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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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sie am Nachmittag nach Pieters Tod mit ihrem Ziehsohn geführt hatte. Er hatte völlig verstört gewirkt und war kaum ansprechbar gewesen. Julie hatte sich seinen Zustandzunächst mit seiner Trauer über den Verlust seines Vaters erklärt und war völlig überrascht gewesen, als er sie schließlich im Salon zu einem Gespräch gebeten hatte. Was er ihr dann eröffnet hatte, lastete seitdem schwer auf ihr. Die Gewissheit, dass Kiri früher auf ihrer Plantage so viel Leid hatte ertragen müssen, war für Julie kaum auszuhalten. Sie wurde von schweren Schuldgefühlen geplagt – dass sie nichts gemerkt hatte! Und dass dabei Karini …
    Jean unterbrach ihre Gedanken. »Ich habe keine Ahnung, wirklich nicht. Oder könnte es einer von den Arbeitern gewesen sein?« Er schenkte sich noch ein Glas Dram ein.
    Julie betrachtete ihn nachdenklich. Seit der vergangenen Nacht quälte sie ein Gedanke, von dem sie nicht wusste, wie sie ihn in Worte fassen sollte. Sie hatte von einem Tross Arbeiter, der mit einer Lieferung Zuckerrohr nach Watervreede gekommen war, gehört, dass Henry tatsächlich auf Rozenburg war. »Henrys Aufbruch nach Rozenburg macht natürlich keinen guten Eindruck«, sagte sie schließlich zögerlich.
    Jean zuckte sichtlich zusammen. Julie wusste, dass er dasselbe dachte wie sie.
    »Er wollte doch nur zu Karini … sagt Martin«, sagte er schließlich langsam. »Dann war er zur fraglichen Zeit vielleicht schon gar nicht mehr hier …«
    Posthalter Wegemakers stieg behäbig aus dem Boot. Er war ein älterer, gesetzter Mann, der den Anschein erweckte, es sei ihm eine Last, seinen Posten zu verlassen, der einige Stunden flussaufwärts lag. Julie war aufgebracht, sie wollte diese Sache so schnell wie möglich beenden. Und wissen, wer der Täter war, auch wenn sie sich insgeheim vor der Antwort fürchtete. Aber der Posthalter schien ihre Eile nicht zu teilen. Mit einer Ruhe, die Julie fast zur Weißglut brachte, begann er seine Untersuchungen. Jean hatte es übernommen, den Mann auf dem Außengelände herumzuführen und ihm auch Pieters Leichnam zu zeigen, in dessen Brustimmer noch das Messer steckte. Julie hielt sich im Hintergrund, sie ahnte, dass dies nach einigen Tagen erst recht kein schöner Anblick mehr war. Posthalter Wegemakers warf nur einen flüchtigen Blick auf den aufgedunsenen Körper, mehr Aufmerksamkeit schenkte er anschließend hingegen der Küche. Sorgfältig ließ er seinen Blick durch den Raum gleiten. »Hm, hier ist es also passiert. Wer hatte denn Zugang zum Kochhaus?« Er beäugte die Nahrungsmittel wie ein hungriger Gast.
    »Im Prinzip jeder auf der Plantage, wobei die Arbeiter normalerweise in ihren Hütten kochen.«
    Wegemakers wiegte sanft den Kopf hin und her, als sei er tief in Gedanken versunken, enthielt sich aber jedes weiteren Kommentars. Nach einer schier endlosen Weile bat er darum, Pieters Büro und Schlafzimmer sehen zu dürfen. Julie zeigte es ihm bereitwillig, auch wenn sie der Meinung war, dort keinen Hinweis auf Pieters Mörder zu finden. Sie hatte die Räume selbst gründlich inspiziert und nichts verändert. Das Bett lag noch zerwühlt da, und auch auf Pieters Schreibtisch befanden sich die Unterlagen, die er dort abgelegt hatte. Julie hatte es sich nicht nehmen lassen, einen prüfenden Blick darauf zu werfen. Kein Blatt hatte sie angefasst, doch außer einigen akkurat geführten Abrechnungen hatte sie nichts entdecken können.
    Wegemakers schritt durch das Zimmer, blätterte in den Papieren und schien sich an der einen und anderen Stelle in den Text zu vertiefen, bevor er nachdenklich den Raum verließ und um ein Gespräch mit Thijs, Julie und Jean bat. Thijs Marwijk war inzwischen so weit genesen, dass er Wegemakers in seinem Zimmer empfangen konnte. Bekleidet mit einem Schlafrock saß er in seinem Bett, während Julie und Jean in Sesseln Platz nahmen und dem Posthalter bereitwillig Auskunft gaben. Julie und Jean hatten beschlossen, dem Mann die Wahrheit zu sagen, er würde ohnehin herausfinden, dass es eine Vielzahl an Motiven gab.
    Wegemakers notierte sich eifrig die Namen der Personen, diein der fraglichen Nacht auf der Plantage beziehungsweise im Plantagenhaus gewesen waren.
    Schließlich setzte sich Wegemakers eine kleine Lesebrille auf die Nase, studierte noch einmal eingehend seine Notizen und wiegte dann den Kopf: »Ich fasse zusammen: Sie, Mevrouw Riard, und Ihr Mann waren hier, um den Kranken zu helfen, an deren Zustand, wie Sie befürchteten, Pieter Brick

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