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Die blutende Statue

Die blutende Statue

Titel: Die blutende Statue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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dass sich der Koffer in Orly befand. Das war sogar wahrscheinlich. Lucien Jouffroy hatte ihn bestimmt an Ort und Stelle versteckt, um ihn später abzuholen, wenn sich die Lage etwas beruhigt hatte. Der Kommissar setzte alle verfügbaren Männer ein, um die Personalräume des Flughafens systematisch durchsuchen zu lassen.
    Und das Glück war ihm hold: Eine Stunde später kehrte einer der Polizisten zurück und schwenkte stolz eine zusammengerollte Leinwand. Vor dem Kommissar wickelte er sie auseinander. Dort lagen die fünf aus den Rahmen geschnittenen Gemälde.
    »Wo haben Sie die gefunden?«
    »Im Wasserkasten eines Klos. Sie steckten in einer Plastiktüte.«
    »Und der Koffer?«
    »Den hab ich nicht gesehen.«
    Aber der schwarze Koffer war ja auch halb so wichtig. Die Gemälde waren die Hauptsache. Kommissar Michel Gautier erteilte den Befehl, sowohl den Gepäckträger als auch Pierre Bernard und seine blonde Geliebte zu verhaften und in sein Büro führen zu lassen. Zuerst erschien Lucien Jouffroy, der Gepäckträger. Als er die Bilder sah, wurde er leichenblass.
    »Nun, Jouffroy, interessieren Sie sich für Malerei?«
    Der Gepäckträger hatte sich jedoch wieder gefangen und presste stur die Lippen aufeinander. Der Kommissar wusste aber, wie man ihn zum Reden bringen konnte.
    »Die kleine Blondine war auch darin verwickelt, nicht wahr? Es wäre zu dumm, für alle zu bezahlen. Vor allem, wenn Sie nicht der Hauptschuldige sind.«
    Bei den Worten »kleine Blondine« zuckte Lucien Jouffroy zusammen. Diesmal gab er seine Abwehrhaltung auf.
    »Da haben Sie Recht. Warum soll ich denen einen Gefallen tun? Es stimmt, dass Bernard und seine Freundin auf die Idee gekommen sind. Die haben mich in der Kneipe angesprochen, in der wir nach der Arbeit oft noch einen trinken waren.«
    »Ist ja hochinteressant. Reden Sie weiter.«
    »Ich hab alles genau so gemacht, wie die mir gesagt haben. Sie haben mir einen karierten Koffer gegeben. Wenn man den über einen anderen, kleineren Koffer stülpt, schließt sich der Boden und der kleinere Koffer wird quasi verschluckt. Ich bin vor allen anderen beim Bus eingetroffen und hab gerade mal zehn Sekunden gebraucht. Bernard hatte mir gesagt, an welcher Stelle er den schwarzen Koffer abstellen wollte. Ich habe aufgeschlossen, den karierten Koffer vom Karren genommen und schon war die Sache gelaufen. Während alle noch miteinander diskutiert haben, hab ich den Karren zurückgefahren. Bernards Freundin sollte den karierten Koffer dann in der Flughafenhalle in Empfang nehmen.«
    Plötzlich senkte der Gepäckträger den Kopf und sprach leiser.
    »Aber da konnte ich nicht widerstehen. Diese Bilder — das war zu viel für mich. Ich hab ein Rasiermesser genommen und sie unterwegs aus den Rahmen geschnitten. Als die Frau den Koffer abgeholt hat, war er leer. Danach bin ich aufs Klo gegangen, um die Bilder zu verstecken.«
    Eine Stunde später standen Pierre Bernard und seine Geliebte, die man als ein Callgirl namens Lucienne
    Roy identifiziert hatte, vor dem Kommissar. Im Kofferraum ihres Wagens fand man die beiden Koffer, der schwarze steckte noch im karierten. Als guter Verlierer lächelte der Mann aus dem Berry. Unwillkürlich empfand Kommissar Gautier eine gewisse Bewunderung für diesen ungewöhnlichen Mann.
    »Was ist Ihnen da nur eingefallen, Monsieur Bernard? Sie haben auf dem Dachboden ein Vermögen entdeckt, aber das hat Ihnen nicht gereicht. Sie mussten unbedingt versuchen, es durch einen Schwindel noch zu verdoppeln.«
    Pierre Bernard zögerte kurz und antwortete dann resigniert: »Was wollen Sie, das hab ich bestimmt von meiner Großmutter geerbt.«
     

Vaters Tochter
     
    An einem strahlenden Frühlingstag des Jahres 1890 hielt ein schwarzer Wagen vor einer Luxusvilla in New York. Im Auto saß Mrs Fenwick, die Gattin des allseits bekannten Leroy Fenwick, Bürger von Cleveland, Ohio. Sie trug einen teuren Pelzmantel und eine elegante Handtasche aus dem gleichen Leder, aus dem auch ihre Schuhe und Handschuhe hergestellt waren. An ihrer Seite befand sich Mister Fitzgerald O’Connor, der Direktor einer der größten Banken Clevelands. Ihre lebhafte Unterhaltung wurde unterbrochen, Mrs Fenwick entschuldigte sich und stieg, als ihr der Chauffeur, in Livree und mit einer mit goldenen Tressen verzierten Schirmmütze, eilfertig die Wagentür öffnete, aus dem Wagen.
    Während das Auto parkte, stieg die eingemummte Dame die Marmorstufen hinauf, die zu der Freitreppe mit den antik

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