Die Blume der Diener
Der König hat was geschworen?« Master Hardy starrte den Pagen an, der in seiner Aufregung von einem Fuß auf den anderen trat. »Im Namen des heiligen Saltus, hör endlich mit diesem Gebrabbel und Herumgehopse auf, du Trottel, und erzähl deine Geschichte wie ein nüchterner Christ.« Er gab Thomas mit seinem Löffel einen nicht allzu heftigen Klaps gegen den Schädel. »Jetzt mal ruhig: Was ist los mit dem König und dem Haushofmeister Flower?«
Thomas rieb sich den Kopf und grinste. »Also, Sir, König Lionel ist mit seinem Pferd geradewegs in die Halle geritten, mitten unter all die Lords und Ladies, und hat Master Flower geküsst. Dann hat er gesagt, Flowers Name laute eigentlich Elinor und ihr Gemahl sei ermordet worden. Und der ganze Hof brodelt, Sir, und meint, der König ist verrückt geworden und will Master Flower anstatt der Prinzessin aus Gallimand heiraten. Es wird Krieg geben.«
Diese Neuigkeiten verursachten einen so großen Aufruhr, wie Thomas ihn sich nur gewünscht haben konnte. Küchenjungen und Unterköche verließen ihre Spieße und Töpfe und versammelten sich um ihn. Master Hardy knüppelte ihn mit Fragen nieder, bis der Junge ebenso trotzig wie aufgeregt war.
Als der Meisterkoch schließlich so viel wusste wie Thomas, fluchte er leise und kratzte sich am Kinn. Jung Flower musste über die Szene in der Kräuterkammer ganz schön gelacht haben, dachte er. Aber wer hätte denn ahnen können, dass es sich bei dem Knaben um eine Knäbin handelte, wo er doch so schlank und knochig war?
Der Gestank von verbranntem Fleisch unterbrach seine Überlegungen. Master Hardy schaute auf. Die Spieße drehten sich nicht mehr und die Tische waren verlassen. »Müßige Narren!«, rief er und fuhr mit erhobenem Löffel zwischen sie. Köche und Helfer stoben auseinander wie Schafe vor einem Hund und huschten zu ihren angestammten Plätzen. Mitten in ihrem Geblöke erhob sich eine weibliche Stimme: »Falsches Luder! Schlange! Teufel! Frau !«
Bess war in die Küche gestürmt. Ihr Busen hob und senkte sich und ihre Augen versprühten schwarzes Feuer. Sie wurde von Mistress Rudyard und einem Schweif von großäugigen Wäscherinnen begleitet.
»Beruhige dich, Püppchen.« Mistress Rudyard streichelte Bess mit mütterlicher Zärtlichkeit über den Rücken. »Ich hab diesen Geck trotz all seinem Getue und seiner Gelehrtheit nie gemocht.«
»Seinem Getue?« Bess ballte die Finger zu roten Fäusten zusammen und hob sie gen Himmel. »Seinem Getue? Er ist kein Stutzer, sondern ’n freches Weibsstück, ’ne liederliche Mistbiene, ’n gehörntes Schaf, ’ne wild gewordene lügnerische, verdammte Frau !«
Joan schlängelte sich neben Bess. Ihr Gesicht hatte sich vor unterdrücktem Lachen gerunzelt. »Arme Dirn«, säuselte sie mit falscher Anteilnahme. »Da stellt sich nun heraus, dass es dich die ganze Zeit nach ’ner Frau gelüstet hat. Kein Wunder, dass du dich aufregst.«
» Oh! « Bess drehte sich wie der Blitz zu Joan herum, riss ihr die Leinenmütze vom Kopf und warf sie in einen Suppentopf. »Oh!«, rief sie noch einmal, dann heulte und jammerte sie lauthals.
Die anderen standen hilflos da; nur Hal Clemin drängte sich nach vorn, packte Bess bei den rundlichen Handgelenken und schüttelte sie kräftig, worauf sie ihr Heulen sofort einstellte. Sie schaute ihn entrüstet an, als ob sie ihren Zorn nun an ihm auslassen wolle.
»Sei jetzt still«, ermahnte er sie ernst. »Du wirst schon noch ’nen passenden Mann finden.« Hal Clemin drehte der erstaunten Menge den Rücken zu, legte den Arm um Bess’ Hüfte und führte sie sanft fort.
In der großen Halle stand Lady Brackton am Rand der wogenden Menge. Sie drückte Alyson an ihren Busen und zitterte. »Ich habe schon immer gesagt, dass William Flower nach unziemlichen Geheimnissen riecht«, bemerkte sie entrüstet. »Ich habe ihn von Anfang an nicht gemocht. Eine Lady! Bei der Reinheit meines Brautbettes, keine wahre Lady würde sich so verstellen!«
»O Tante!« Alyson vergrub das Gesicht tief in den Falten von Lady Bracktons Schleier und stellte sich die Blicke und das mitleidige Geflüster des Hofes vor: »Da ist dieses närrische Mädchen, das hinter dem hübschen Haushofmeister her war. Wie sie weint! Sie hätte noch mehr geweint, wenn sie ihn eingefangen hätte.«
Mit vor Erregung geblähten Nasenflügeln bahnte sich Lord Brackton einen Weg durch die Menge und stellte sich an die Seite seiner Frau. Alyson hörte, wie er neben ihr bellte: »Nein,
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