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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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die gefürchteten Schläge des älteren Kämpfers seine Schultern und den Kopf. Jake selbst hingegen gelang es, ihm eine Reihe von harten Schlägen zu verpassen.
    Obwohl Jake ausrutschte und am Ende der ersten Runde angezählt wurde, wuchs seine Zuversicht. Pete the Hammer hatte seine Blütezeit hinter sich, während seine noch vor ihm lag.
    Jake nahm den Blick nicht von dem schwammigen Gesicht des Gegners. In den trüben Augen las er die Richtung seines nächsten Schlags, noch ehe er ihn ausführte. Innerlich jubelte er: Ich werde gewinnen, du Hundesohn. Pass bloß auf!
    Am Ende der nächsten Runde beobachtete Jake seelenruhig, wie verwirrt sein Gegner war, als ihm dämmerte, dass er keine Chance hatte.
    Als Pete the Hammer zum zweiten Mal zu Boden ging und angezählt wurde, sah Jake aus dem Augenwinkel einen Landauer, der am Rand der Menschenmenge anhielt. Der Kutscher kletterte
herunter, um den Kampf besser verfolgen zu können. Zwei Damen saßen in dem offenen Wagen. Beide starrten ihn an. Doch nur eine zählte. Jenny .
    Ein Sonnenschirm umrahmte ihren Kopf. Keine schwarze Perücke. Das blonde Haar flatterte im Wind. Der Schmollmund hatte sich zu einem aufreizend anerkennenden Lächeln verzogen.
    Als sich ihre Blicke trafen, versiegte seine Kampfeslust. Er sah in diese dunklen Augen, und die Erinnerungen an ihr gemeinsames Leben setzten eine alles überwältigende Zärtlichkeit in ihm frei.
    Jenny schenkte ihm ihr geheimes Lächeln. Sie beide kannten die Wahrheit. Jake spürte einen schmerzhaften Stich, der nicht von dem Schlag seines Gegners rührte und ihn unvorbereitet traf. Es war der Beweis dafür, dass er seine Frau nach wie vor liebte.
    Einen Augenblick lang dachte er an das erste Mal, als sie ihn hatte kämpfen sehen, doch jetzt war Jenny wie eine vornehme Dame gekleidet – und ließ sich von einem anderen Mann aushalten!
    In einem Anfall blinder Wut verlor Jake jegliche Kontrolle über sich und begann, kopflos auf seinen Gegner einzuschlagen.
    Er wollte kurzen Prozess mit ihm machen, um zu Jenny hinüberzulaufen, doch dann ließ seine Konzentration für den Bruchteil einer Sekunde nach, und diesen Fehler nutzte Pete the Hammer aus, um ihn niederzuschlagen. Als der Schiedsrichter zu zählen begann, wusste Jake, dass er den Kampf ohne Weiteres gewinnen konnte, aber er durfte Jenny keinesfalls ein zweites Mal aus den Augen verlieren. Also blieb er liegen und ließ sich auszählen.
    Nachdem Pete the Hammer einen Siegesschrei ausgestoßen hatte, sprang Jake auf und lief quer durch die Menschenmenge zur Kutsche.
    Doch im gleichen Augenblick klopfte Jenny dem Fahrer mit ihrem Fächer auf die Schulter und befahl ihm, die Pferde anzutreiben. Jake wäre vor Wut fast explodiert.

    Er kämpfte sich durch die Masse und stand plötzlich allein mitten auf der Straße, streckte die Arme nach der verschwindenden Kutsche aus und rief ihren Namen.
    Jenny schaute sich noch einmal kurz um, und er sah, wie ihre Augen vor Erregung leuchteten.
    Er hatte sie abermals verloren.

EINUNDZWANZIG
    A ls Keziah draußen aufgeregte Kinderstimmen hörte, hob sie Gabriel aus der kleinen Blechwanne. Vier Monate war er jetzt alt und liebte das Wasser so sehr, dass er gar nicht mehr herauswollte. Sie wickelte ihn in ein Handtuch und trat auf die Veranda, um die Ankunft des fahrenden Händlers Sunny Ah Wei zu beobachten. Hoffentlich hatte er neue Ballen Winterstoff und Nachrichten von der Außenwelt mitgebracht.
    Der rot, grün und golden bemalte Wagen war eine wahre Augenweide. Das Geschirr des Zugpferds war verschwenderisch mit Messing geschmückt, und auf der Seite unter dem Namen prangte eine goldene Schriftrolle mit der magischen Liste von Waren, die zum Verkauf standen – chinesische Gewänder, Seide, Herrenartikel, Spielzeug, Süßwaren, Küchenartikel und Heilkräuter, um »Zahnschmerzen, Verdauungsstörungen und alle Arten von Krankheiten, die Menschen, Hunde und Pferde befallen«, behandeln zu können.
    Barfüßige Kinder rannten neben dem Wagen her. Sunny Ah Wei war wie immer mit einem langen Gewand und einer fremdartigen Mütze bekleidet, der dünne Zopf baumelte auf seinem Rücken, und sein Gesicht erstrahlte unter dem himmlischen Lächeln, dem er seinen australischen Spitznamen verdankte. Sunny war überall beliebt, nicht nur, weil seine exotischen Waren in diesem abgelegenen Teil der Welt wie Manna vom Himmel fielen, sondern weil er fair war und den Leuten gute Preise machte.
    Keziah stöberte durch die Waren und wartete ab,

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