Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
Vom Netzwerk:
Wie sollte sie es ausdrücken? Nun, das Einfachste ist immer das Beste. Überflüssige Worte konnten dem Dämon Macht über sie geben. »Ich will meine Tochter vernichten«, gestand sie.
    »Eure Tochter! Eure Tochter ist nicht Euer größter Feind, Lady.« Die prasselnde Stimme sank zu einem vertraulichen Gesäusel herab und der Schwanz des Wirbelwindes kroch über den Steinboden auf Margarets Stuhl zu. Die Füchsin, deren Fell sich hinter dem Kopf aufgerichtet hatte, bellte und knurrte aus der Deckung zwischen den Röcken ihrer Herrin. Margaret lehnte sich vor, um das Flüstern des Windes zu verstehen.
    »Eure Tochter ist nur eine einfache Hexe; sie weiß nichts über Euch. Aber der König von Albia wird sich bald eine Frau nehmen.«
    Verwirrt sank Margaret in die Samtkissen zurück. »Und was sagt mir das, Sklave? Der König von Albia bedeutet mir weniger als ein Hase in den Klauen meiner Füchse. Warum sollte ich mir wegen dieses Buhlen Sorgen machen?« Sie hielt inne, denn plötzlich hatte sie Angst bekommen. »Es sei denn, er heiratet meine Tochter. Aber er weiß nicht einmal, dass sie eine Frau ist!«
    Das Lachen des Dämons knallte wie ein knackendes Holzscheit. »Nein, Lady, das weiß er nicht. König Lionel wird Lissaude von Gallimand heiraten. Diese Lissaude ist die Nichte des Zauberers Venificus, der wiederum der Bruder des Erzbischofs von Estremark ist und Hexen und Nekromanten ebenso hasst wie sein Bruder den Prinzen der Hölle persönlich. Wenn Veneficus nach Albia kommt, wird er sich auf Euch und Eure Dämonen stürzen wie eine Eule auf ein Mäusenest.«
    Margaret spürte, wie die stumpfen Krallen der Angst nach ihr griffen. Dann aber erkannte sie, dass diese Geschichte über einen mächtigen Zauberer, der sie besiegen würde, nichts anderes war als der Versuch ihres Sklaven, an seinen Ketten zu rütteln. Ihre Furcht verwandelte sich in Zorn. »Ich habe einen mächtigen Sturm gerufen«, sagte Margaret fest, »einen Erzdämon, einen Höllenfürsten, der meine luftigen Gäste anführen und mein treuer Diener sein soll. Aber ich muss hören, wie dieser Sturm von Gefahr und Zauberern und Eulen und Mäusen schwatzt, als ob er das kleinste Windkäppchen wäre. Sicherlich bist du auf eine Beschwörung erschienen, die nicht an dich gerichtet war, kleiner Hausgeist.«
    Eine gespannte Windstille voll verwundeten Stolzes setzte ein und die mottengleichen Pergamentblätter fielen auf den Steinboden. »Genug«, rief Margaret und schickte ihre Wut wie einen Blitz in die Stille. »Trotze mir niemals, Sklave, oder ich werde dich in einen Blasebalg verbannen und nur in kleinen Stößen herauslassen, um mein Herdfeuer anzufachen.«
    Die Luft veränderte sich; der Rückenpelz der Füchsin legte sich wieder. Nun, da der Dämon gezüchtigt war, war es an der Zeit, Güte zu zeigen. »Ich will dir deine Unverschämtheit vergeben«, meinte Margaret nach einiger Zeit, »denn du bist zu lange müßig gewesen und reibst dich an deinen Fesseln.«
    »Auch Ihr seid zu lange von der Welt abgeschieden gewesen.« Das windhafte Murmeln des Dämons floss nahe an ihrem Ohr vorbei. »Albia sollte Eure Stärke kennen lernen, Lady, und Euch fürchten, denn es ist Euer Recht, gefürchtet zu werden.«
    Margaret dachte über die Worte des Dämons nach. Das Gefühl der geistigen Macht kannte sie zur Genüge, nicht aber das Gefühl der weltlichen Macht. Wie würde es sein? Würde ganz Albia ihr zu Füßen kriechen und zittern wie dieser Anführer der Vogelfreien? Sie stellte sich ein Gedränge aus stinkenden, vor ihr knienden Männern mit schwieligen Händen, verweinten Gesichtern und entsetztem Blick vor. Die Zauberin zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. Wozu war eine solche Huldigung gut? Welches Wissen, welchen Frieden, welche Weihen konnte sie Margaret verschaffen? Bereits die Vorstellung davon war abscheulich. Aber der Dämon flüsterte weiter. »Geißelt das Land«, hörte Margaret ihn wispern. »Sorgt dafür, dass niemand Albia regiert. Keine Prinzessin wird einen König heiraten, der König von nichts ist.«
    »Und meine Tochter? Was ist mit ihr?«
    »Eure Tochter ist Ratgeberin des Königs. Die Gunst der Könige ist wie Taft und wechselt die Farbe bei jeder Bewegung und jedem Windstoß. Wenn sein Königreich nicht gedeiht, wird sich Lionel nach einem Verantwortlichen umschauen und sein Blick wird unweigerlich auf denjenigen fallen, der ihm am nächsten steht. Entweder wird König Lionel Eure Tochter verbannen oder sie einsperren

Weitere Kostenlose Bücher