen, denn sie war praktisch trocken. Ihr hübscher kleiner restaurierter Shelby Cobra, ein Traumwagen, als sie ihn im letzten Frühling gekauft hatte, taugte nichts bei Schnee und Eis. Sie hatte sich beim Kauf von Eitelkeit leiten lassen und nicht von ihrer Vernunft, und dafür hatte sie den ganzen Winter lang bezahlt – buchstäblich, als das Getriebe versagte.
    Wer schön sein will, muss leiden, pflegte ihre Großmutter Fergusson zu sagen, wann immer sie Clares lange Haare zu Locken drehte.
    Der Sturm hatte die ganze Nacht getobt und einen klaren strahlenden Morgen hinterlassen. Als sie aus dem Auto stieg, traf sie der Wind wie ein Schwall eiskaltes Wasser. Sie zog den Reißverschluss ihres Parkas bis zum Kinn hoch – womit sie geschickt ihren Priesterkragen versteckte – und zog ihre Strickmütze tief in die Stirn. Wenn sie nur irgendein anonymer Mensch in Winterkleidung war, könnte sie vielleicht einem Vortrag entgehen.
    Sie kletterte über den steinharten, braungrauen Schneewall, der am Straßenrand lag, und ging knirschend über den salzbedeckten Bürgersteig zur Historischen Gesellschaft. Sie hielt den Kopf gesenkt und vergrub die Hände in den Taschen, um zu vermeiden, dass man ihr Flugblätter aufdrängte.
    Übersieh mich, übersieh mich, sang sie lautlos, aber da sie der einzige andere Mensch im größeren Umkreis der Klinik war, kam es nicht überraschend, dass ihre Beschwörung nicht funktionierte.
    »Ma’am? Entschuldigung, Ma’am?«
    Clare hob den Blick vom schmutzigen Bürgersteig. Sie konnte es nicht ändern. Lebenslange Höflichkeit übernahm das Kommando, und sie setzte einen freundlichen Ausdruck auf.
    Wissen Sie, wo Ihr Problem liegt, Fergusson? Sergeant Ashley »Hardball« Wright, ihr Ausbilder an der Air-Force-Akademie, hatte die Neigung, sich in Augenblicken wie diesen in ihrem Kopf

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