Die Blume der Diener
destilliert waren. Als das erledigt war, zeichnete sie ein großes Pentagramm, blies in das Horn und rief ihre Armee.
Margaret stand mit der Füchsin in der Mitte des Pentagramms und war das ruhende Zentrum eines wirbelnden Chaos. Windgetragene Teufel peitschten die Wandbehänge und rüttelten an den Globen, den Destillierkolben und den Schmelztiegeln. Teufel schüttelten die Phiolen, sodass deren Inhalt gegen die irdenen Seiten schwappte. Windige Kobolde hoben die Kissen auf dem Stuhl an und kräuselten den Schleier vor dem Spiegel; Hausgeister pfiffen in den Spalten der Schlagläden. Mit dem Horn zwang Margaret sie alle unter ihren Willen und teilte sie in Regimenter ein, in denen sie überall in Albia Unzufriedenheit säen sollten. Eine Truppe schickte sie nach Osten, um das Getreide zu vernichten und das Wasser zu vergiften. Eine weitere schickte sie nach Norden, um Frauen und Tiere unfruchtbar zu machen. Andere sandte sie mit kleinen Krankheiten und Hautreizungen nach Westen und Süden. Schon bald würden die Menschen über den schlimmen Zustand ihrer Welt wehklagen.
Bis tief in die Nacht hinein blies Margaret pausenlos in das metallene Horn. Erst als die letzte schmeichlerische Brise auf den Weg gebracht war, setzte sie das Horn von den inzwischen aufgeplatzten, geschwollenen und blutigen Lippen ab. Der Tisch war leer; die letzte Phiole war fortgetragen. Sie hatte getan, was sie konnte, und glaubte, dass sie gute Arbeit geleistet hatte. Jetzt musste sie warten, bis die luftigen Späher mit ihren Berichten zurückkehrten, und sie musste sich ausruhen, um ihnen dann Befehle erteilen zu können.
Die Zauberin war erschöpft und wehrlos und wagte es nicht, ihr Pentagramm zu verlassen, während sie sich erholte. Sie rollte sich innerhalb seiner schützenden Grenzen zusammen, hielt die Füchsin in den Armen und wärmte sich mit der feurigen Decke ihres Fells. Draußen vor dem Turm betastete eine zögerliche Brise den Efeu und flüsterte sich selbst etwas zu mit einer Stimme, die wie eine verzischende Kerze klang.
Kapitel Zwei
In diesem Jahr kam der Juni sanft und lächelnd nach Albia und versprach fette Schafe und üppige Kühe, hoch aufschießenden Mais und starkbärtigen Weizen. Die Vorzeichen waren günstig: Der Hof war gut genährt, der König würde heiraten und die Pest hatte nicht so viele Menschenleben dahingerafft, wie man befürchtet hatte. Im Haushalt erschienen neue Diener als Ersatz für die Verstorbenen und ihre Unwissenheit und Neugier geboten, dass die Geschichten über die Pest und den court champêtre immer wieder erzählt wurden. Im Mittelpunkt dieser Geschichten und aller anderen Spekulationen stand Albias neuer Haushofmeister William Flower.
Wenn der König in Hörweite war, pries der Hof Master Flowers unerschütterliche Ruhe und sein Regime der Ordnung und Sauberkeit. Aber wenn der König nicht in der Nähe war, schimpften und brummelten die Adligen. Der Posten hätte nicht einem emporgekommenen Küchenjungen verliehen werden dürfen, sondern einem der älteren Lords des Königreichs – dem Grafen von Brackton vielleicht oder sogar dem alten Baron Carstey. Was sollte noch aus der Welt werden, wenn man nicht einmal mit der Ahnentafel des königlichen Haushofmeisters vertraut war? In König Geoffreys Tagen hätte es so etwas nicht gegeben, meinten die Adligen und schüttelten bedenklich den Kopf.
In den Augen ihrer Gemahlinnen wog Master Flowers Person schwerer als seine Abstammung. Die Damen priesen ihn von ganzem Herzen. Sie bewunderten alles an ihm: seine Anmut, seine Höflichkeit und vor allem sein feinfühliges Verständnis für die missliche Lage von vierundzwanzig Frauen, die an einem königinnenlosen Hof wie Schoßhündchen in einem Jagdhundezwinger schmachteten.
»Er muss verheiratet gewesen sein«, schloss Lady Dumbletan, als acht der vierundzwanzig Damen im Turmzimmer über ihren Stickereien zusammensaßen. »Oder er wurde zusammen mit seinen Schwestern erzogen. Frische Binsen auf dem Turmzimmerboden jede zweite Woche! Das ist so angenehm wie verschwenderisch. Hier am Hofe ist es seit dem Tod von Königin Constance nicht mehr so bequem gewesen.«
Lady Elizabeth Rawlings, Gräfin von Brackton, verzog den dicken Mund und machte einen weiteren Stich in ihrem Altartuch. Sie war der Gespräche über Master Flowers Freundlichkeit und Master Flowers Weisheit und Master Flowers wohlgeformtes Bein und Master Flowers schöne graue Augen herzlich müde geworden.
Aber sie war gezwungen
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