Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
erschöpft, und sie schien nur auf den nächsten Galopp zu warten. Ihr Fell glänzte, ihre Mähne war schön gekämmt, und ihre Nüstern bebten freudig.
Und auch der Fuchs des Herzogs, ein stolzes Tier, schien genauso ungeduldig wie Attalante.
»Sehr gut, Philibert, danke«, sagte Marguerite. »Du kannst jetzt die Hunde fertig machen.«
»Ich dachte, Ihr wolltet Hyppomène reiten«, meinte Charles zu seiner Frau.
»Hyppomène? Auf keinen Fall! Er ist mir viel zu zahm. Attalante kann mit Brutus mithalten, wenn wir einen Galopp hinlegen, Charles.«
»Wer sagt denn, dass wir galoppieren?«
Sie sah ihn erstaunt an, während ihr der Stallknecht die Zügel reichte und ihr aufsitzen half.
»Was habt Ihr denn so Gemächliches vor?«, fragte sie.
»Nichts anderes, als was wir vereinbart haben.«
»Wirklich nichts anderes?«
Charles schwang sich auf seinen Fuchs und spornte sein Pferd an.
»Außer Ihr wollt keinen dieser langen Ausritte machen, die Ihr so sehr zu mögen scheint!«, spöttelte er und ließ Brutus antraben.
»Oh doch! Ich sehe, Ihr seid dabei, mich kennenzulernen. Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb ich Attalante reiten will: Euer Fuchs scheint ihr zu gefallen.«
Sie ließen ihre Pferde nebeneinander gehen und sahen zu,
wie sie sich aufeinander einstellten. Sie harmonierten perfekt. An der Seite von Brutus mäßigte die draufgängerische Attalante ihren Übermut.
»Auf geht’s, Bellegarde!«, befahl Charles. »Reite voraus, und bereite uns den Weg. Wir wollen nach Mauves, aber durch den Wald vor den Hügeln.«
Er zog die Zügel straff und meinte: »Ich hoffe doch, dass Eure Leidenschaft fürs Reiten heute nicht zu kurz kommt.«
Eine Weile maßen sie sich mit Blicken, dann lächelte Marguerite ihren Mann freundlich an und meinte vergnügt:
»Habt Ihr Eurer Mutter gesagt, dass wir heute Abend eventuell nicht nach Hause kommen?«
Sie drehte sich noch einmal zu dem Schloss um und sah die große, dünne Gestalt der alten Dame im geöffneten Haupttor stehen. Charles machte ihr ein Zeichen, und sie winkte sofort zurück.
»Ich habe sie darauf vorbereitet, dass wir möglicherweise einige Tage wegbleiben. Sie soll sich nicht beunruhigen.«
Sie ritten in den erwachenden Morgen, der den neuen Tag mit tausenderlei Geräuschen ankündigte.
Blanche und Madame de Breuille hatten es vorgezogen, im Wagen zu fahren, und Catherine, die hocherfreut über diesen Ausflug war, teilte sich einen Wagen mit den zwei Dienerinnen. Bellegarde wollte offenbar nicht zu viel Vorsprung haben und ritt nur ein kleines Stück vor den anderen.
»Wenn Ihr es wünscht, können wir einen oder zwei Tage in Mauves bleiben.«
»Ich würde zu gern in einem Gasthaus dinieren, Charles. Das fände ich wunderbar. Bei dem bisschen Komfort, den Eure Mutter auf ihrem Schloss betreibt, und der Abgeschiedenheit müsste es eigentlich ein vergnüglicher Abend werden.«
»Fehlt Euch denn der Trubel von Amboise so sehr?«
Sie ritten gemächlich nebeneinander. Marguerite überlegte kurz und sah ihn dann unbefangen an.
»Ja, ich gestehe, ich vermisse ihn sogar sehr. Etwas mehr Leben und Abwechslung würden mir große Freude bereiten.«
Wieder sah sie Charles an, der ein wenig spöttisch über sie zu lächeln schien. Doch sie war ihm dankbar, dass er sie nicht, wie so oft, mit Gleichgültigkeit strafte.
Marguerite täuschte sich nur selten in seinen Gefühlen. Seit einiger Zeit kam es ihr so vor, als hätte er sein ruppiges Wesen abgelegt und versuchte ihr zu gefallen. Was sollte sie davon halten? Wollte er sich etwa wirklich um sie bemühen?
»Meinetwegen. Ich sage Bellegarde, er soll uns im Gasthaus ›Zum Zinnkrug‹ anmelden. Dort können wir die Nacht verbringen. Der ›Zinnkrug‹ ist ein sehr beliebtes, solides Gasthaus.«
Sie sah ihn dankbar an.
»Ich danke Euch, Charles. Eure Aufmerksamkeit macht mich sehr glücklich. Was haltet Ihr davon, wenn wir jetzt einen kleinen Galopp wagen?«, fragte sie und gab Attalante die Sporen.
Und ohne eine Antwort abzuwarten, jagte sie plötzlich an Bellegarde vorbei, wurde aber von Brutus mit ein paar nervösen Sätzen schnell eingeholt.
Nachdem sie mit frischer Kraft durch die ersten Täler gestürmt waren, galoppierten sie Seite an Seite, so eng, dass sie sich beinahe berührten, und ohne ein Wort zu sagen. Charles konnte nicht umhin, die sichere und schöne Haltung zu bewundern, mit der seine junge Gattin ihre Zelterstute ritt.
So in den Hintergrund verbannt, ärgerte sich
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