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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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Forschungsstation zurück als gewöhnlich. Red schlief bereits, erschöpft von dem harten Training, das er sich selbst auferlegt hatte. Kris hatte einen guten Teil des Nachmittags damit zugebracht, seinem Schützling auf dem Parcours zuzusehen und ihm schließlich die versprochene Hilfe beim Schießen zu geben. Er war sehr zufrieden. Red lernte außergewöhnlich schnell. Obwohl sie erst den zweiten Nachmittag miteinander übten, zeichneten sich bereits erste Fortschritte ab. Und auch Kris selbst fühlte sich kräftig und lebendig wie noch nie zuvor. Reds Blut schien in seinem Körper wahre Wunder zu bewirken. In Kombination mit den regelmäßigen Ruhezeiten, die er pflichtschuldig seiner Abmachung mit dem Doktor gegenüber einhielt, hatte Kris den Eindruck, stündlich stärker zu werden. Und mit der steigenden Energie wuchs auch die Motivation, seine Forschungen voranzutreiben.
    BRA-47.
    Das neueste Produkt seiner Arbeit war so gut wie fertig, und Kris brannte darauf, den Wirkstoff an einem geeigneten Versuchsobjekt auszuprobieren. Die neueste Variante des Betarelacin-Blockers unterschied sich nur in einem winzigen Detail von der vorherigen Version. Aber in den In-Vitro-Tests deuteten sich Nebenwirkungen von einer solchenDurchschlagskraft an, dass Kris geradezu schwindelig wurde, wenn er sich den Effekt auf einen lebenden Organismus vorstellte. Wäre es nach ihm gegangen, er hätte sofort angefangen. Aber er musste sich an das Versuchsprotokoll halten. Fünfzig Labortests vor der ersten Anwendung. Nicht einen weniger. Deshalb war er an diesem Abend früher nach White Chapel aufgebrochen als sonst. Je eher er mit der Arbeit begann, desto schneller würde er mit der Versuchsreihe fertig sein. Außerdem wollte er nach Blue sehen, bevor Katherine ihre Arbeit begann. In den letzten Tagen war er überhaupt nicht dazu gekommen, dabei konnte sie jederzeit ins bewusste Stadium eintreten. Und Kris wollte unbedingt der Erste sein, der dann bei ihr war. Nur so konnte er sicher stellen, dass sie die Informationen über ihr sterbliches Leben erhielt, die er für nötig erachtete – und sie als Geheimnis bewahrte. Seine raschen Schritte hallten von den verlassenen Gängen der Forschungsstation wieder.
    Als sich jedoch im zweiten Stock die Fahrstuhltüren öffneten und er auf den Korridor trat, blieb er wie angewurzelt stehen.
    Die Tür zu Blues Zelle war offen.
    Die Tür zu Blues Zelle war offen!
    Ein Kribbeln zog von Kris’ Brust durch seinen Magen bis hinunter in seine Lenden, als er sich aus seiner Starre löste und den Gang entlangstürmte. Was war hier los? Die Arbeit in White Chapel würde frühestens in zwei Stunden beginnen. Niemand hätte hier sein sollen, außer vielleicht Cedric. Und keiner hatte in den letzten Tagen ein Wort verloren, dass etwas mit Blue geschehen sollte! Sie würden doch nicht …?
    »Katherine?«
    Nur mühsam beherrschte er seinen Schritt, als er die Zelle erreichte.
    Die Frau, die in der Mitte des Raums stand, drehte sich beim Klang seiner Stimme erschreckt um. Starrte ihn aus großen Augen schuldbewusst an.
    Und schwieg.
    Fassungslos ließ Kris die Luft aus seinen Lungen entweichen. Erst jetzt bemerkte er, dass er vor Aufregung den Atem angehalten hatte.
    »Janet.« Verwirrt machte er einen Schritt in die Zelle hinein »Was … was tust du hier? Wo ist die 159?«
    Janet presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Es kostete sie sichtliche Mühe, sich zu einer Antwort durchzuringen.
    »Du hast mich gebeten, nicht weiter zu fragen«, erklärte sie schließlich mit dünner Stimme. »Also habe ich versucht, selbst herauszufinden, wer sie ist.«
    Kris runzelte die Stirn. Wie schon so oft fühlte er sich von ihrer direkten Ehrlichkeit aus der Bahn geworfen. Jeder andere hätte vermutlich versucht, sich eine plausible Entschuldigung für seine Anwesenheit im zweiten Stock einfallen zu lassen. Aber nicht Janet. Sie hatte das Kinn nach vorn geschoben und blickte ihm fest in die Augen. Die braunen Locken ringelten sich widerspenstig um ihr rundes Gesicht.
    »Ich wollte nur kurz vorbeischauen, aber dann konnte ich sie durch das Fenster in der Tür nicht sehen, und ich dachte, vielleicht geht es ihr schlecht, also …«
    Janet stockte und hob die Hand zur Schläfe. Und erst jetzt, wo die dichten Haare den Blick freigaben, sah Kris den Bluterguss über ihrem Wangenknochen.
    »Sie hat mich angegriffen. Sie war erwacht«, flüsterte Janet.
    Kris spürte, wie es in seiner Brust kalt wurde.
    »Erwacht«,

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