Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
eigentlich nicht wirklich mit ihrem Gatten allein sein wollte, gingen ihr die vielen Leute auf einmal schrecklich auf die Nerven. Der Lärm und die ganze Unruhe verursachten ihr allmählich größere Kopfschmerzen als der aufdringliche Duft der Blumen, der sie noch immer störte.
Catherine und die Kammerfrauen füllten mit Hilfe von Dienern rote Glut in die Bettwärmer, als der König und der Duc d’Alençon angekündigt wurden.
Die beiden Hellebardiere, die schon seit Stunden die Tür bewachten, pochten mit ihren Lanzen auf den Boden und erhaschten endlich einen Blick auf die junge Braut.
Louis XII. erschien in der Tür, gefolgt von seinem Apotheker, dem Kammerherrn und dem Oberjägermeister. Gleich danach kam der Duc d’Alençon, der seine Frau lange und ausgiebig betrachtete, so als hätte er sie noch nie gesehen, und ihre Blicke kreuzten sich.
In der nun eingetretenen Stille führte der König den Herzog zum Ehebett, und zwei Diener waren ihm beim Ausziehen von Wams und Kniehosen behilflich.
D’Alençons Bewegungen wirkten abgehackt und überlegt, was den Zuschauern, die sich in dem Raum drängten, nicht entging und von ihnen sofort in schlüpfrige und äußerst unpassende Kommentare umgemünzt wurde.
Der Herzog stand also nun in Hemd und Unterhose, und das Publikum wartete schweigend. Umringt von seinem Kammerherrn, seinem Apotheker und seinem Koch gab sich der König
sehr würdevoll und strich sich nur hin und wieder eine widerspenstige graue Locke aus der Stirn.
Selbst die Baronin de Bourdeille hielt den Mund und inspizierte mit ihren kleinen Augen das Detail, das sie gleich zur Freude ihres Publikums kommentieren würde.
Ungerührt, beinahe steif stand d’Alençon neben dem Bett, ehe er mit wohldurchdachtem Handgriff die Bettdecke hochhob und einen Moment lang Marguerites Körper in dem zarten weißen Nachthemd musterte.
Dann aber schleuderte er die Bettdecke weg und schien plötzlich mit Kennermiene den Anblick seiner wohlgestalten jungen Frau zu genießen, den sie ihm offenherzig bot.
Und wie es das Protokoll für eine Prinzenhochzeit verlangte, legte er sich nun unter den unverfrorenen Blicken der neugierigen Horde, dem besorgten Blick der Comtesse d’Angoulême und dem gnadenlosen Blick der Baronin de Bourdeille neben Marguerite.
Noch immer herrschte Totenstille. Nur die knisternden, Funken sprühenden Holzscheite im Kamin störten ein wenig die andächtige Stimmung.
Mit kleinen, leisen Schritten ging Blanche de Tournon zum Bett und deckte die Ehegatten behutsam zu, damit ihre Körper immerhin einen dürftigen Schutz hatten.
Feierlich, wie es die würdevolle Ausübung seines Amtes verlangte, trat nun auch der Abbé an das Bett, das mit einem Mal wie ein Altar behandelt wurde.
Mit seinem bartlosen Gesicht, der krummen Gestalt und der übertrieben ausgeschnittenen Tonsur sah er wie irgendein kleiner Provinzpfarrer aus. Aber die Angoulême-Kinder schätzten ihn weitaus mehr als den Bischof von Tours oder den von
Orléans, weshalb Marguerite auch großen Wert darauf gelegt hatte, dass er und kein anderer ihre Hochzeitsnacht segnen sollte.
Ernst und bedächtig bemühte sich der Abbé, Haltung anzunehmen, sprach die feierlichen Gebete für das Ehesakrament und segnete das Paar würdevoll, indem er das Bett großzügig mit Weihwasser besprengte.
Marguerite wusste nicht mehr, wohin sie ihren Blick wenden sollte. Charles sah sie unverwandt an, und wären in dem Moment nicht die Kammerfrauen gekommen, um die Laken anzuwärmen, hätte er vermutlich zum entscheidenden Sprung angesetzt.
Die Baronin de Bourdeille gluckste, die Comtesse d’Angoulême seufzte, Jeanne und Antoinette schluchzten diskret, und wenn François’ Blicke hätten sprechen können, hätten sie wahrscheinlich etwas sehr Lustiges von sich gegeben.
Dann leerte sich der Raum langsam, nur Blanche, Catherine, ein weiteres Zimmermädchen und einige Diener mussten bleiben. Im Grunde hatten sie eine ziemlich undankbare Aufgabe, auch wenn die Dienstboten vielleicht durch ein wenig voyeuristisches Vergnügen entschädigt wurden. Irgendjemand musste jedenfalls am folgenden Morgen dem Volk verkünden, ob die Ehe zwischen Charles d’Alençon und der jungen Herzogin vollzogen worden war.
Marguerite kämpfte mit der Angst, die sie plötzlich überkam. Dabei wusste sie nicht einmal genau, wovor sie Angst hatte, weil Charles ein gut aussehender Mann war, gegen den sie eigentlich keine Abneigung empfand. Und auch wenn die junge Braut es
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