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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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bisschen Eifersucht in Ihrer Stimme?»
    «Lassen Sie den Mist, Hanno. Ob Sie bei ihr waren, will ich wissen.»
    «Ich wüsste zwar nicht, was Sie das angeht, aber: Ja, ich war da. Und sie war ganz lieb zu mir.» Er lachte, und Gernots Magen verkrampfte sich. Er wollte es sich nicht vorstellen. Dieser Mann und   … Nein! Warum hatte er es bloß nicht mitgekriegt? Er hatte sich doch fest vorgenommen, diese Treffen zu verhindern.
    «Erzählen Sie mir doch mehr über dieses tote Mädchen», forderte Hanno in einem Ton, als würden sie gerade die neuesten Fußballergebnisse besprechen.
    «Im Radio hieß es, sie wäre zum letzten Mal auf einemBauernhof gesehen worden. Hanno, Ihre Eltern sind doch Landwirte, oder nicht?»
    «Und?»
    «Kannten Sie dieses Mädchen? Diese Allegra?»
    «Was spielt das denn für eine Rolle?»
    Gernot hatte vergessen, dass es Hanno im Grund genommen egal war, wen er zu seinem Opfer machte. Bei Hanno war es anders als bei ihm.
    Er selbst spürte immer erst diese Liebe, diese Zärtlichkeit. Dann flatterte es leicht in seinem Körper, die Gefühle kitzelten. So wie gestern, als er das Mädchen vor dem Supermarkt beobachtete. Seine Seele hätte er hergegeben für dieses unbekannte Geschöpf. Und irgendwie hatte er das ja auch getan, denn gerade diese tiefe Zuneigung ermöglichte es ihm, sie gehen zu lassen und auf ihre Nähe zu verzichten.
    Bei Hanno dagegen war es etwas anderes. Vielleicht, weil er noch so jung war und so verzweifelt. Vielleicht hatte er deswegen diesen Drang, alles in seinen Besitz zu bekommen, was ihm gefiel. Und es zu zerstören.
    Was Gernot in seiner Therapie gelernt hatte – und nun im wahren Leben anzuwenden versuchte   –, war die Fähigkeit, sich in die Kinder hineinzuversetzen, ihnen nachzufühlen, echtes Mitleid für sie zu empfinden. Ob Hanno diese Methode auch helfen konnte? Zwar kannte Gernot ihn kaum, aber er hatte im Knast einige Männer mit sadistischen Zügen kennengelernt. Und er wusste, ein Sadist beherrschte die Fähigkeit, die Qualen eines Opfers nachzuempfinden. Oder sie beherrschte ihn. Menschen wie Hanno waren Meister der Folter, und die Genugtuung schöpften sie daraus, dass ihre Opfer genau die Schmerzen erleiden mussten, für die sie selbst viel zu feige wären.
    Zugegeben, viel wusste Gernot nicht über Hanno Thedinga.Aber das Wenige, was er bereits in Erfahrung hatte bringen können, verriet eindeutig, dass dieser so vorlaut wirkende junge Mann unter krankhaften Selbstzweifeln litt. Deswegen hatte Hanno es wahrscheinlich auch nur auf blutjunge Mädchen abgesehen: Sie waren ihm unterlegen, und man konnte sie leicht beeindrucken.
    An diesem Punkt waren sie sich eben doch ähnlich, dachte Gernot. Sie suchten beide die Nähe von Kindern, weil sie der Stärkere sein wollten. Aus keinem anderen Grund. Obwohl Gernot diesen jungen Mann neben sich für sein glattes Gegenstück hielt, fühlte er sich ihm dennoch näher als vielen anderen Menschen.
    Sie waren am Ende des Fußweges angelangt. Die Hügellandschaft hatte sich verändert, war flacher geworden. Zwei Kaninchen hoppelten davon. Eine Jugendgruppe kam gerade über einen Dünenkamm. Wahrscheinlich hatten sie eine naturkundliche Führung durch den Nationalpark gemacht und nach Wattwürmern und Miesmuscheln gesucht. Besonders unterhaltsam schien die Exkursion aber nicht gewesen zu sein, die Jungen und Mädchen ließen die Köpfe hängen, und man hörte sie weder lachen noch besonders aufgeweckt reden.
    Ein älterer Mann, der die Gruppe anführte, wedelte ihnen mit einem Inselplan in der Hand aufgeregt zu. Vielleicht hatte sich die Gruppe verirrt.
    «Drehen wir um, ich habe keinen Bock, den Fremdenführer zu spielen.» Hanno machte kehrt und ging mit zügigem Schritt in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Gernot wollte ihm folgen.
    «He, Sie da, einen Augenblick bitte, wir suchen ein Kind!» Der Mann rannte auf ihn zu.
    «Ich bin nicht von hier», sagte Gernot und zuckte die Schultern. Doch natürlich tat er nur so beiläufig, in Wirklichkeitwar er kein Fünkchen gelassen. Sie suchten ein Kind   … Ein Mädchen? Bitte nicht!
    Mit fragendem Blick schob ihm der Mann eine Fotografie unter die Nase.
    Mein Gott, es war tatsächlich ein Mädchen. Sie hatte blonde, glatte Haare, Sommersprossen auf der Stupsnase, und unter dem T-Shirt zeichnete sich bereits eine kleine Brust ab. Sie war vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt, nicht älter. Sie gefiel Gernot.
    «Was ist mit ihr?»
    «Sie heißt Marina,

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