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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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gewesen war, reckte sein Kinn nach vorn und trat einen Schritt aus der Reihe der Menschen heraus. Er war jung, etwa in Reds Alter, also noch keine zwanzig Jahre alt. Alles an ihm war lang und dünn, sogar seine Haare, die in einem schmalen Zopf über seinen Rücken fielen.
    »Grundposition einnehmen!«, kommandierte Tony.
    Bruce hob die Waffe und richtete sie mit beiden Händen auf einen der Stäbe, an denen zuvor die Puppen gehangen hatten.
    »Entsichern!«
    Bruce zog einen Hahn zurück.
    »FEUER!«
    Bruce’ Finger spannte sich um den Abzug. Es krachte, und Funken schlugen aus der Stahlstange.
    Tony sah auf Red hinunter. »Alles gesehen?«
    Red schluckte und nickte dann schnell, obwohl er nur eine vage Ahnung hatte, was Bruce getan hatte. Aber das zu sagen, wagte er nicht.
    Tony klopfte ihm kurz auf die Schulter. »Dann zurück zu deiner Puppe. Wenn ich das Zeichen gebe, versuch, sie zu treffen. Sonst nichts, verstanden?«
    »Verstanden!«, beeilte sich Red zu versichern. Aber er fühlte sich äußerst mulmig, als er zu der Puppe hinüberging – der einzigen, die noch heil geblieben war.
    »So, und da wir heute einen Frischling bei uns haben«, fuhr Tony inzwischen fort, »nutzen wir die Gelegenheit, eure mickrigen grauen Zellen mal wieder in Schwung zu bringen. Claire!«
    »Ja, Sir!«
    »Woran erkennt man einen Bluter?«
    »Gelbe Augen, weiße Haut, doppelt verlängerte Eckzähne«, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
    »Gut.« Tony sah zu Red hinüber. »Hör genau zu und schreib dir das hinter die Ohren. Michael!«
    Ein stämmiger Mann mit einem Gesicht wie eine Kraterlandschaft trat nach vorn. »Aye!«
    »Was sind die verwundbaren Stellen bei einem Bluter?«
    »Hals, Augen und Herz.«
    »In genau dieser Reihenfolge.« Tony nickte zufrieden.
    Wieder wandte er sich an Red. »Wenn du draußen bist, denk dran. – Und woran erkennst du, dass ein Bluter zu stark für deine Waffe ist? Chase?«
    Beim Aussprechen des letzten Namens war Tonys Stimme scharf geworden, so dass Red unwillkürlich zusammen zuckte.
    Er sah Chase blass werden. Seine Lippen pressten sich zu einem dünnen Strich zusammen, und sein Adamsapfel zuckte, als müsse er etwas Zähes hinunterschlucken.
    Angespanntes Schweigen senkte sich über die kleine Gruppe.
    »Daran, dass er mit mir spricht.« Die Worte quälten sich gedehnt aus Chase’ Hals. Er hatte den Unterkiefer vorgeschoben, dass die Sehnen hervortraten.
    »Und daran, dass er einen Namen hat.«
    »Sehr richtig.« Tonys Stimme klang düster. »Vergiss das niemals.«
    Chase rührte sich nicht. Sprach auch nicht mehr. Er atmete schwerfällig, als hätte er Schwierigkeiten, die Luft in seine Lungen zu zwingen.
    »Ja, Sir«, murmelte er schließlich und senkte den Blick.
    Tony nickte grollend.
    In diesem Moment ertönte über ihnen ein Zischen.
    Red hob verwirrt den Kopf, blinzelte gegen das Licht – und hielt bei dem Anblick den Atem an.
    Zwei Silhouetten zeichneten sich hoch in der Luft gegen den grellen Kreis der Sonne ab. Mit einer geradezu wahnsinnigen Geschwindigkeit rasten sie dem Erdboden entgegen, bevor sie auf dem Platz aufkamen und in einer Wolke aus Staub verschwanden.
    Red unterdrückte ein Husten und blinzelte gegen den Sand an, der sich in seinen Augen festsetzen wollte. Erst nach einer halben Ewigkeit legte sich der Staub, und er konnte die Lider weit genug heben, um durch einen schmalen Spalt hinauszusehen.
    Im Zentrum der Wolke stand Hannah und winkte ihm grinsend zu.
    Aber Red konnte nur auf ihren Begleiter starren, der neben ihr gelandet war.
    Blues Vampir.
    Kris.
    Das war er also.
    Er war hochgewachsen und schlank, aber nicht so mager wie Hannah. Seine schwarzen Haare waren kurz geschnitten, und Red meinte, noch nie ein so ernstes Gesicht gesehen zu haben.
     
    »Er war wunderschön, Red. Und irgendwie … dunkel.«
     
    »Wurd’ ja auch Zeit«, knurrte Tony ungehalten.
    »Sorry, Chef.« Hannahs Tonfall machte augenblicklich klar, dass es ihr kein bisschen leidtat. »Hab verschlafen. Kann auch gleich losgeh’n.«
    Tony brummte ärgerlich und wandte sich an die wartenden Menschen. »Denkt daran, was ich gesagt habe. Macht sie fertig.«
    Er räusperte sich und hob die Stimme. »Auf eure Positionen! Sarah zu Chase! Red, du achtest auf mein Kommando!«
    Die Menschen liefen los und verteilten sich in Paaren über den Platz. Nur Red blieb stehen. Seine Hand um den Griff der Waffe wurde langsam glitschig vor Schweiß und erinnerte ihn daran, wie nervös er

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