Die Bleiche Hand Des Schicksals
bemerkbar zu machen. Sie müssen sich einen Gesichtsausdruck angewöhnen, der sagt: Geh mir verdammt noch mal aus dem Weg oder ich reiß dir das Herz raus! Wissen Sie, was Ihr Gesichtsausdruck sagt, Fergusson? Er sagt: Ich bin ein kleiner Schisshase! Sind Sie eine Kampfpilotin oder ein kleiner Schisshase, Fergusson?
»Ja?«, sagte sie zu der Demonstrantin. Sir, ein kleiner Schisshase, Sir.
Die Frau wirkte eher wie das Mitglied eines Elternbeirats als wie eine politische Aktivistin. Sie trug eine selbstgestrickte Mütze über ihren langen lockigen Haaren, einen schweren Parka und praktische Schneestiefel. Ihre Hände, in denen sie das Plakat und ein Klemmbrett hielt, steckten in Fäustlingen mit Norwegermuster. »Würden Sie einen Aufruf an den Stadtrat unterschreiben, den jetzigen Leiter der Klinik zu entlassen?«
Clare hob ihre behandschuhten Hände. »Tut mir leid, ich kenne weder den Direktor, noch weiß ich etwas über die Klinik.« Während sie noch sprach, wurde ihr klar, dass sie einen schlimmen Fehler begangen hatte. Sie hätte die Frau genauso gut auffordern können, sie zu bekehren.
»Sie sind bestimmt krankenversichert«, sagte die Frau mit einem kurzen Blick auf Clares teuren Mantel.
»Es liegt eigentlich daran, dass ich noch ziemlich neu in der Gegend bin«, sagte Clare. »Ich bin vor etwas über einem Jahr hierhergezogen.«
Sie sah an der Frau vorbei auf die gediegene Backsteinfassade der Historischen Gesellschaft von Millers Kill. So nah und doch so fern. »Ich möchte eigentlich zur Historischen Gesellschaft dort drüben …«
»Die Klinik behandelt Einwohner, die in die Lücke zwischen Privatversicherung und Medicaid fallen, mit anderen Worten, arme Arbeitnehmer. Glauben Sie, dass arme Menschen zweitklassige medizinische Versorgung erhalten sollten?«
Clare zwinkerte. »Nein, natürlich nicht.«
»Dr. Rouse leitet die Klinik seit dreißig Jahren.« Die Frau presste ihren breiten Mund zu einem dünnen Strich zusammen, als gäbe es noch vieles, das sie gern über Dr. Rouse gesagt hätte. »Ich habe diese Petition aufgesetzt, weil er nach wie vor Impfstoff lagert, der Thimerosal enthält, und den Kindern von Millers Kill verabreicht.«
»Was?« Clare hatte sich gegen einen Abtreibungsgegnersermon gewappnet; dieser plötzliche Schwenk in die chemische Zusammensetzung von Impfseren erwischte sie völlig unvorbereitet. »Es tut mir leid, ich … was ist Thimerosal?«
Die Frau griff in ihre Parkatasche und zog eine Broschüre heraus, die aussah, als hätte sie sie am Computer selbst zusammengebastelt. Sie reichte sie Clare. Der Titel lautete: QUECKSILBER UND AUTISMUS – WIE SIE IHR KIND SCHÜTZEN.
»Thimerosal ist ein Konservierungsmittel, das allgemein für Impfseren verwendet wird. Es besteht zu fast fünfzig Prozent aus Quecksilber, einem giftigen Metall, und die Anwendung kann bei Kindern unter drei Jahren Autismus auslösen.« Sie erwiderte Clares Blick und hielt ihn fest. Sie hatte große braune Augen, voller Intensität, aber nicht fanatisch. »Haben Sie Kinder?«
»Nein, ich bin nicht verheiratet.«
Die Frau lachte kurz auf. »Ich wünschte, ich wäre so schlau gewesen.« Sie rückte näher an Clare heran und klopfte mit dem Fäustling auf die Broschüre. »Dann haben Sie wahrscheinlich noch nie davon gehört, dass der empfohlene Termin für die erste Impfspritze bei Kindern im Alter zwischen sechs und acht Wochen liegt. Können Sie sich vorstellen, einem zwei Monate alten Baby Quecksilber zu injizieren?«
»Nein«, erwiderte Clare, wider Willen interessiert. »Aber wir sind doch sicher alle mit demselben Stoff geimpft worden, und die meisten von uns sind vollkommen gesund. Ich meine, ist Autismus nicht sehr selten?«
»Die Anzahl autistischer Erkrankungen hat seit den 1990ern dramatisch zugenommen, als zwei Hauptimpfstoffe, die beide Thimerosal enthalten, auf den Markt gebracht wurden. Es ist wie bei einer Menge potenziell gefährlicher Gesundheitsrisiken – nicht jeder, der ihnen ausgesetzt ist, erkrankt. Es gibt keine Möglichkeit festzustellen, welche Kinder Autismus oder das Asperger-Syndrom entwickeln werden und welche nicht.«
Clare warf einen Blick auf die Broschüre in ihrer Hand und dann zur Klinik. Sie bemerkte, dass die gesteppten weißen Vorhänge hinter den Fenstern im ersten Stock zugezogen waren. Wärme oder Privatsphäre?, fragte sie sich. »Was hat das mit Dr. Rouse zu tun?«
»Auf den Druck von Regierung und Öffentlichkeit produzieren viele große Pharmafirmen
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