Die Bleiche Hand Des Schicksals
die Kinder waren nirgends zu sehen. »Wo sind sie?«, fragte sie Debba.
»Hinter dem Bus.« Debba begann zu weinen. »Hinter dem Bus.« Sie funkelte Renee zornig an. »Erschießen Sie mich, wenn Sie wollen. Jetzt können Sie meinen Kindern nicht mehr weh tun.«
»Wo ist mein Mann?« Renee flüsterte fast.
Sie würde es tun, dachte Clare. Sie würde Debba umbringen. Sie mussten ihr etwas erzählen. Irgendetwas. Mit ihr reden.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Debba unter Tränen. »Ich habe der Polizei alles gesagt, was ich weiß. Alles. Mehr weiß ich nicht.«
Mrs. Rouse schüttelte den Kopf. »Dreh dich um.« Debba starrte sie an. »Dreh dich um!« Debba gehorchte. Renee drückte die Waffe gegen Debbas Hinterkopf. »Ich gebe dir noch eine Chance. Mir ist egal, was mit mir passiert. Ohne meinen Mann will ich nicht mehr.«
Oh, heiliger Vater. Das würde in Mord und Selbstmord enden. »Debba«, sagte Clare.
Debba weinte jetzt heftiger, ihre Stimme klang erstickt und feucht.
»Debba«, sagte Clare. »Sie müssen ihr die Wahrheit sagen.«
Renee starrte sie an. »Sie wissen, was passiert ist?«
»Ich bin Debbas spiritueller Beistand«, sagte sie. »Sie hat bei mir eine Beichte abgelegt.«
»Was?« Mrs. Rouses Augen leuchteten auf. »Sagen Sie es mir.«
Was denn nur? Wenn sie behaupteten, der Arzt wäre am Leben, würde Mrs. Rouse fordern, dass Debba sie zu ihm brachte. Und mit Mrs. Rouse irgendwohin zu fahren bedeutete das Todesurteil. Sie mussten sich vom Auto fernhalten, vom Haus, von jedem Ort, an dem sie sich verschanzen konnte, wenn die Polizei eintraf. Sie mussten hier draußen im Freien stehen, wenn Russ kam. Was sollten sie ihr sagen? Was?
»Nur zu, Debba«, sagte Clare. »Es ist in Ordnung. Erzählen Sie ihr von der Affäre, die Sie mit dem Doktor hatten.«
»Was?«
»Sie hatten eine Affäre, und Dr. Rouse wollte, dass sie mit ihm durchbrennt. Deshalb machte er den Anfang.« Warum? »Damit niemand dahinterkommt.«
Debba, Gott segne sie, nahm den Ball auf. »Aber ich habe meine Meinung geändert. Ich beschloss, die Sache zu beenden. Ich konnte meine Kinder nicht entwurzeln.«
Mrs. Rouses Augen quollen hervor. »Du behauptest, mein Mann hätte eine Affäre mit dir gehabt? Du hast mit meinem Mann geschlafen?«
Sie hörten Motorengeräusche. Ein roter Pick-up erklomm die Hügelkuppe, gefolgt von einem Streifenwagen. Einem zweiten. Kein Blaulicht, keine Sirenen, aber sie rasten den Hügel fast schneller hinunter, als das menschliche Auge erfassen konnte, schneller, als man für eine Entscheidung brauchte, schneller als die Herzschläge zwischen Warten und Hoffen.
Clare blickte auf den Lauf der Waffe, der sich in Debbas Kopf bohrte, und sah Mrs. Rouse an.
»Ihr Ehemann will nicht, dass Sie Ihr Leben fortwerfen«, sagte sie in dem Wissen, dass dies von allen Dingen, die sie an diesem grauenvollen Morgens geäußert hatte, am ehesten der Wahrheit entsprach.
Und dann peitschten Russ’ Pick-up und die Streifenwagen über den Hof in die Einfahrt, Kies, Schlammbrocken und Grasbüschel spritzten in alle Richtungen, die Türen sprangen auf, und die Männer stürzten heraus, und dann waren zwei, drei, vier, fünf Waffen auf Mrs. Rouse gerichtet. Debba barg das Gesicht in den Händen und verstummte.
Renee Rouse sah die Polizisten an, dann Clare und dann gen Himmel, und sie senkte die Waffe und ließ sie zu Boden fallen.
Noble Entwhistle erreichte sie als Erster, schleifte sie fort, zerrte ihr die Arme auf den Rücken, wobei er ihr ihre Rechte vortrug.
Debba berührte ihren Hinterkopf, spürte das Fehlen der Waffe und drehte sich zu Clare um. Ihr Mund öffnete und schloss sich. »Wie?«, stieß sie endlich hervor.
Clare fischte das Handy aus ihrer Rocktasche. »Wie nützlich Handys doch sind«, sang sie leise.
Debba begann unter Tränen zu lachen, dann riss sie sich los, als ihre Mutter und die Kinder hinter dem Bus hervorkamen. Gleichzeitig weinend und lachend rannte sie blindlings über die Straße und stürzte sich auf ihre Familie.
Clare spürte eine Hand auf der Schulter und drehte sich um.
»Alles in Ordnung?« Russ sah sie an. Das war alles. Nur seine Hand auf ihrer Schulter und sein Blick. Einen Augenblick lang wollte sie sich an ihn lehnen und sich in die Arme nehmen lassen. Stattdessen setzte sie ein Lächeln auf.
»Ich hatte keine Waffe am Kopf.«
»Oh.«
»Wie gefiel Ihnen meine Predigt?«
Er lächelte. »Ziemlich gut für eine Episkopale. Kevin Flynn hat auch gelauscht. Ich glaube,
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