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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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über den Bug. »Sind Sie der Pathologe?«, fragte sie.
    Dr. Dvork winkte die beiden Taucher zu sich heran. »Ja«, sagte er, den Blick auf die Überreste fixiert. »Können Sie einen Augenblick hier stehen bleiben«, bat er, als sie bei ihm angekommen waren. Die Überreste waren locker in ein engmaschiges Netz gewickelt, und Clare konnte erkennen, dass sich die Knochen trotz der Achtsamkeit der Taucher voneinander gelöst hatten. Dr. Dvorak beugte sich über das Skelett, betrachtete es gründlich, berührte es hier und da mit einem Finger. Die Knochen waren lang und braun, als hätten sie ein Jahrzehnt oder länger in Tee gelegen. Er richtete sich auf. »Ich denke, ich darf Ihnen mit absoluter Gewissheit versichern, dass dies nicht Allan Rouse ist«, sagte er zu Russ.
    »Meinen Sie?« Russ starrte zornig auf die Knochen, als hätte man sie nur zu dem Zweck auf die Trage gelegt, seine Ermittlungen zu behindern. »Wer zum Teufel ist das?«
    »Wer auch immer es ist, es …« Dvorak fuhr nachdenklich mit dem Finger über das Becken, dann über die Länge des Oberschenkelknochens. »Er«, sagte er nachdrücklicher, »hat seit sehr langer Zeit dort drin gelegen.«
    Die Taucherin trat zu der Trage, Bob Mongue dicht hinter sich. »Wir hätten es beinah übersehen«, sagte sie. Ihre kurzen dunklen Locken klebten an ihrer Kopfhaut, und ihr kühler, abschätzender Blick ähnelte dem Dr. Dvoraks. Clare nahm an, dass man ziemlich abgebrüht sein musste, um in schlammigen oder dunklen Gewässern nach toten Menschen zu tauchen. »Als Erstes haben wir das Auto bemerkt.«
    Der Pathologe trat auf die andere Seite der Trage und inspizierte Schädel und Halswirbel aus der Nähe. »Sehr gut erhalten«, sagte er zu sich selbst.
    »Welches Auto?«, fragte Russ. Er sah Bob Mongue an. »Erinnern Sie sich an eine vermisste Person plus Auto?«
    Die dunkelhaarige Taucherin schüttelte den Kopf. »Das war kein Auto, von dem ihr Jungs jemals gehört habt. Wenn ich von den Resten ausgehe, die ich gesehen habe – das Lederdach und die Reifen, ein bisschen vom Chassis –, muss es ein Model T oder so was sein. Alt. In so was sind unsere Großväter als Kinder gefahren.«
    Sie zerrte einen orangefarbenen Gummihandschuh herunter und raufte sich die Haare. »Wir können noch mal reingehen, wenn Sie wollen. Die einzelnen Teile sind sowieso nicht so groß, dass sich eine Winde lohnen würde. Dort unten liegen ein Lederdach, ein paar Räder mit Drahtspeichen, solches Zeug eben.« Sie begegnete den Blicken von Russ und Bob Mongue, die sie anstarrten. »He, wir sind davon ausgegangen, dass wir wegen einer Leiche hier sind. Keiner hat was von einem Auto gesagt.«
    Clare konnte ihre Frage keine Sekunde länger aufschieben. »Beging er Selbstmord, was glauben Sie? Ist er ins Wasser gefahren und ertrunken?«
    Die Taucherin schüttelte den Kopf. »Er lag in der Mitte des Stausees. Der Wagen wäre nie so weit gekommen.«
    Russ blickte Clare an. Sie hatte das Gefühl, seine Gedanken lesen zu können. Und er konnte ihre lesen. »Aber er hätte hineinfahren können«, sagte er, ohne den Blick von ihr abzuwenden. »Wenn er ein paar Tage nach der Fertigstellung des Damms hierherkam und der Fluss um ihn herum zu steigen begann. Er hätte direkt in das steigende Wasser fahren können …«
    »Nachts«, sagte Clare. »Ins Sperrgebiet, das niemand, der bei klarem Verstand war, betreten hätte.«
    »Und den Wagen abstellen. Und darauf warten, dass das Wasser ihn holt.«
    »Es tut mir leid, Ihnen bei dieser blitzsauberen Lösung in die Parade fahren zu müssen, aber dieser Mann ist nirgends selbst hingefahren«, sagte Emil Dvorak. »Oder falls doch, war er nicht allein.« Sanft drehte er den Schädel, so dass sie alle den Hinterkopf sehen konnten, wo ein Netzwerk feiner Risse kreisförmig in alle Richtungen ausstrahlte, wie bei einem zerschmetterten Bullauge. »Erkennen Sie, wie tief er eingedrückt ist? Dieser Mann wurde vielleicht im Wasser zurückgelassen, aber er ist nicht ertrunken. Er wurde von einem kräftigen Schlag auf den Kopf getötet.«

33 Montag, 3. April
    C lare und Norm Madsen begleiteten Mrs. Marshall zum Leichenschauhaus. Sie hatte nicht gehen wollen, trotz eines Anrufs von Dr. Dvorak am Freitagnachmittag, in dem er sie bat, nach dem Wochenende vorbeizuschauen und einige Fragen nach ihrem Vater zu beantworten.
    »Er kann es nicht sein«, wandte sie sich vom Beifahrersitz ihres Autos an Clare. »Wie sollte seine Leiche überhaupt dorthin gekommen

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