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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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später saß Pierre Bernard im Büro des Kommissars von Orly, Michel Gautier. Dieser fragte nach weiteren Einzelheiten.
    »Erzählen Sie mir mal, wie die Bilder in Ihren Besitz gekommen sind.«
    Die Frage schien den Mann aus dem Berry zu beleidigen.
    »Die waren natürlich von mir. Was soll die Frage?«
    »Das glaube ich gern. Nur...«
    »Seh ich etwa nicht aus, als könnte ich Museumsbilder haben? Das meinen Sie doch damit? Also, ich hab sie von meiner Großmutter geerbt, zusammen mit dem Haus. Die lagen auf dem Dachboden rum. Meine Oma war die Schande der Familie. Eine tolle Frau! Mit achtzehn ist sie nach Paris durchgebrannt und hat da als leichtes Mädchen ihr Glück gemacht. Zwanzig Jahre später kam sie nach Hause zurück, völlig pleite, abgesehen von den Bildern, von denen sie niemandem etwas erzählt hat. Ich bin der einzige Erbe und hab die Erbschaftssteuer bezahlt, das können Sie überprüfen.« Kommissar Gautier war froh, wenigstens in einem Punkt dieser verrückten Geschichte eine vernünftige Antwort erhalten zu haben.
    »Und die Gemälde wollten Sie in New York verkaufen?«
    »Ja. Weil man da drüben bessere Preise zahlt. Da erhebt man nämlich keine Steuer wie bei uns, um den Käufern die Echtheit der Kunstwerke zu garantieren.« Kommissar Michel Gautier staunte über das Wissen dieses Hinterwäldlers, was die einzelnen Handelsbestimmungen anging. Wirklich eine erstaunliche Person. Übrigens ergriff dieser wieder das Wort: »Gut. Nachdem Sie mich jetzt ausgefragt haben, bin ich dran. Wie konnte mein Koffer verschwinden? Und wie wollen Sie ihn wieder beschaffen? Eins wollen wir nämlich mal klarstellen: Ich bin nicht der Dieb, sondern das Opfer!« Kommissar Gautier beschwichtigte ihn, so gut er konnte.
    »Beruhigen Sie sich, Monsieur. Ich setze alle Männer auf den Fall an. Geben Sie mir Ihre Adresse. Sobald ich etwas erfahre, melde ich mich bei Ihnen.«
    Pierre Bernard nannte den Namen eines Pariser Luxushotels und knallte beim Gehen die Tür hinter sich zu. Sobald er verschwunden war, rief der Kommissar einen seiner Männer zu sich.
    »Folgen Sie ihm. Ich will wissen, was er tut und welche Leute er trifft. Fragen Sie in der Telefonzentrale des Hotels nach, mit wem er telefoniert hat.«
    Der Polizist zog von dannen, sodass Kommissar Gautier allein zurückblieb. Er glaubte zwar nicht wirklich, dass der Besitzer des Koffers schuldig war, aber die ganze Geschichte war so eigenartig, dass er sich nach allen Seiten absichern wollte. Er ließ den Busfahrer kommen. Der war ein breitschultriger Bursche, der wegen der ganzen Sache schrecklich verlegen war. »Das kapiere ich nicht, Herr Kommissar.«
    »Vielleicht ist die Luke unterwegs aufgegangen?«
    »Unmöglich. Die war fest verschlossen.«
    »Angenommen, an einer roten Ampel hat sich jemand mit einem Schlüssel angeschlichen, um den Kofferraum aufzuschließen?«
    »Das ist auch unmöglich. Wenn der Motor läuft, leuchtet am Armaturenbrett ein Warnlämpchen auf, sobald sich die Klappe öffnet. Und es hat nicht geleuchtet, da bin ich mir sicher.«
    Insgeheim merkte sich Kommissar Gautier jedoch, dass so etwas machbar war, wenn man mit dem Fahrer unter einer Decke steckte. Doch als habe Letzterer seine Gedanken erraten, fügte er hinzu: »Übrigens hat man den Koffer auf keinen Fall während der Fahrt gestohlen. Der Monsieur hat sich genau über der Luke ans Fenster gesetzt und sie den ganzen Weg über nicht aus den Augen gelassen. Das können Sie ihn ruhig fragen.«
    Der Kommissar notierte sich die Aussage und stellte noch eine letzte Frage: »Sind die Leute vom Flughafen lange nach Ihrer Ankunft eingetroffen?«
    »O nein. Eigentlich sofort, Herr Kommissar.«
    Nachdem der Busfahrer gegangen war, betrat der Gepäckträger von Orly das Büro des Kommissars. Er war blond, ohne besondere Kennzeichen.
    »Waren Sie lange vor den anderen beim Kofferraum?«
    »Nein, kurz vorher. Ich weiß nicht, knapp eine Minute vorher. Ich hab sie auf meinem Gepäckkarren überholt.«
    »Und Sie haben den Kofferraum nicht geöffnet?«
    »Nein, Herr Kommissar. Oh! Ich kann mir schon vorstellen, was Sie denken. Aber wie hätte ich das anstellen sollen? Wenn ich den Koffer genommen hätte, hätte ich ihn doch irgendwo lassen müssen. Und man hat überall gesucht.«
    Da hatte der Gepäckträger natürlich Recht. Dieser Diebstahl wurde immer rätselhafter. Anscheinend hatte man den schwarzen Koffer weder am »Aérogare des Invalides«, noch am Flughafen Orly und schon gar nicht

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