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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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schleppendem Gang Richtung Schuppen, in dem Brennholz und Reisig zum Anfeuern lagerten.
    Auf der Glut brutzelten nach würzigen Kräutern duftende Fische und Fleischstücke, in großen Zinnschüsseln wurden Hechte und Karpfen, Rindfleisch, Lamm- und Schweinekoteletts mariniert. Die Anrichten waren vollgestellt mit den verschiedensten Weinen; dazwischen hockten Hühner, Puten und Fasane, die man nach dem Zubereiten wieder in ihr Federkleid gesteckt hatte und die so aussahen, als würden sie jeden Moment auffliegen.
    Schinken, Würste und Pökelfleisch hingen an mächtigen Eisenhaken von der Decke.
    Die goldbraune Kruste der kalten Pasteten war von köstlichem
Gelee umhüllt, und die heißen Pasteten dampften auf großen irdenen Tellern.
    Knarzend öffneten sich die Deckel der Mehlkisten, und der Bäckermeister vor den gewaltigen Backöfen hinten in der Küche schien ganz in seinem Element. Zwei Diener waren eifrig dabei, mit flinken Handbewegungen Brotlaibe zu formen. Zwei andere kneteten einen goldgelben Teig und gaben immer wieder ein paar Rosinen oder Mandeln dazu.
    Der Bäckermeister, ein großer, magerer Mann mit schütterem Haar und vorstehendem Kinn, wachte über seine Gehilfen und Lehrlinge. Mit einem Auge hatte er den Backofen im Blick, mit dem anderen die Untergebenen in seinem kleinen Reich.
    »Du hast deine Brote anbrennen lassen, du Trottel!«, bellte er den jüngsten Lehrling an. »Schaut euch das an, die sind ja ganz verkohlt!«
    Nachdem er sie mit einer langen Schaufel aus dem Ofen geholt hatte, richtete er sich auf, stemmte die Hände in die Hüften und schnauzte den Lehrling noch mal an: »Verdammt, man muss doch nur ein bisschen aufpassen! Wenn ich die Brote ›à la Bretonne‹ serviere, werden wir gleich zur Rübenernte geschickt !«
    Mit der Hand prüfte er, ob das Gebäck im Ofen daneben fertig war, und holte eine Ladung knuspriger goldbrauner Brötchen heraus.
    Seit Tagesanbruch dampfte und duftete es in den Küchen, und in der Fleischküche, bei den Pasteten und Pökelwaren, den Geschirrspülern und Kochkesseln ging es nicht weniger lebhaft zu als in der Bäckerei.
    Teller und Platten aus Steingut wurden aus Geschirrtruhen und Kredenzen geholt, Zinnkrüge aufgereiht und mit Weinen
von der Loire und aus der Touraine gefüllt – den Clairet aus Orléans servierte man gut gekühlt.
    Zwei Küchenmägde hantierten mit den Geschirrstapeln – die eine suchte die dreizinkigen Gabeln heraus, die andere polierte sie – und unterhielten sich dabei anzüglich.
    »Jeannette meint, unser kleiner François hat sich in die Comtesse Françoise de Foix verliebt. Er lässt sie nicht aus den Augen.«
    »Er macht sogar unterm Tisch mit dem Fuß an ihr rum.«
    »Mit dem Fuß, von wegen! Ich hab gesehen, wie seine Hand unter ihrem Rock verschwunden ist. Und die Hand von François kennt den Weg, das kannst du mir glauben.«
    Die zwei Mägde konnten sich ein vielsagendes spöttisches Gelächter nicht verkneifen.
    »Er kennt sich wirklich aus, unser François.«
    Die Kleinere von beiden mit ihren üppigen Formen, schwarzen Augen und einem schmucken Mieder, das ihren vollen Busen zur Geltung brachte, hörte auf zu lachen und sagte seufzend:
    »Und er ist wirklich schön, unser François. Wenn er mich anschaut, wird mir immer ganz zweierlei.«
    Wieder mussten sie lauthals loslachen. Die Ältere, die etwas dünner und ernster war als ihre Freundin, riss sich schließlich zusammen und begab sich wieder an die Arbeit. Mit einem Armvoll gut gefüllter Krüge machte sie sich auf den Weg zum Festsaal, in dem feuchtfröhlich gefeiert wurde. Auf den mit feinen Stoffen überzogenen Holzbänken saßen die Gäste dicht gedrängt und ließen es sich schmecken. Die Ehrengäste hatten es sich auf gut gepolsterten Lehnstühlen rund um die Tafel des Königs bequem gemacht.
    Die langen Tische aus Brettern und Böcken versteckten sich unter kostbaren weißen Decken. Es war zwar nicht mehr üblich,
die abgenagten Knochen einfach auf den Boden zu werfen, aber man aß noch mit den Fingern. Vorsichtig nahm man sich ein Stück Fleisch, um dann davon abzubeißen.
    Zum Händewaschen wurden ständig Krüge mit parfümiertem Wasser herumgereicht, und obwohl es Servietten gab, wischten sich die Gäste noch immer die fettigen Hände an der Tischdecke ab.
    Der jungen Braut wurden die Speisen in einem goldenen Geschirr, das eigentlich der Königin vorbehalten war, aufgetragen. Die Ehrengäste aßen von silbernen Tranchierbrettern, den anderen

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