Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
Vom Netzwerk:
Eingeborenen. Sie brauchen die Freiheit wie die Luft zum Atmen! Wenn man sie einsperrt, geben sie sich auf. Sie können nicht glauben, dass sie eines Tages wieder freikommen. Für Kez wäre das Gefängnis dasselbe wie ein Todesurteil. Ihr Vater ist im Gefängnis gestorben. Gem wurde getötet,
als er aus dem Gefängnis in Cockatoo Island flüchtete. Jeder hält Kez für stark. Das ist sie auch. Aber ich kenne sie besser als jeder andere. Wenn man sie in die Irrenanstalt steckt, ist sie verloren. Da drin wird sie umkommen!«
    Jake packte Daniel an den Schultern. »Ich flehe dich an! Verkauf mein Land, lüg, bestich. Brich jedes verdammte Gesetz. Aber sorg dafür, dass sie aus dem Gefängnis kommt!«
    »Du kannst dich auf mich verlassen, Jake. Ich werde alles tun, was nötig ist.«
    Daniel meinte es von Herzen. Es war das, was einer Liebeserklärung am nächsten kam.

ACHTUNDVIERZIG
    D aniel zählte die Tage. Noch zwei Wochen bis zur Verhandlung gegen Mrs. Saranna Browne, die Frau, die von der blutrünstigen Regenbogenpresse in der Kolonie als »mordende Lehrerin« abgestempelt worden war.
    Er band sein Pferd an die Brüstung vor dem Surveyor-General’s Inn in Berrima und sah zum zweiten Stock hinauf. Die Silhouetten von Joseph Bloom und Leslie Ross bewegten sich vor den Vorhängen hin und her. Bestimmt arbeiteten sie an Keziahs Verteidigung.
    Daniel nahm seinen letzten Mut zusammen, um an dem Treffen teilzunehmen, das Keziahs Verteidiger anberaumt hatten. Er wollte ihre Freunde auf den neuesten Stand bringen. Während er die Treppe hinaufstieg, betete er zur Jungfrau Maria und bat sie um Vergebung für sein verbrecherisches Schweigen in England und seine elende Feigheit in Gideon Park.
    Heilige Muttergottes, du weißt um meine Sünden. Der Tod hat mich daran gehindert, das große Unrecht, das ich Saranna und ihrem Vater angetan habe, wiedergutzumachen. Gib mir die Kraft, einmal in meinem Leben wirklichen Mut aufzubringen.
    Daniel wusste, dass es auch ein heimlicher Liebesbeweis wäre, wenn er die Frau, die Jake gehörte, vor dem Gefängnis rettete. Er schloss die Augen und bewegte die Lippen in einem fiebrigen Gebet. Würde Gott ihm eine letzte Chance auf Sühne geben? Er wartete, doch es kam keine Antwort auf seine inneren Qualen, man hörte nur das Gelächter der Betrunkenen im Saloon unten.
    Als er das Zimmer betrat, saßen Joseph Bloom und Leslie Ross an einem Klapptisch aus Mahagoni, auf dem sich Gesetzesbücher
und amtliche Dokumente stapelten. Joseph kam sofort zur Sache. »Sie dürfen die wahre Identität Ihrer Frau nicht einmal im Schlaf erwähnen«, warnte er Daniel. »Vergessen Sie nie, sie bei dem Namen zu nennen, unter dem sie angeklagt wird, Saranna Browne.«
    Leslie pflichtete ihm bei. »Stellen Sie sich nur vor, was die lokalen Blättchen aus der Sache machen würden, wenn sie erfahren, dass sie in Wirklichkeit eine Zigeunerin ist, die obendrein einer Toten die Identität gestohlen hat!«
    »Theoretisch sind Frauen – weiße Frauen – und Männer vor dem britischen Gesetz gleichgestellt«, fügte Joseph hinzu. »Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Wenn eine Frau einen Mord begeht, ist es unweigerlich ein abscheuliches Verbrechen.«
    Leslie nahm kein Blatt vor den Mund. »Aye. Gewalttätigkeit ist gleichbedeutend mit Verrat am schönen Geschlecht.«
    Joseph nickte. »Jeder weiß, dass Lucretia Dunkley ebenso wegen Ehebruchs wie wegen Mordes verurteilt wurde. Eigentlich war es ihr irischer Liebhaber Beech, der ihren Mann umbrachte, aber ich vermute, dass die Geschworenen sie schon verurteilt hatten, als sie auf der Anklagebank Platz nahm. Jetzt wird sie wahrscheinlich die erste Frau, die man in Berrima aufhängt. Aber wer weiß schon, wer der eigentliche Schuldige ist. Das Paar hatte nicht einmal einen Verteidiger.«
    »Saranna hat Sie«, warf Daniel hastig ein. »Wäre versuchte Vergewaltigung nicht ein triftiger Grund für Notwehr?«
    »Wir müssen der Realität ins Auge sehen«, erklärte Joseph Bloom ruhig. »In unserer Kolonie steht auf Vergewaltigung die Todesstrafe, und trotzdem werden nur selten Männer gehängt, die sich an un verheirateten Frauen vergreifen.«
    »Weil man davon ausgeht, dass die Frauen selbst schuld daran sind«, sagte Leslie.
    Daniel schnappte nach Luft. »Wollen Sie sagen, das Gericht könnte behaupten, sie hätte den Teufel in Person gereizt?«
    »Ihre Frau ist jung, schön, und sie ist schwanger.« Joseph Bloom hielt inne. »Verheiratet mit einem Mann, der zu jener

Weitere Kostenlose Bücher