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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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später. Sehen Sie ihn noch?«
    Sie schaute im Vorbeilaufen zwischen die Häuser. »Nein. Ich glaube, er ist bis ans Ende der Straße gefahren, aber ich weiß nicht, welche Richtung er dann genommen hat.«
    »Nach rechts kann er nicht.« Sie erreichte das Ende der Second Avenue und erkannte dann, was Russ meinte. Die Straße mündete in eine sumpfige Brache voller Elefantengras und Schilf. »Die Straßen führen alle zur First Avenue und …«
    Sie wirbelte herum und rannte nach links. Ein Haus, zwei, drei, und da war sie, an der Kreuzung Upper First und Lower First Avenue. Vom Ende der Straße hörte sie einen gedämpften Schrei, der im Handy sein Echo fand.
    Sie trampelte die Lower First hinab, eine Straße, die genauso ein Mausoleum war wie der Friedhof. Niedrige verrammelte Gebäude, die Türen voller Graffiti, in den Gärten rostende Haufen unidentifizierbaren Ursprungs. Ein zweistöckiges Lokal, schon so lange unbewohnt, dass die Farbe komplett abgeblättert war und es roh, grau und verwittert zurückgelassen hatte. Eine Reihe Ladeneingänge, verrottende Dächer, durchsackende Veranden, mit altersgrauen Brettern vernagelte Fenster. Und dort, auf Krücken unterwegs zum letzten Gebäude der Reihe, war Russ.
    Der Wagen seiner Mutter, die Scheiben beschlagen, die Scheinwerfer ausgeschaltet, parkte am Ende der Straße, wo der Bürgersteig endete und Geröll sich bis zum Millers Kill ergoss. Es sah aus, als wäre ein Liebespaar dorthingefahren, um ein wenig Ungestörtheit und den Anblick des rasch dahinfließenden, eisbedeckten Flusses zu genießen. Das Fahrrad lag mitten auf der Straße, der Hinterreifen drehte sich noch.
    »Was ist passiert?« Sie kam schlitternd vor ihm zum Stehen und rang beim Sprechen nach Luft.
    Er balancierte auf seinen Krücken, eine Hand hielt unbeholfen die Waffe. »Ich habe mit Ihnen telefoniert, als ich den Kerl sah.« Regen perlte über seine Haare, tropfte von den Spitzen. »Ich öffnete die Wagentür, zielte mit der Waffe und forderte ihn auf, stehen zu bleiben. Er warf das Rad hin und rannte dort rein.« Er zeigte auf das verfallene Holzgebäude, das zwischen Straße und Fluss eingezwängt war. An der Flussseite befanden sich morsche Reste eines Gerüsts. »Hier, nehmen Sie das«, fuhr er fort und reichte ihr seine Waffe. Sie nahm sie mit gesenktem Lauf entgegen und prüfte automatisch Munition und Sicherung.
    »Ich werde sie nicht benutzen.« Sie wischte sich die Stirn in dem vergeblichen Versuch, keinen Regen in die Augen zu bekommen.
    »Ich habe auch nicht die Absicht, sie zu benutzen. Aber ich kann mich nur verdammt schwer fortbewegen, wenn ich sie in der Hand halte, und wenn ich sie zurück ins Halfter stecke, brauche ich zu lange zum Ziehen. Gottverdammter Beinbruch. Entschuldigen Sie den Kraftausdruck.«
    Er humpelte in Richtung Tür. »Sie bleiben hinter mir, und wenn ich ›Waffe‹ rufe, legen Sie sie in meine rechte Hand.«
    Sie ging hinter ihm her. »Sie befehlen mir nicht, im Auto zu warten?«
    »Würden Sie das denn tun?«
    »Nein.«
    »Sehen Sie! Dann kann ich genauso gut das Beste daraus machen.«
    Das Gebäude besaß keine Veranda, nur zwei Granitstufen führten zum klaffenden Eingang. Clare sah zum ersten Stock hoch, wo zerbrochene Fenster endlos in die Vergangenheit starrten. »Was ist das hier?« Sie dämpfte die Stimme.
    »Hier saß vor hundertachtzig Jahren ein Schiffsausrüster. Das hier ist der älteste Teil der Stadt, aus dem siebzehnten Jahrhundert, als alle und alles mit Booten kamen und gingen.« Sie hörte das dumpfe Auftreffen seiner Krücken auf dem feuchten Holz, und dann trat sie durch den Eingang, sorgsam darauf bedacht, dicht hinter ihm zu bleiben.
    »Du lieber Gott.« Sie musste kämpfen, um nicht zu würgen. Der dunkle, leere Raum stank nach Urin und Exkrementen.
    »Ich weiß.« Er schob sich weiter in die Dunkelheit, bums, Schritt, bums, Schritt. Die Holzbohlen unter ihnen waren uneben, aufgeschwemmt und vollgesogen von Dingen, an die Clare lieber nicht denken wollte. »Das hier ist eines der Verstecke der hartgesottensten Obdachlosen der Gegend. Ungefähr alle sechs Monate kommen wir her, schmeißen alle raus und karren sie ins Asyl oder Krankenhaus. Es ist natürlich sinnlos. In der Suchtabteilung und in der Psychiatrie gibt es nicht mal genug Betten für Leute, die um Hilfe bitten, ganz zu schweigen von diesen Burschen, die gar nichts damit zu tun haben wollen. Wir räumen hier nur auf, weil der Stadtrat Angst hat, es könnte sich hier jemand

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