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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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einer höflichen Verbeugung vor, »Clément Marot.«
    »Und ich bin Marguerite d’Angoulême«, sagte sie, während sie nach den Zügeln ihres Pferds griff, »und sehr erfreut, Eure Bekannschaft zu machen.«
    Attalante hatte genug getrunken und ließ sich wieder brav führen.
    »Werden wir uns wiedersehen?«
    »Ja, warum nicht. Vielleicht am Hof in Blois.«
    »Am Hof in Blois!«
    Marguerite machte eine Pause und versuchte ein paar Locken zu bändigen, die ihr bei dem wilden Ritt aus der Haube gerutscht waren. Ihr neuer Bekannter sah ihr zu und erklärte:
    »Mein Vater ist Gast des Königs.«
    Da lächelte Marguerite erfreut.
    »Ihr sprecht doch nicht etwa von Jean Marot, dem Dichter, von dem Königin Anne so begeistert ist?«
    »Doch, das ist mein Vater.«
    Jean Marot! Der heitere Dichter Ludwigs XII., der Dichter, dem es gelungen war, Anne de Bretagne zu entzücken. Beinahe hätte Marguerite Attalante losgelassen.
    »Und Ihr, seid Ihr auch Dichter?«
    »Wie der Vater, so der Sohn.«
    »Dann bin ich sicher, dass dies nicht unsere letzte Begegnung war«, meinte sie schnell, »irgendwann sehen wir uns bestimmt wieder.«
    Als sie losgaloppierte, weil es bereits Abend wurde und sie zusehen musste, dass sie nach Hause kam, spürte sie den Blick
des jungen Mannes in ihrem Rücken. Jetzt machte sie sich Vorwürfe, dass sie nicht früher umgekehrt war. Sie hatte noch gut zehn Meilen vor sich und würde erst spät nachts zurück auf dem Schloss sein.
    Trotzdem wollte sie Attalante nicht schon wieder antreiben und begnügte sich mit einem leichten Galopp, bei dem sie ihren Gedanken nachhängen konnte.
    Wenn sie so spät nach Hause kam, traf sie vermutlich auf die lärmenden, ungehobelten Gefährten ihres Mannes und nicht auf die scheinheiligen, buckelnden Mönche, die ständig hinter dem Geld der alten Herzogin her waren.
    Marguerite seufzte traurig. Irgendwie musste sie sich wohl mit einem kargen Leben zwischen einem reichlich ungehobelten Ehemann und einer allzu devoten Schwiegermutter einrichten.
    Auf den Gehorsam und die Achtung der Dienstboten durfte sie zählen – ihre eigenen, Blanche und Catherine, Philibert und Jean-Baptiste, waren ihr ohnehin treu ergeben.
    Ihre Schwiegermutter hatte ihr nur eine einzige Zofe empfohlen, Madame de Breuille, ihre Betschwester, die Marguerite zu den Gottesdiensten begleitete.
    Als Marguerite langsam über die Zugbrücke trabte, die schon seit Generationen ständig heruntergelassen war, war es bereits tiefe Nacht, und der große Schlosshof wurde von den vielen Fackeln erhellt, mit denen Lakaien und Diener die junge Herrin erwarteten.
     
    Kaum zeigten sich die ersten Sonnenstrahlen, als Marguerite Catherine nach ihr rufen hörte. Sie stand auf, warf sich einen Morgenmantel über und verließ ihr Zimmer.
    »Was gibt es denn in aller Frühe, Catherine?«
    »Dame Alix ist eingetroffen, Madame la Duchesse!«
    Marguerite eilte zur Treppe und sah Alix unten stehen. Sie trug einen schönen Zobelmantel und wollte gerade die Treppe heraufkommen.
    »Da seid Ihr ja endlich, Alix!«, rief Marguerite und lief ihr entgegen, »ich hatte Euch schon früher erwartet.«
    Zwei Stunden später unternahmen sie gemeinsam einen Ausritt.
    »Wir sollten diesen schönen sonnigen Tag genießen«, meinte Marguerite. »Heute Abend ist noch genug Zeit, Euch das Schloss zu zeigen. Lasst uns hier entlangreiten. Der Weg führt in eine typisch normannische Waldgegend. Hier bin ich oft unterwegs.«
    Eine Weile ritten sie gemächlich dahin, dann ließ Alix Césarine angaloppieren, und es dauerte nicht lange, bis beide mit verhängtem Zügel ritten.
    »An der Kreuzung da vorn könnten wir ein Stück Richtung Val de Loire reiten. Was haltet Ihr davon?«, fragte Marguerite.
    Plötzlich hörten sie ein galoppierendes Pferd, und bald zeigte sich ein kleiner Punkt am Horizont. Die beiden Frauen wurden langsamer, und Alix schien sehr gespannt.
    »Bestimmt ist das Charles d’Amboise!«
    Und sie täuschte sich nicht. In vollem Galopp kam er auf sie zu und hatte sie bald erreicht.
    »Guten Tag, Herzogin. Ich fürchte, ich befinde mich auf Eurem Besitz!«
    »So ist es, Duc d’Amboise!«, gab Marguerite lachend zur Antwort.
    »Ich muss Euch wohl nicht vorstellen, Ihr seid ja alte Bekannte. Mein Gott, wie lange ist es her, dass Ihr in Florenz
wart!«, sagte sie, um sich sofort erschrocken auf den Mund zu schlagen.
    »Bitte entschuldigt, Alix. Wie gedankenlos von mir, Erinnerungen anzusprechen, die Ihr gewiss vergessen

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