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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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ein Haus in der Stadt gekauft, und Jane Ketchem hatte während der Depression nicht arbeiten müssen. Zugegeben, es war ein bescheidenes Haus und ein frugales Leben. Aber sie hatte es dennoch fertiggebracht, ihre Tochter aufs College zu schicken, eine Klinik zu gründen und ein Erbe von über hunderttausend Dollar zu hinterlassen. War die Farm der Ketchems so ertragreich gewesen, dass sie so viel zur Seite gelegt hatten? Clare zweifelte daran. Alle Farmer, die sie hier in der Gegend kannte, mussten zu viel in den laufenden Betrieb investieren, um bedeutende Reserven bilden zu können. In den zwanziger Jahren mochte es für Familienbetriebe einfacher gewesen sein, aber sie würde wetten, dass sich die Situation damals nicht wesentlich von der heutigen unterschieden hatte. Und überhaupt, wenn sie Geld auf der Bank oder in Aktien investiert hatten, was war dann 1929, als die Börse zusammenbrach und die Banken bankrottgingen?
    Ihr Handy spielte die ersten Töne einer Fuge von Bach. »Hallo«, meldete sie sich.
    »Ich bin’s.«
    »Hallo, Sie. Sagen Sie Bescheid, wenn das Fahren mit gebrochenem Bein und das gleichzeitige Reden zu anstrengend werden, okay?«
    »Worauf Sie sich verlassen können«, antwortete er. »Headed down the Highway«, sang er in einem passablen Bariton, »in my mother’s Camry, looking for adventure …«
    »Mir ist gerade bewusst geworden, dass Margy Ihren Pick-up haben muss, wenn Sie in dem Camry sitzen. Eine furchterregende Vorstellung.«
    »Nach ihren Vorträgen über dessen verschwenderischen Verbrauch von fossilen Brennstoffen würde es mich wundern, wenn sie überhaupt einsteigt.«
    »Erinnern Sie sich an diese Landverkaufsdokumente, die ich gerade durchsehe? Ich habe die Farm der Ketchems entdeckt. Hören Sie zu.« Sie las ihm die Urkunde vor. Das Original war beim Kopieren verkleinert worden, und sie musste blinzeln, selbst im Licht der Schreibtischlampe. Zeit, die Deckenbeleuchtung einzuschalten. »Klingt das für Sie, als könnte man damit ein neues Haus kaufen, das Kind aufs College schicken, vierzig Jahre davon leben und einen Treuhandfond einrichten?«
    »Vielleicht hat sie Rabattmarken gesammelt.«
    »Nein, ernsthaft.«
    »Ich weiß nicht. Ihre Schwiegereltern waren ziemlich wohlhabend. Vielleicht haben sie sie unterstützt. In dem Glauben, ihr Sohn hätte sie verlassen und so. Die hatten ja keine Ahnung. Warum interessiert Sie das eigentlich so?«
    Sie stützte das Kinn auf die Hand und starrte durch ihr Spiegelbild in die hereinbrechende Nacht. »Es ist dieses Geld. Jetzt habe ich es, und ich will wissen, woher es stammt. Es hat mit Sicherheit niemanden besonders glücklich gemacht, der damit zu tun hatte, oder? Es kommt mir langsam so vor wie der Fluch des Hope-Diamanten oder so.«
    »Ihre Mrs. Marshall hatte es jahrelang, und es scheint sie nicht zu einem unglücklichen Leben verdammt zu haben. Tatsächlich scheint sie sich ganz gut eingerichtet zu haben.«
    »Abgesehen davon, dass sie ihr ganzes Leben lang geglaubt hat, ihr Vater hätte sie verlassen. Und sich gegen eigene Kinder entschied. Aber man muss fairerweise sagen, dass sie das wegen dem tat, was mit ihren Geschwistern passiert ist. Und das ist ein ganz anderes Thema.« Eine Böe trieb eine Handvoll Regen gegen die Scheibe. Es war schon so düster, dass die Schatten mit dem Bürgersteig verschwammen und das verdorrte Gras und das Kutscherhaus und das Straßenpflaster dahinter nur noch als verschiedene Grautöne auszumachen waren.
    Im Kutscherhaus hinter der Klinik ging ein Licht an.
    Sie schoss senkrecht auf ihrem Stuhl hoch. »Russ«, sagte sie. »In der Klinik ist jemand. In der alten Garage dahinter.« Sie stand auf, um besser sehen zu können, wurde sich bewusst, dass man von der Gasse aus ihren Umriss erkennen konnte, und schaltete die Lampe aus. Das alte Kinderzimmer erwachte in den Schatten zum Leben.
    »Was sehen Sie?«
    »Bis jetzt nichts. Das Licht ging einfach an. An der Seite ist ein Fenster, genau wie beim Kutscherhaus der Historischen Gesellschaft. Ich kann keine Bewegung oder so was erkennen.«
    »Die Klinik schließt direkt an die Rückseite des Kutscherhauses an, richtig?«, fragte er. »Könnte ein Einbruchsversuch sein, jemand, der denkt, er könnte Drogen stehlen. Bleiben Sie dran. Ich wende den Wagen.«
    »In der Klinik ist alles dunkel. Was soll ich tun?«
    »Sie tun gar nichts. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich bin unterwegs. Diese Diskussion hatten wir schon mal, wissen Sie noch? Ich Bulle, Sie

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