Die Blendende Klinge
geworden, und er konnte sehen, dass der rechte Arm der Meuchelmörderin offensichtlich gebrochen war, doch irgendwie klammerte sie sich noch immer an ihr Messer und griff dann mit der linken Hand danach. In diesem Augenblick krachte Kip in sie hinein und schmetterte sie mit seiner gesenkten Schulter gegen die Wand.
Er hörte das Pfeifen des aus ihrer Brust gepressten Atems, und dann kämpften sie beide um ihren Dolch.
»Niah!« Eine Stimme schrie von der Treppe herüber. »Geh in Deckung!«
Kip drehte sich um und sah dort den anderen Attentäter stehen – er hätte schwören können, dass er ihn umgebracht hatte –, die Pistole auf Kip gerichtet. Die Meuchelmörderin, Niah, versuchte, sich aus Kips Griff zu winden und sich auf den Boden zu werfen, aber er hielt sie fest, den Blick gebannt auf den winzigen orangeroten Punkt gerichtet, der über der Pistole des Mannes schwebte – eine langsam herabbrennende Lunte.
Kip wirbelte mit Niah herum, Auge in Auge, und vergaß völlig den Dolch zwischen ihnen.
Es tat einen mächtigen Schlag, und sie rammte ihm ihren Kopf direkt ins Gesicht. Ihr Kopfstoß traf ihn an Lippen und Nase. Seine Augen füllten sich auf der Stelle mit Tränen.
»Niah!«
Kip taumelte zurück, stolperte, fiel auf den Hintern. Die Meuchelmörderin Niah sackte wie ein Fleischhaufen in sich zusammen, die Rückseite ihres Schädels explodierte. Was Kip für einen Kopfstoß gehalten hatte, war ihr Schädel gewesen, der, von einer Kugel getroffen, nach vorne katapultiert worden war.
Kip schlug mit dem Kopf gegen die Wand, als er fiel, nicht so heftig, dass er das Bewusstsein verlor, aber dennoch war es schmerzhaft.
Ich bin ein Volltrottel. Er griff in seine Tasche und schnappte sich seine grüne Brille.
Der andere Meuchler, Vox, starrte voller Entsetzen auf den geborstenen Schädel seiner Partnerin, die er gerade umgebracht hatte. Aber Kips Bewegung ließ ihn in Aktion treten. Er sprang nach vorn und trat Kip gegen den Kopf.
Kips Schulter konnte den Schlag weitgehend abfangen, und Kip ließ sich von der Wucht des Trittes wegrollen, um so weit wie möglich von Vox wegzukommen. Er sah den Attentäter Niahs Kurzschwert aufheben. Taumelnd erhob sich Kip, unbewaffnet, in einer Ecke des Raumes gefangen, während Vox erneut Kampfposition einnahm. Schon seine Körperhaltung verriet, dass er ein Krieger war.
Kips Brille war verbogen, aber er hielt sie immer noch in der Hand. Doch ihm fehlte die Zeit. Bis er sie auf der Nase hatte, würde ihm das Schwert den Lebensfaden abschneiden.
Kip und der Meuchelmörder sprangen beide im gleichen Moment los: Vox stürzte sich auf Kip, Kip sich auf die Karten, die noch an der Wand waren. Kip fuhr mit der Hand über die Wand, riss vier, fünf, sechs Karten herab.
Ein Flammenregen schoss aus der Wand. Hätte Kip direkt vor den Karten gestanden, wäre er verbrannt. Stattdessen bildeten die Flammen eine Wand zwischen ihm und dem Meuchelmörder, der schlitternd zum Halten kam. Kip setzte seine Brille auf, bog sie notdürftig zurecht und zog Grün in sich hinein. Vox sah, was er tat, und als der Flammenvorhang in sich zusammensackte, warfen sie beide die Hände in die Luft, um Luxin aufeinander zu schleudern.
Der Attentäter war schneller. Seine Hand schnappte auf – und nichts passierte. Er hatte keine Farbe in seiner Hand. Er hatte einen Sekundenbruchteil Zeit, überrascht auf seine Hand zu starren, dann bohrte sich Kips grünes Geschoss durch seinen Bauch.
Der Mann krachte auf den Boden und winselte. »Atirat! Atirat, komm zurück. Was hast du mir angetan?!«, schrie er Kip an. Er sah nicht auf seinen Bauch, sah nicht auf seine tödliche Wunde. Er sah auf seine Hände .
Kip hustete. Die Wand, an der die übrigen Karten steckten, hatte Feuer gefangen. Einige der Karten versprühten Funken, wie Baumharz in einer Feuersbrunst. Andere verharrten inmitten der Flammen ruhig an ihrem Platz. Das Feuer breitete sich rasch aus.
Eine hauchige, mühsam keuchende Stimme war zu hören. »Kip.«
Sie kam aus der Ecke. Janus Borig. Sie lebte.
»Schnapp dir das Messer, du Narr«, sagte sie.
»Was?«, fragte Kip wie ein Dummkopf. Ach so, sein Messer. Das er während des Kampfes verloren hatte. Dieses Messer.
Kip musste über Niahs Körper steigen; aus ihrem zerborstenen Schädel sickerte noch immer Blut in eine schon recht große Lache. Er sah schnell weg, um sich nicht übergeben zu müssen.
Der andere Attentäter brabbelte irgendetwas davon, dass er unrein, unwürdig,
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