Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Weberinnen der ganzen Region aus. Soll ich dir mal was sagen, meine Kleine; dieser d’Amboise macht sich doch nur lustig über dich!«
»Du vergisst die Teppiche, Bertille!«
»Na und, das ist auch nur ein Auftrag von vielen!«, schimpfte
die alte Dienerin. »Du bekommst immer mehr Aufträge. Wozu brauchst du einen anderen Mann als Mathias? Dein Alessandro hat uns zwar aus der Patsche geholfen, aber dann hat er dir auch noch ein Kind gemacht.«
Bertille war außer sich, rot wie eine Tomate, und konnte nicht mehr aufhören. Angesichts dieser Flut von schweren Vorwürfen stand Alix sprachlos und wie versteinert da. Ohne sich um irgendwelche Anstandsregeln zu scheren, redete sich die alte Frau alles vom Herzen, was sie schon lange bedrückte.
Plötzlich nahm Nicolas ihre Hand und sagte:
»Sei nicht böse, Bertille. Die Lilis ist lieb.«
Dann ließ er ihre Hand wieder los und lief zu Alix.
»Ich weiß, dass mein Papa dich ganz doll lieb hat.«
Alix hob Nicolas hoch und schloss ihn in die Arme.
»Hat er dir das gesagt, mein Engel?«
»Ja, das sagt er jeden Tag.«
»Hat er vielleicht noch etwas gesagt, zum Beispiel wohin er will?«
»Nein.«
Sie merkte plötzlich, dass sie dem Kleinen nur Angst machte. Um ihn nicht weiter zu beunruhigen, gab sie ihm einen Kuss und sagte seufzend: »Kannst du dich ein bisschen um Valentine kümmern, ich muss mit Bertille reden?«
»Du musst keine Sorge haben, ich kümmer mich immer um sie.«
Die beiden Kinder gingen aus dem Zimmer, wobei Bertille darauf achtete, dass er das kleine Mädchen an der Hand hielt, weil ihre ersten Schritte noch sehr wackelig waren.
Als Bertille sah, dass Alix Tränen in den Augen hatte, ging sie zu ihr und nahm sie in den Arm.
»Glaub nur nicht, ich wäre glücklich, Bertille«, gestand Alix und vergrub ihr Gesicht an der Schulter der guten alten Seele. »Als Weberin habe ich vielleicht Erfolg, aber in meinem Gefühlsleben geht alles schief.«
Bertille tätschelte ihr den Rücken.
»Bestimmt besucht er eine Frau«, schluchzte Alix. »Wahrscheinlich kennt er sie schon ganz lange. Ach, Bertille, er wird uns verlassen und nach Paris gehen. Was soll ich nur ohne ihn machen?«
Bertille drückte Alix noch immer an ihre mächtige Brust und sagte kopfschüttelnd: »Die Frage hättest du dir viel früher stellen müssen, meine Kleine. Ich muss zugeben, sein Benehmen macht mir inzwischen auch Sorgen. Jetzt fährt er zum fünften Mal in zwei Jahren nach Paris, und das – bei meiner Seele – ohne irgendeinen Grund!«
»Zum fünften Mal! Aber wann denn? Ich weiß ja gar nichts davon.«
»Immer wenn du in Chaumont bist. Man könnte fast meinen, er plant seine Reisen nach deiner Abwesenheit.«
»Wie töricht ich war!«, jammerte Alix tonlos. »Glaubst du, er ahnt etwas wegen Charles d’Amboise?«
»Er ist doch kein Idiot!«
Alix seufzte verzweifelt. Als Bertille sie losließ, stürzte eine heftige Flut über sie herein wie eine Woge, die ihre Gedanken, ihre Zweifel und Fragen klärte. Wieso hatte sie die ganze Zeit das Glück vor Augen nicht erkannt? Warum wollte sie partout nicht zugeben, wonach sie sich eigentlich sehnte?
»Die Geschichte mit Charles d’Amboise ist vorbei. Ja, es ist aus! Ich werde endgültig mit ihm brechen, umso mehr, als die Teppiche für ihn fast fertig sind und er verreist ist.«
»Glaubst du, dann ist dir Mathias wieder gut?«
»Was soll ich denn sonst machen?«
»Auf seine Rückkehr warten.«
»Und wenn er eine andere Frau liebt?«
»Wirst du es sehr bald erfahren. Mathias ist kein Betrüger. Wenn er nicht mehr frei wäre, würde er dir auch nichts vormachen, im Gegensatz zu dir.«
Bei diesem heftigen Vorwurf zuckte Alix zusammen, wollte sich aber diesmal verteidigen.
»Das ist nicht wahr! Ich habe Mathias nie glauben lassen, ich würde ihn heiraten, auch wenn ich mütterliche Gefühle für Nicolas hege.«
»Aber du hast zugelassen, dass er dich liebt, und er hat immer gehofft, dass du eines Tages seine Liebe erwidern würdest. Stattdessen suchst du dir einen Liebhaber nach dem anderen.«
»Also, Bertille!«
»Du weißt sehr gut, dass das stimmt und kannst gar nichts zu deiner Verteidigung vorbringen.«
Alix gab ihr keine Antwort, sondern versank in Schweigen. Sie musste über ihre Zukunft nachdenken.
11.
Nachdem er zwei Jahre unermüdlich gesucht und fünf Reisen nach Paris unternommen hatte, die ihn seinem Ziel jeweils ein Stückchen näher brachten, hatte Mathias nun endlich die Adresse von Madame
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